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Wie viel Röntgenstrahlen darf sich ein Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit aussetzen? Was muss der Unternehmer dabei beachten?

KomNet Dialog 19887

Stand: 27.11.2013

Kategorie: Physikalische Belastungen und Beanspruchungen > Ionisierende Strahlung > Röntgeneinrichtungen, Störstrahler

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Frage:

Wie viel Röntgenstrahlen darf sich ein Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit aussetzen? Was muss der Unternehmer dabei beachten? Hintergrund: In einer Wohnstätte für Menschen mit einer Behinderung müssen Bewohner geröntgt werden. Das Betreuungspersonal begleitet die Bewohner (wenn es notwendig ist) beim Röntgenvorgang. Sie sind natürlich mit den üblichen Schutzmaßnahmen (z.B. Schürze) geschützt.

Antwort:

Bevor die zulässige Strahlendosis betrachtet wird, ist zu klären, ob sich das Betreuungspersonal der Wohneinrichtung überhaupt während der Durchführung der Röntgenuntersuchung im Röntgenraum befinden darf. Der Zusatz „während der Durchführung der Röntgenuntersuchung“ ist wichtig und entscheidend, weil der Röntgenraum nur während der Einschaltzeit, also solange Strahlung freigesetzt wird, als Kontrollbereich gilt. Das bloße Hineingeleiten der zu untersuchenden Person ist "kein Zutritt“ zum Kontrollbereich.

Die Zutrittsmöglichkeiten sind im § 22 der Röntgenverordnung geregelt:
㤠22 Absatz 1
Personen darf der Zutritt
1) …
2) zu Kontrollbereichen nur erlaubt werden, wenn
a) sie zur Durchführung oder Aufrechterhaltung der darin vorgesehenen Betriebsvorgänge tätig werden müssen,
b) an ihnen nach § 25 Abs. 1 Röntgenstrahlung angewendet werden soll oder ihr Aufenthalt in diesem Bereich als Proband, helfende Person oder Tierbegleitperson erforderlich ist und eine zur Ausübung des ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Berufs berechtigte Person, die die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt, zugestimmt hat,
c) …
d) …
Die zuständige Behörde kann gestatten, dass der fachkundige Strahlenschutzverantwortliche oder der zuständige Strahlenschutzbeauftragte auch anderen Personen den Zutritt zu Strahlenschutzbereichen erlaubt. Betretungsrechte auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen bleiben unberührt.“


Auf den ersten Blick könnte hier Buchstabe a) zur Anwendung kommen, weil es vermutlich darum geht, dass jemand dafür sorgt, dass die zu untersuchenden Personen während der Röntgenaufnahme „stillhalten“, damit es nicht zu Bewegungsunschärfen kommt, und das kann man i. S. von Buchstabe a) als zur Durchführung der Untersuchung erforderlich ansehen. Die Regelung unter a) zielt jedoch auf diejenigen, die als Beschäftigte des Betreibers der Röntgeneinrichtung im Kontrollbereich tätig werden müssen. Daher greift sie nur, wenn die Röntgeneinrichtung vom Arbeitgeber des Betreuungspersonals betrieben wird, der dann der Strahlenschutzverantwortliche im Sinne der Röntgenverordnung ist. Dann würde das Betreuungspersonal zu sogenannten strahlenexponierten Personen, die u. a. dosimetrisch überwacht (§ 35 RöV), unterwiesen und mit Schutzkleidung ausgestattet werden müssen und für die ein Grenzwert von 20 mSv/a gilt (§ 31a RöV). Dieser Wert wird von den MTRA, die diese Tätigkeit ja täglich ausüben, fast ausnahmslos nicht erreicht. Vielmehr bewegt sich die Dosis dieses Personenkreises im niedrigen einstelligen mSv-Bereich.

Anders ist die Sache zu beurteilen, wenn die Röntgeneinrichtung nicht von der Wohnstätte selbst, sondern z. B. von einem externen Radiologen, einem medizinischen Versorgungszentrum oder einem Krankenhaus betrieben wird, für die das Betreuungspersonal betriebsfremd ist.

Dann gilt die o. g. Regelung nach Buchstabe a) für das Betreuungspersonal nicht. Für diesen Fall kennt die Röntgenverordnung im § 22 Absatz 1 Nr. 2 b) zwar die sogenannte helfende Person, der der Zutritt zum Kontrollbereich gestattet werden darf. Schaut man dann aber in die Begriffsbestimmung (§ 2 Nr. 12 RöV), so liest man, dass eine helfende Person eine Person ist,
„die außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit freiwillig Personen unterstützt oder betreut, an denen … Röntgenstrahlung angewendet wird.“

Somit darf das Betreuungspersonal in diesem Fall (externer Betreiber) die zu röntgende Person nur in den Röntgenraum begleiten, der Röntgenbetreiber darf aber nicht zulassen, dass sich das Betreuungspersonal während der Röntgenaufnahme darin aufhält. Somit stellt sich die Frage nach der zulässigen Strahlenexposition dann nicht.

Die helfende Person kann z. B. die Mutter sein, die ihr kleines Kind während der Röntgenaufnahme stillhält. Das kommt für die Mutter im Normalfall vielleicht „ein-/zweimal“ vor, bis ihr Kind groß genug ist, allein geröntgt zu werden. Der Anfrage kann aber entnommen werden, dass das Betreuungspersonal die Bewohner beim Röntgenvorgang wohl durchaus öfter begleitet, weil die Begleitung der Bewohner nun mal zu seinem Beruf gehört. Genau solche Situationen wollte die Röntgenverordnung für helfende Personen, für die es in der Röntgenverordnung übrigens keine Dosisbegrenzung gibt(!), mit der Formulierung „außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit“ ausschließen.

Sollten im Einzelfall ausschließlich die Betreuungspersonen, die ja zumeist auch Bezugspersonen für die Bewohner der Wohneinrichtung sind, die ordnungsgemäße Durchführung der Röntgenuntersuchung sicherstellen können, so kann der fachkundige Strahlenschutzverantwortliche oder der für die Röntgeneinrichtung zuständige Strahlenschutzbeauftragte auch diesen Personen den Zutritt zum Kontrollbereich erlauben, allerdings nur dann, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde ihm dieses Recht einräumt (Gestattung nach § 22 Abs. 1 Satz 2) und in diesem Zusammenhang Regelungen zum Strahlenschutz dieser Personen treffen kann. Ansonsten muss der Betreiber der Röntgeneinrichtung mit seinen Beschäftigten für die ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchung sorgen.

Es ist dann noch zu klären, ob durch den Aufenthalt im Kontrollbereich die Strahlenexposition des Betreuungspersonals den Wert von 1 mSv/a überschreiten kann. Dann nämlich kämen auf den Arbeitgeber des Betreuungspersonals die Verpflichtungen nach § 6 Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 3 zu, nämlich dies der zuständigen Behörde unverzüglich vor Beginn der Tätigkeit schriftlich anzuzeigen, die in Absatz 3 geforderten Nachweise zu erbringen und die dort genannten Pflichten zu beachten.