Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Wie gehe ich als Ersthelfer, Führungskraft oder Fachkraft für Arbeitssicherheit damit um, wenn eine verunfallte Person die Erste Hilfe nicht annehmen möchte?

KomNet Dialog 22007

Stand: 25.09.2014

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Gesundheitsschutz > Erste Hilfe

Favorit

Frage:

Ein Kollege möchte die Erste Hilfe bei einem Unfall, Unwohlsein etc. nicht annehmen. Kann ich veranlassen, dass er trotzdem die Erste Hilfe in Anspruch nehmen muss? Ich als Laie kann nicht entscheiden wie weit es dem Kollegen schlecht geht. Wie gehe ich als Ersthelfer, Führungskraft, Fachkraft für Arbeitssicherheit damit um?

Antwort:

Grundsätzlich ist eine medizinische Behandlung von der Zustimmung des Patienten abhängig. Weigert sich eine im Betrieb verunfallte Person, Erste-Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist dies in jedem Fall zu dokumentieren. Auf die Dokumentation gehen wir im weiteren Verlauf der Antwort ausführlicher ein. Wie weiter zu verfahren ist, hängt von der jeweiligen Situation ab. Es ist im Einzelfall zu entscheiden, in welchem Umfang der Verletzte auf mögliche versicherungs- und arbeitsrechtliche Konsequenzen hingewiesen wird.

Erste-Hilfe-Maßnahmen sollten dem Verletzten weiterhin uneingeschränkt angeboten werden. Besteht die Möglichkeit, dass der Verletzte nicht mehr frei entscheiden kann, z. B. wenn ein Schockzustand nicht auszuschließen ist, müssen in jedem Fall weitere Erste-Hilfe- bzw. Rettungsmaßnahmen veranlasst werden.

Ausführliche Erläuterungen zur Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb und zur rechtlichen Betrachtung der Ersten Hilfe gibt die DGUV Information 204-022 (bisher: BGI/GUV-I 509) "Erste Hilfe im Betrieb".
(Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk finden Sie im Internet unter www.dguv.de/publikationen)

Unter Ziffer 4.4 DGUV Information 204-022 wird auf die Pflicht zur Dokumentation von Erste Hilfe Leistungen (§ 24 Abs. 6 BGV A 1) näher eingegangen:

"Die Aufzeichnungen dienen der Dokumentation eines betrieblichen Geschehens, dem Nachweis eines ordnungsgemäßen Ablaufs der im Betrieb organisierten Ersten Hilfe und als Grundlage für Verbesserungen der Vorsorge. Die Dokumentation ist fünf Jahre aufzubewahren. Eine lückenlose Dokumentation dient auch als Nachweis für einen Unfall im Betrieb eines Versicherten bei der Durchsetzung seiner Leistungsansprüche gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention” (BGV/GUV-V A1 A1) lässt offen, in welcher Form die Erfassung der zu dokumentierenden Daten zu erfolgen hat. Es steht dem Unternehmer frei, ob er die Dokumentation in einem Verbandbuch, dem Verbandblock vornimmt oder sie im Zuge der elektronischen Datenverarbeitung speichert. Für die Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistung kann insbesondere das "Verbandbuch” (BGI/GUV-I 511-1 511-1) oder der "Meldeblock” (BGI/GUV-I 511-3) verwendet werden.
"

Hinweis:
Gemäß § 24 Abs. 4 der  DGUV Vorschrift "Grundsätze der Prävention" (bisher: BGV A 1) hat der Unternehmer im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass der Verunfallte einem Durchgangsarzt vorgestellt wird. Nach § 15 Abs. 1 haben die Versicherten "die Maßnahmen ... für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Versicherte haben die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen." Siehe auch die Ausführungen der DGUV Regel "Grundsätze der Prävention" (bisher: BGR A 1).

Bezüglich einer umfänglichen rechtlichen Bewertung sollte eine entsprechende Frage an Angehörige der rechtsberatenden Berufe bzw. entsprechend autorisierte Stellen (z. B. Verbände, Kammern, etc.) gerichtet werden.