KomNet-Wissensdatenbank
Ist der Aufenthalt von Schwangeren bei Lachgasnarkosen im OP-Saal erlaubt?
KomNet Dialog 20081
Stand: 28.06.2019
Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Gefährdungen für werdende / stillende Mütter
Frage:
Ist es richtig, dass bei messtechnisch nachgewiesener Einhaltung des Luftgrenzwertes für Lachgas ein Aufenthalt für Schwangere bei Lachgasnarkosen im Op-Saal erlaubt ist (lt. TRGS 900: Risiko der Fruchtschädigung bei Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes und des biologischen Grenzwertes (BGW) nicht befürchtet zu werden braucht, lt. DFG 2012: Schwangerschaftsgruppe C)? Sollte man einer Schwangeren von einem Aufenthalt im OP-Saal abraten, wenn Gasnarkosen mit Isofluran, Desfluraon, Sevofluran erfolgen, da es keine Grenzwerte gibt und es bislang keine ausreichenden Erkenntnisse hinsichtlich der reproduktionstoxischen Effekte gibt?
Antwort:
In Räumen, in denen mit Narkosemitteln gearbeitet wird, können werdende oder stillende Mütter schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Gasen und Dämpfen ausgesetzt sein. Die Beschäftigung einer werdenden oder stillenden Mutter in Bereichen, in denen mit dem Auftreten dieser Gase gerechnet werden muss, ist nur dann zulässig, wenn der Luftgrenzwert für diese Gefahrstoffe sicher und dauerhaft unterschritten wird.
Sofern es sich um Intubationsnarkosen (geschlossene Verfahren) handelt, kann diese Bedingung erfüllt werden. Dies muss durch ausreichend häufige Messungen nachgewiesen werden. Dies gilt aber nicht für Maskennarkosen, die besonders bei Kindern angewendet werden. Hierbei kann es zu einer Überschreitung der Luftgrenzwerte kommen. Eine abschließende Bewertung ist gegenwärtig nicht möglich.
Lachgas (Distickstoffoxid) hat den Grenzwert 180 mg/m³ bzw. 100 ml/m³ (Technische Regel für Gefahrstoffe - TRGS 900).
Nach Erkenntnissen der DFG-Kommission braucht bei Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes (AGW) und des biologischen Grenzwertes (BGW) ein Risiko der Fruchtschädigung nicht befürchtet zu werden.
Isofluran befindet sich zurzeit (Stand: 2018) in der Bearbeitungsliste des Ausschusses für Gefahrstoffe (AGS – UA III) mit dem Ziel, einen Arbeitsplatzgrenzwert für die Aufnahme in die TRGS 900 vorzuschlagen. Momentan gibt es nur einen Vorschlag für einen Grenzwert von 80 mg/m³.
Sevofluran und Desfluran: beide Stoffe sind nicht als gefährlich eingestuft. Es existieren bisher weder Grenzwerte noch wissenschaftlich gesicherte Aussagen über eine mögliche Fruchtschädigung bei Schwangerschaft oder reproduktionstoxischen Eigenschaften.
Diese Inhalationsanästhetika werden in der Praxis sehr selten als Mononarkosemittel verwendet. Deswegen muss man bei der Gefährdungsbeurteilung auch die anderen mitbenutzten Narkosemittel, die angewandte Narkosetechnik, die Raumbelüftung etc. berücksichtigen.
Die Beschäftigung kann in Operationsbereichen ohne geeignete Atemluftrückführung und Absaugung, in denen die Atemluft durch erhöhte Konzentrationen von Narkosegasen belastet wird, untersagt werden.
Für die festzulegenden Schutzmaßnahmen gibt es arbeitsmedizinisch-toxikologische Empfehlungen des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) zur Überwachung von Arbeitsbereichen für Anästhesiearbeitsplätze in Operationssälen und Aufwachräumen:
http://www.dguv.de/ifa/Forschung/Projektverzeichnis/BIA_3063.jsp
http://www.dguv.de/medien/ifa/de/pra/bg_bgia_empfehlungen/bg_bia_1017.pdf
http://www.dguv.de/medien/ifa/de/pra/bg_bgia_empfehlungen/bg_bia_1018.pdf
Bei Anwendung der Empfehlungen kann von einer dauerhaft sicheren Einhaltung der Grenzwerte ausgegangen werden. Grundvoraussetzung für die Beschäftigung einer Schwangeren beim Einsatz der genannten Narkosemittel im OP-Raum ist daher die umfassende Beachtung aller IFA-Empfehlungen, insbesondere die Beschränkung auf die in der Empfehlung 1017 beschriebenen Narkoseverfahren, bei denen der Bewertungsindex für Anästhesiegase eingehalten wird, sowie die Einhaltung der Arbeitsschutzanforderungen der TRGS 525 "Umgang mit Gefahrstoffen in Einrichtungen zur humanmedizinischen Versorgung".
Hinweis:
Umfangreiche Informationen über die genannten Stoffe erhalten Sie aus der GESTIS-Stoffdatenbank der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.