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Was muss ein Unternehmen arbeitssicherheitstechnisch berücksichtigen bei einer möglichen Strahlenexposition eines Baumaschinenmonteurs im Ausland?

KomNet Dialog 22958

Stand: 28.01.2015

Kategorie: Physikalische Belastungen und Beanspruchungen > Ionisierende Strahlung > Strahlenschutzorganisation

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Frage:

Was muss ein Unternehmen arbeitssicherheitstechnisch berücksichtigen, hinsichtlich der zu ergreifenden Arbeitsschutzmaßnahmen für einen Baumaschinenmonteur bei möglicher Strahlenexposition am Einsatzort im Ausland?

Antwort:

Diese Frage ist aus mehreren Blickwinkeln heraus zu beantworten:

  • Welche Vorschriften finden Anwendung? Mit welchen Konsequenzen?
  • Was ist zu tun zur Vermeidung von Gefährdungen des Mitarbeiters, (Minimierung evtl. Strahlenexposition)?

Fände der Einsatz in der Bundesrepublik statt, wäre nach den Vorgaben der Strahlenschutzverordnung - StrlSchV - zu prüfen, ob er (ggfs. häufiger) in einem sog. fremden Kontrollbereich stattfindet und ob damit eine Strahlenexposition verbunden sein kann, die die in § 15 StrlSchV genannte Dosis-Schwelle von 1 mSv/Jahr überschreitet. Dann nämlich wäre eine Genehmigung erforderlich. Für eine solche Genehmigung muss es beim Genehmigungsinhaber eine fachkundige Person geben, die die Einsätze unter dem Gesichtspunkt des Strahlenschutzes leitet und beaufsichtigt. Im Vorfeld solcher Einsätze bedarf es vertraglicher Vereinbarungen mit demjenigen, bei dem die Einsätze stattfinden. Darin wird geregelt, welche Strahlenschutzmaßnahmen erforderlich sind und wer dafür zuständig ist (wenn z. B. ein Korrosionsschutzunternehmen Anstricharbeiten in einem Atomkraftwerk ausführt). Solche Strahlenschutzmaßnahmen können z. B. das Tragen von Schutzkleidung sein, Beschränkungen der Aufenthaltsdauer, Zutrittsbeschränkungen, Verbot von Verhaltensweisen, die die Aufnahme radioaktiver Stoffe fördern (Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen). Weitere Schutzmaßnahmen, die in der Strahlenschutzverordnung als solche explizit vorgeschrieben sind, sind die Personendosimetrie und das Führen des sog. Strahlenpasses, in den die erhaltenen Einzeldosen eingetragen und dann bilanziert werden, so dass - in der Rückschau - eine Beurteilung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen möglich ist.


Bleibt die Schwelle von 1 mSv/Jahr in der Summe aller Einsätze unterschritten, braucht es keine Genehmigung. Dann gilt es in der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG - den jeweiligen Einsatz zu beurteilen und gleichwohl noch zu prüfen, ob Maßnahmen zur weiteren Minimierung der Strahlenexposition sinnvoll und möglich sind.

Als Pendant zu diesen Vorgaben für Kontrollbereiche mit radioaktiven Stoffen/Beschleunigeranlagen gibt es die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Röntgenverordnung - RöV - für Kontrollbereiche mit Röntgeneinrichtungen.


Unsere deutschen Rechtsvorschriften gelten nach dem Territorialprinzip auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, dass die Strahlenschutzverordnung im Ausland nicht gilt und somit im Ausland eine deutsche Genehmigung nicht erforderlich ist. Ob strahlenschutzrechtliche Vorschriften am ausländischen Einsatzort ähnliche Vorgaben machen, können Sie bei den dort zuständigen Behörden klären.


Das Territorialprinzip („nur in Deutschland“) gilt nicht nur für die Strahlenschutzverordnung, sondern auch für die übrigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften. Anders ist das bei den berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften. So „gelten die innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu beachtenden Unfallverhütungsvorschriften (UVV) auch bei einem vorübergehenden Arbeitseinsatz im Ausland (Entsendung im Sinne von § 4 SGB IV). Deutsche Unfallverhütungsvorschriften müssen im Gastland befolgt werden, soweit Rechtsvorschriften dieses Landes dem nicht entgegenstehen“ (Zitat aus Komnet-Dialog 5490). Und damit gilt die Vorgabe, die für den Arbeitsschutz erforderlichen Maßnahmen auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung festzulegen, auch für Tätigkeiten im Ausland. In der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" (bisher BGV A1) fordert nämlich der Unfallversicherer in


§ 3 Beurteilung der Arbeitsbedingungen, Dokumentation, Auskunftspflichten

(1) Der Unternehmer hat durch eine Beurteilung der für die Versicherten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen entsprechend § 5 Absatz 2 und 3 Arbeitsschutzgesetz zu ermitteln, welche Maßnahmen nach § 2 Absatz 1 erforderlich sind.

