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Was kann der Betrieb (Arbeitnehmervertreter, Arbeitgeber) bei einem Arbeitnehmer machen, bei dem die Arbeitsfähigkeit aufgrund von Drogenproblemen angezweifelt wird?

KomNet Dialog 19957

Stand: 04.12.2018

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Suchtgefährdete, Süchtige

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Frage:

Ein Arbeitnehmer gibt Anlass zur Sorge: verwaschene Sprache, sehr langsames arbeiten, teilweise fehlende Orientierung (findet Fahrstuhlknöpfe nicht usw.). Der Vorgesetzte und viele Mitarbeiter dieses Kollegen meinen, dass hier etwas nicht stimmt und anzweifeln die Arbeitsfähigkeit. Der betroffene Arbeitnehmer war schon mal "auf Drogen und Tabletten" und ist trotz Entzugstherapie wohl von den Ersatzdrogen noch nicht geheilt, einen "Entzug vom Entzug" will er auch nicht antreten. Jedoch zeigt er immer wieder Verhaltensweisen, die ein Großteil von uns als nicht normal ansehen. Auch wurde er -mit seinem Einverständnis- schon ins Krankenhaus geschickt, um einen Nachweis seiner Arbeitsfähigkeit zu erbringen. Er kam auch mit einem Papier von dem Arzt dieses Krankenhauses und wurde als arbeitsfähig eingestuft. Doch immer wieder gibt es eben Beschwerden, dass bei ihm was nicht stimmt. Was kann hier der Betrieb nun tun (Arbeitnehmervertretung, Arbeitgeber)? Wir möchten nicht, dass irgendjemanden hier etwas passiert, weder dem Vorgesetzten noch dem Arbeitnehmer. Ist hier der medizinische Dienst einzuschalten und müßte nicht generell ein Arbeitsmediziner die Arbeitsfähigkeit bescheinigen? Oder kann jeder Arzt sein OK geben? Gibt es Rechtspflichten, wenn der Arbeitnehmer Ersatzmedikamente nimmt, die seine Tauglichkeit einschränken könnten? Teilweise verrichtet der Arbeitnehmer Arbeiten an schnell rotierenden Maschinen, Sägen, Schleifmaschinen etc.

Antwort:

Gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG - ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Hierbei hat er mögliche Gefährdungen zu ermitteln, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bzw. Gefahrenminderung festzulegen und diese umzusetzen.


Mit der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung hat er u. a. auch das Verhalten und den Gesundheitszustand des drogenabhängigen bzw. auf Drogenentzug befindlichen Mitarbeiters zu berücksichtigen, zu bewerten und eigenverantwortlich hierbei zu entscheiden, ob der betroffene Beschäftigte unter der geschilderten Situation überhaupt an rotierenden Maschinen beschäftigt werden darf oder ob dieser, wenn auch nur zeitweise, auf einem alternativen Arbeitsplatz eingesetzt werden muss.


Hierbei kann der Arbeitgeber die beratende Unterstützung durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und insbesondere auch durch den Betriebsarzt einfordern. Nach Ermessen erscheint in der geschilderten Situation insbesondere die Beteiligung des Betriebsarztes unumgänglich.


Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist gemäß § 6 ArbSchG zu dokumentieren.


Wir weisen wir auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und eine mögliche Dienstvereinbarung zur Suchtprävention bzw. zum Umgang mit Suchtproblemen hin.


Wir empfehlen Ihnen zudem, zur Problemlösung Ihre zuständige Berufsgenossenschaft hinzuzuziehen.


Hinweise:

KomNet ist ein kostenloses Informations- und Beratungsangebot, das bei der Planung und Durchführung ganzheitlicher und präventionsorientierter Maßnahmen des Arbeitsschutzes, der Arbeitsgestaltung sowie den Themenfeldern Demografischer Wandel und Mobbing eine praxisnahe "Hilfe zur Selbsthilfe" geben möchte.


Die Anfrage betrifft nicht nur die v. g. Bereiche, sondern auch den Bereich des Arbeitsrechts. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir dazu keine weitergehenden Auskünfte geben können und dürfen.


Fürsorgepflicht:

Die Fürsorgepflicht beinhaltet die Pflicht eines jeden Arbeitgebers, die Beschäftigten gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen. Die Fürsorgepflicht entsteht kraft Gesetz mit dem rechtswirksamen Abschluss eines Arbeitsverhältnisses und wird hergeleitet aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (§ 618 BGB), analog dem Handelsgesetzbuch - HGB - (§ 62 HGB) und dem ArbSchG (§ 3 Abs. 1 ArbSchG).