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Wie ist bei der Freigabemessung vor der Begehung von Behältern damit umzugehen, wenn krebserzeugende Gefahrstoffe vorliegen?

KomNet Dialog 21819

Stand: 19.08.2014

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Zulässige Belastungen > Grenzwerte

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Frage:

Vor Begehung von Behältern zur Inspektion o.ä. wird nach der Reinigung von ihren Inhaltsstoffen (Gefahrstoffe) zuerst eine sog. Freigabemessung durchgeführt, bevor der Eintritt erlaubt wird. Die Freigabe erfolgt, wenn bei Stoffen mit AGW entweder bei einer einzigen Messung der Stoffindex kleiner oder gleich 0,1 ist oder bei Messungen für drei verschiedene Schichten die Stoffindizes kleiner oder gleich 0,25 sind. Wie verhält sich das nun bei krebserzeugenden Stoffen, denen ein Akzeptanz- und Toleranzrisiko zugeordnet ist? Muss bei einer Messung ebenfalls 10 % des AR und bei 3 Messungen entsprechend 25% des AR unterschritten werden, dass die Beurteilung für ein gefahrloses Betreten getroffen werden kann?

Antwort:

Nach TRGS 910 werden insbesondere für krebserzeugende Stoffe risikobasierte Konzentrationsgrenzwerte als Expositions-Risiko-Beziehung (ERB) abgeleitet, für die die gesundheitsbasierten Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) nach TRGS 900 nicht aufgestellt werden können, weil es für krebserzeugende Stoffe meistens häufig keinen Schwellenwert für Konzentrationen ohne Wirkung gibt.

Unter ERB sind die Stoffkonzentrationen am Arbeitsplatz zu verstehen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, durch eine in der Lebensarbeitszeit erfolgte Exposition gegenüber einem Stoff eine dadurch verursachte Krebserkrankung zu erleiden, welche die nach epidemiologischen Daten festgestellten Risikowerte nicht überschreitet.

Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen (ERB) sind wie Arbeitsplatzgrenzwerte als 8-Stunden-Mittelwerte definiert, Grundlage der Gefährdungsbeurteilung und Auslöser für entsprechende Schutzmaßnahmen. In der TRGS 402 sind die Vorgehensweise zur Ermittlung der inhalativen Exposition und die Beurteilung der Exposition sowie der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen beschrieben.

Wenn Arbeitsplatzgrenzwerte nach TRGS 900 verfügbar sind, wird zur Bewertung der Stoffindex I als Quotient aus dem Messwert MW (Schichtmittelwert) und dem Grenzwert GW (Arbeitsplatzgrenzwert AGW) berechnet: I = MW/GW. Bei mehreren Stoffen mit AGW werden die einzelnen Stoffindices Ii zu einem Gesamtindex IAGW addiert: IAGW = ∑ Ii = ∑ MWi/GWi. Außerdem ist zu prüfen, ob die Kurzzeitwertanforderungen erfüllt sind.

Nach diesem Konzept gelten Schutzmaßnahmen als ausreichend und die Arbeitsplatzgrenzwerte als dauerhaft-sicher eingehalten, wenn

· die Kurzzeitwertanforderungen erfüllt sind

· der Bewertungsindex I bei einer Messung oder in einer Schicht kleiner oder gleich 0,1 ist

· die Bewertungsindexe I bei mindestens drei Messungen oder Schichten kleiner oder gleich 0,25 sind

Aufgrund Schwankungen der Arbeitsbedingungen und Abweichungen des Messverfahrens muss entweder begründet werden, warum auch künftig die Einhaltung der dauerhaft-sicheren Arbeitsbedingungen zu erwarten ist oder die gemessenen Werte müssen aus statistischen Gründen hinreichende Abstände von den Grenzwerten aufweisen.

Ein vom Vorgehen bei Stoffen mit gesundheitsbasierten Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) nach TRGS 900 abweichendes Konzept ist dagegen bei krebserzeugenden Stoffen der Kategorien 1 und 2 mit risikobasierten Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB) nach TRGS 910 beschrieben. Demnach werden zur Bewertung keine Stoffindices als Quotient aus Messwert und Toleranz- oder Akzeptanzkonzentration gebildet, und bei mehreren krebserzeugenden Stoffen werden die Stoffindices nicht addiert, sondern jeder krebserzeugende Stoff wird einzeln bewertet. Damit können die Befunde aus der Bewertung wie folgt lauten:

- Toleranzkonzentration überschritten, hohes Risiko, Schutzmaßnahmen daher nicht ausreichend

- Toleranzkonzentration eingehalten, mittleres Risiko, Schutzmaßnahmen noch zu optimieren

- Akzeptanzkonzentration eingehalten, niedriges Risiko, Schutzmaßnahmen ausreichend

Auch in diesen Fällen ist prüfen, ob die Kurzzeitwertanforderungen erfüllt sind.

Wenn es sich gemäß Fragestellung um die Begehung von Behältern zur Inspektion handelt, also um eine kurzfristige und nicht regelmäßige Tätigkeit, kann bei entsprechender Auswahl und gesundheitlicher Eignung des Personals auch eine belastende Schutzmaßnahme, z. B. Arbeiten unter Atemschutz in Frage kommen.