(2) Der Unternehmer hat Gefährdungsbeurteilungen insbesondere dann zu überprüfen, wenn sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verändert haben.

(3) Der Unternehmer hat entsprechend § 6 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach Absatz 1, die von ihm festgelegten Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung zu dokumentieren.

Soweit zu den rechtlichen Vorgaben. Was die konkreten Maßnahmen angeht, so hängen diese von der tatsächlichen Arbeitssituation ab. Es sind dann Fragen zu klären wie:

  • Handelt es sich bei der Strahlenquelle um eine Röntgeneinrichtung/sonst. Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlen (für die man z. B. ein Zeitfenster festlegen könnte, in dem sie nicht in Betrieb ist) oder um einen radioaktiven Stoff?
  • Befindet sich der radioaktive Stoff in einer Abschirmung, die man für ein Zeitfenster schließen kann?
  • Handelt es sich überhaupt um einen Strahler oder ist die Umgebung kontaminiert?
  • Handelt es sich um einen umschlossenen radioaktiven Stoff oder um einen offenen radioaktiven Stoff, bei dem man Kontaminationen und Inkorporationen berücksichtigen muss?
  • Wie hoch ist die Dosisleistung, wie ist die Geometrie des Strahlenfelds, um welche Strahlenart handelt es sich (z. B. a-, b- oder g-Strahlung)?

Einige mögliche Schutzmaßnahmen sind oben schon im Zusammenhang mit der Genehmigung nach § 15 StrlSchV genannt. Als Grundidee weiterer Maßnahmen gilt:

  • Minimierung der Aufenthaltsdauer in der Nähe der Strahlenquelle!
  • Maximierung des Abstands von der Strahlenquelle!

Einige konkrete Hinweise und Empfehlungen noch:

  • Soweit die Wirksamkeit Ihrer Schutzvorkehrungen davon abhängig ist, dass Ihr Auftraggeber „mitspielt“, sollten Sie darüber unbedingt eine vertragliche Vereinbarung treffen.
  • Schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus sollten Sie ihren Mitarbeiter mit einem Dosimeter einer amtlichen Messstelle ausstatten (Achtung: nicht durch die Röntgenkontrolle des Fluggepäcks laufen lassen!) und dieses in den vorgesehenen Intervallen zur Auswertung geben.
  • Wenn mit - evtl. sporadisch auftretenden - nennenswerten Ortsdosisleistungen zu rechnen ist, sollte Ihr Mitarbeiter über ein elektronisches Dosimeter mit Alarmfunktion / ein Dosisleistungsmessgerät mit Alarmfunktion verfügen, damit er gewarnt wird, wenn er den Arbeitsplatz besser für eine bestimmte Zeit "x" verlassen sollte (die Grenzen und Randbedingungen müssten Sie dann konkret festlegen und anweisen!).
  • Sollte es sich um eine Exposition gegenüber offenen radioaktiven Stoffen handeln, so sollten Sie Inkorporationsmessungen in einem sog. body-counter vorsehen, der Art und Menge evtl. inkorporierter Aktivität messen kann. Dann bietet es sich zur beiderseitigen Sicherheit an, eine solche Messung als „0-Messung“ auch vor dem Einsatz durchführen zu lassen.

Für all diese Maßnahmen gilt - wie immer im Arbeitsschutz: die Mitarbeiter müssen über die Maßnahmen, die ihrem Schutz dienen sollen, unterrichtet und in der richtigen Umsetzung unterwiesen werden - und dass das passiert ist, muss dann auch dokumentiert werden.


Hinweis:

Wir empfehlen ihnen, weitere Detailfragen mit der für Sie zuständigen Arbeitsschutzaufsichtsbehörde im direkten Kontakt zu klären.