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Welche Schutzmaßnahmen gibt es gegen die momentan stark vorkommenden Raupen des Eichenprozessionsspinners?

KomNet Dialog 2535

Stand: 28.05.2023

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Sicheres Verhalten / Erkennen von Gefährdungen > Arbeiten im Freien

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Frage:

Welche Schutzmaßnahmen gibt es gegen die momentan stark vorkommenden Raupen des Eichenprozessionsspinners?

Antwort:

Der Eichenprozessionsspinner kommt in lichten Eichenwäldern, am Waldrand oder an einzeln stehenden Eichen vor. Die Anfang Mai schlüpfenden Raupen fressen Blätter. Sie sind 2,5 - 4 cm groß und leben in geselligen Verbänden. Mitte Juni ziehen sich ältere Raupen tagsüber und zur Häutung in typische, mit Kot und alten Larvenhäuten gefüllte Gespinstnester am Stamm oder in Astgabeln zurück. Diese Nester können bis zu einem Meter lang werden. Von dort aus begeben sich die Raupen in langen Ketten auf Nahrungssuche, wobei 20 bis 30 Tiere nebeneinander wandern können, diese "Prozession" erreicht eine Länge von bis zu 10 m. Die Verpuppung erfolgt Ende Juni/Anfang Juli im Gespinstnest. Nach 3-5 Wochen schlüpft der unscheinbare graue Nachtfalter. Nach trockenen Sommern und milden Wintern kann es zur Massenvermehrung kommen. Ältere Raupen haben sehr feine Brennhaare, die leicht abbrechen und mit dem Wind bis zu 200 m weit getragen werden. Auch in den Gespinstnestern finden sich große Mengen an Gifthaaren. Die Haare sind sehr lange haltbar und reichern sich über mehrere Jahre in Unterholz und Bodenbewuchs an. Die hohlen Haare enthalten ein stabiles Eiweiß, das auf der Haut oder Schleimhaut allergische und/oder toxische Reaktionen hervorruft.

Unmittelbar nach dem Kontakt entwickelt sich ein fast unerträglicher Juckreiz, dem ein Hautausschlag folgt. Die Raupendermatitis kann sich in drei verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern zeigen: Kontakturtikaria (Quaddeln), toxisch irritative Dermatitis (Hautentzündung) oder anhaltende Papeln (Knötchen). Schwindelgefühl und Fieber sind nicht selten. Augen und Atemtrakt können ebenfalls betroffen sein; es kann zu allergischen Reaktionen mit Asthma-Anfällen kommen, eine Schockreaktion ist sehr selten. Aufgrund der langen Haltbarkeit der Brennhaare sind auch außerhalb der Larven- und Puppenperiode Krankheitserscheinungen möglich.

Wichtigste Gefährdungen sind der Kontakt mit windgetragenen Gifthaaren und der "Giftpfeilhagel" beim Passieren befallener Bäume. Beruflich betroffen sind Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft, Arbeitskräfte von Landschaftspflegebetrieben und Straßenmeistereien, Beschäftigte in Freizeiteinrichtungen wie Campingplätzen oder Schwimmbädern, Feuerwehren etc.

Die Bekämpfung der Eichenprozessionsspinnerraupen erfolgt vorrangig durch Biozide sowie durch Entfernung der Gespinnstnester.

Folgende Schutzmaßnahmen sind zu empfehlen:

"Organisatorische Maßnahmen gegen Gesundheitsschäden

  • Der Aufenthalt in befallenen Bereichen ist zu vermeiden
  • Eichen sind vor Forstarbeiten auf Befall zu kontrollieren
  • Jeglicher Hautkontakt mit Raupen und Nestern ist zu vermeiden
  • Befallene Bereiche sind ggf. abzusperren und mit Gefahrhinweisen auszuschildern
  • In befallenen Bereichen während der Arbeit nicht essen, trinken und rauchen
  • Die Hände regelmäßig und außerdem bei Verdacht auf Verunreinigung mit Brennhaaren reinigen, dabei die Hautpflege gemäß Hautschutzplan beachten
  • Pausenbereiche nicht mit verunreinigter Arbeitskleidung betreten
  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA) unmittelbar nach Gebrauch sachgerecht ablegen, z. B. Schutzanzüge mit der Außenseite nach innen umkrempeln und in verschließbaren Beuteln, Tragetaschen oder anderen Behältern verstauen
  • PSA und mit Brennhaaren verunreinigte Arbeitsmittel einschl. Kraftfahrzeugen sind sachgerecht zu reinigen
  • Verunreinigte Kleidung bei mindestens 60 °C waschen, um das Nesselgift zu inaktivieren


Persönliche Schutzausrüstung (PSA, Empfehlung)

PSA sollte als Schutzmaßnahme erst dann Anwendung finden, wenn

  • andere Maßnahmen wie Zutrittsvermeidung nicht möglich sind oder
  • Arbeiten wie Bekämpfung und Baumschnitt nur durch Betreten des befallenen Gebietes möglich sind.

Wir empfehlen weiterhin:

  • Atem- und Augenschutz sollten mindestens aus Atemschutzmaske FFP2 mit Ausatemventil und Korbbrille bestehen (s. BGR 190 und BGR 192).
  • Ein körperbedeckender Schutzanzug mit Kopfbedeckung, z.B. Chemikalienschutzanzug gemäß DIN EN 14605 Typ 4B sowie geschlossenes, leicht zu reinigendes Schuhwerk, z. B. Nitrilstiefel gemäß EN 13832-3 und impermeable Schutzhandschuhe mit einer den vorgesehenen Arbeiten angemessenen mechanischen Belastbarkeit sollten getragen werden."

 (Quelle: Informationen der BAuA  zum Arbeitsschutz bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners)

Nach Kontakt bzw. Kontamination:

- Sofort die Kleider wechseln, getragene Kleidung gründlich waschen

- Ausgiebig duschen und Haare waschen, zumindest aber gründlich mit Wasser abspülen

- Augen mit viel Wasser spülen, ggf. Augenspülflasche benutzen.

- Bei Beschwerden Arzt aufsuchen, diesen über den Raupenkontakt informieren.

- Bei schweren allergischen Reaktionen mit Asthma und Atemnot Rettungsdienst mit Notarzt verständigen.


Weitere umfangreiche Informationen zum Thema Eichenprozessionsspinner stellt die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau zur Verfügung:

Auf das Hintergrundpapier des Bundesumweltamtes zu Eichenprozessionsspinner und den Leitfaden des Umweltministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen für weisen wir ebenfalls hin.

Hinweis:

Die im Zitat genannten BGR 190 und BGR 192 wurden zwischenzeitlich in DGUV Regel 112-190 und DGUV Regel 112-192 umbenannt.

Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.