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Muss eine Fachkraft für Arbeitssicherheit Gefahren für Leib und Leben anzeigen, wenn der Arbeitgeber diese nach mehrmaliger schriftlicher Aufforderung nicht abstellt?

KomNet Dialog 24376

Stand: 04.12.2020

Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Beauftragte / Bestellte > Fachkraft für Arbeitssicherheit

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Frage:

Müssen z.B. die Mitarbeiter wie Fachkraft für Arbeitssicherheit, Brandschutzbeauftragter, Störfallbeauftragter Gefahren für Leib und Leben bei der Behörde / Staatsanwaltschaft anzeigen, wenn der Arbeitgeber diese nach mehrmaliger schriftlicher Aufforderung nicht abstellt? Welche Alternativen haben die o.g. Beauftragen, damit sie strafrechtlich nicht belangt werden können, z.B. wegen Unterlassung oder Mitwisserschaft?

Antwort:

Es ist nicht vorgesehen, dass die zuständige Behörde durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sicherheitsfachkraft, Sifa) informiert wird. In verschiedenen Kommentierungen wird diese Meinung ebenfalls vertreten.


Die Sifa hat, wenn der Arbeitgeber den Vorschlag ablehnt, jedoch die Möglichkeit den Betriebsrat einzuschalten. Der Betriebsrat hat wiederum das Recht, sich gemäß § 89 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) an die Aufsichtsbehörde zu wenden.


Die Sifa sollte eine schriftliche Reaktion auf die Mängelanzeige/-vorschläge von Seiten des Arbeitgebers verlangen. Dies wäre gegenüber dem Arbeitgeber dann auch einklagbar.


Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben gemäß § 6 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) die gesetzliche Pflicht, den Unternehmer beim Arbeitsschutz, bei der Unfallverhütung und in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit durch Beratung zu unterstützen. Sie sind also sachverständige Berater des Unternehmers in Sicherheitsfragen und bleiben somit nach dem Willen des Gesetzgebers ohne Weisungs- und Anordnungsbefugnisse.


Verantwortlich für Sicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb ist der Unternehmer nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Er lässt sich durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützen und beraten. Die Aufgaben der Sicherheitsfachkraft sind im § 6 des ASiG festgeschrieben. Als Berater hat die Sifa selbst nicht unmittelbar die Möglichkeit, sicherheitswidrigen Zustände abzuhelfen. Ihr fehlen die Befugnisse in Arbeitsabläufe einzugreifen. Nur wenn Gefahr im Verzuge ist, ist sie, aber auch jeder andere, gehalten einzugreifen.


Bei der Anwendung ihrer sicherheitstechnischen Fachkunde ist die Sifa weisungsfrei und untersteht unmittelbar dem Leiter des Betriebes. Nur wenn die Sicherheitsfachkraft ihren Verpflichtungen nach dem ASiG (§ 6) nicht nachkommt, muss sie bei einem Unfall oder Schadensereignis mit den Rechtsfolgen rechnen.


"Eine Pflichtverletzung kann z. B. gegeben sein durch

- Erteilung falscher Ratschläge

- Übersehen gravierender Mängel oder Gesundheitsgefahren aufgrund nachlässiger Prüfungen

- unzureichende Vorschläge zur Beseitigung von Mängeln und Gefahren

- Versäumen gebotener Untersuchungen, Prüfungen, Warnungen, Beratungen und dringender Empfehlungen.


Dabei werden vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen geahndet, die gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen. Die Sifa haftet, soweit sie einen Unfall oder Schaden vorsätzlich oder fahrlässig herbei geführt hat. Vorsätzlich handelt, wer einen Unfall bewusst und gewollt herbeiführt, zumindest aber billigend in Kauf nimmt. Fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt." (Auszug aus dem BGN-Magazin Akzente 6/2002 von Stefan Eiermann).


Da es hierbei auch um rechtliche Aspekte geht, empfehlen wir im Bedarfsfall diese Frage auch mit einem Vertreter der rechtsberatenden Berufe zu besprechen.