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Können bei einem 30 Jahre alten Holzfußboden, der mit PAK-haltigem Kleber verbaut wurde, noch gesundheitsschädliche Ausdünstungen auftreten?

KomNet Dialog 26236

Stand: 27.09.2023

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Gefährdungen durch Gefahrstoffe > Gefährdungen durch bestimmte Gefahrstoffe

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Frage:

Wir haben in unserem Werkstattbereich Hirnholzklötze als Bodenbelag verlegt. Bei näherer Betrachtung des gesamten Fußbodenaufbaus im Rahmen von Reparaturarbeiten wurde festgestellt, dass die Holzklötze mit PAK- (polyzyklischen aromatischen Kohlewasserstoffen) -haltigem Kleber aus den 1980er Jahren verbaut wurden. Dieser Kleber steht im Verdacht, gesundheitsschädliche Auswirkungen zu haben. Gibt es Erfahrungswerte, ob nach dieser Zeit (der Boden ist nunmehr seit über 30 Jahren eingebaut) noch mit gesundheitsgefährdenden Ausgasungen zu rechnen ist. Sollte im Laufe der nächsten Jahre eine Sanierung anstehen, so kann davon ausgegangen werden, dass bei den Sanierungsarbeiten die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Meine Fragestellung zielt daher darauf ab, ob der Boden im derzeitigen Zustand noch eingebaut bleiben kann, in Bezug auf die oben erwähnten ggf. vorhandenen Ausgasungen. Die Räume im Werkstattbereich sind sehr hoch, es sind öffenbare Sheddächer vorhanden und teilweise eine technische Lüftung.

Antwort:

Zum Verkleben von Parkett- und Holzpflasterböden sowie PVC-Bodenbelägen wurden bis in die 50er Jahre, teilweise auch noch länger, teerhaltige Klebstoffe auf der Basis von Steinkohlenteerpech, später auch auf Basis von Bitumen aus schonender Aufbereitung von Erdöl eingesetzt. Vor allem der bei hohen Temperaturen aus Steinkohlen gewonnene Teer enthält hohe Konzentrationen an polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), von denen Gesundheitsrisiken vor allem durch deren krebserzeugende Eigenschaften ausgehen können. Es handelt sich dabei um eine chemische Stoffklasse von mehreren hundert Einzelverbindungen von kondensierten, aromatischen Kohlenwasserstoffen, vor allem die mit zwei bis fünf kondensierten Benzolringen. Als Leitsubstanz wird Benzo[a]pyren (BaP) als Vertreter der PAK mit der stärksten krebserzeugenden Wirkung herangezogen.

Die Analyse von verarbeiteten teerhaltigen Parkettklebstoffen ergab teilweise sehr hohe Konzentrationen an PAK, wobei BaP-Gehalte in Proben verschiedener Herkunft von ca. 800 mg BaP (50. Perzentil) bzw. 8.000 mg BaP (95. Perzentil) pro Kilogramm Klebstoff ermittelt wurden. Dagegen ist der BaP-Gehalt von Bitumen aus schonender Herstellung mit ca. 2 mg BaP pro Kilogramm wesentlich niedriger angegeben. Seit Mitte der 70er Jahre wurden Teerklebstoffe in Deutschland nicht mehr produziert, weil mit Klebstoffen auf Polymerbasis technisch gleichwertige Ersatzprodukte verfügbar waren.

Aus Teerklebstoffen können PAK teilweise in flüchtiger Form, wie z. B. Naphthalin, in die Raumluft gelangen und sich an den Staub auf dem Parkettboden anlagern. Teilweise können feine Partikel des Klebers auf die Parkettoberfläche gelangen, die sich dann mit dem Staub auf dem Parkettboden vermischen. Maßgebend für PAK-Belastungen ist vor allem der Zustand des Parkettbodens, sowie Zustand und PAK-Gehalt des Klebstoffs. Offene Fugen, lose Parkettbestandteile und Versprödung der Klebstoffe können Anzeichen für eine erhöhte PAK-Belastung sein. Ob es sich um hoch mit PAK belasteten Teerkleber oder um weniger mit PAK belasteten Bitumen handelt, kann meist anhand des Aussehens – schwarz oder eher dunkelbraun –nicht entschieden werden.

Bei teerhaltigen Klebstoffen kann z. B. ein schadhafter Parkettboden zu erhöhter PAK-Belastung im Raum führen, und zwar auch nach Jahrzehnten. Ein schadhafter Parkettboden liegt vor, wenn

  • das Parkett ganz oder in (größeren) Teilbereichen, z. B. an den Rändern, lose liegt
  • Fugen zwischen den Parkettstäben von größer als 2 mm vorhanden sind
  • der Unterboden nicht intakt ist, also z. B. hohle Stellen aufweist oder das Parkett nachfedert

In den recherchierten Leitlinien und Empfehlungen wird dann folgende Vorgehensweise bei belasteten Parkettklebern empfohlen:

  • Wenn es sich um dunkles Klebematerial handelt, wird eine Probe des Klebers auf Gehalt an Benzo(a)pyren (BaP) untersucht.
  • Bei einem BaP-Gehalt von weniger als 10 Milligramm pro Kilogramm sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
  • Bei einem BaP-Gehalt über 10 mg/kg wird ein abgestuftes Vorgehen empfohlen:
  • Bei einem BaP-Gehalt von 10 bis 3000 mg/kg im Kleber wird der Hausstaub untersucht
  • Bei mehr als 10 mg BaP pro kg Hausstaub sollen kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung und zum  Schutz der Gesundheit durchgeführt werden.
  • Bei weniger als 10 mg BaP pro kg Hausstaub ist im Einzelfall vor Ort zu entscheiden, ob überhaupt oder welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. 
  • Bei mehr als 3000 mg BaP pro kg Kleber und mehr als 10 mg BaP pro kg Hausstaub sollten kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung durchgeführt werden.
  • Bei mehr als 3000 mg/kg im Parkettkleber und bei einem BaP-Gehalt unter 10 mg/kg im Hausstaub werden zusätzlich BaP-Konzentrationen der Innenraumluft und der Außenluft gemessen. Ist die Raumluftkonzentration an BaP mehr als doppelt so hoch wie die Außenluftkonzentration, mindestens aber um 3 Nanogramm pro Kubikmeter höher, sollten kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung durchgeführt werden.

Folgende Maßnahmen kommen in Frage, um PAK-Belastung in Räumen mit Teerklebstoffen zu vermindern:

  • Verschließen von Fugen und Neuversiegelung des Parkettbodens,
  • Abdichten mit einem neuen Bodenbelag,
  • Entfernen des Parkettbodens und Absperren des Teerklebstoffs,
  • Entfernen des Parkettbodens und des Teerklebstoffs.

Detaillierte Hinweise für Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung durch Teerklebstoffe (PAK-Hinweise) von einer Behörden- und Instituts-Arbeitsgemeinschaft wurden im Jahr 2000 von der ARGEBAU veröffentlicht. Weitere Handlungsempfehlungen und Leitfäden wurden von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) und unter anderem auch vom Bundesumweltamt oder dem Bayerischen Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz erstellt.