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Welche Form muss die Herstellererklärung haben? Reicht eine E-Mail?

KomNet Dialog 18328

Stand: 16.04.2013

Kategorie: Sichere Produkte > Inverkehrbringen und Kennzeichnung > Konformitätserklärung, Einbauerklärung

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Frage:

Der Hersteller eines unserer Gabelstapler wurde aufgefordert uns im Rahmen des Konformitätsverfahrens zur MRL zu bescheinigen, dass die von Ihm hergestellte Maschine einen Fahrerstand hat, der den Anfordserungen der ISO 6055: 2004 entspricht. Diese Bescheinigung habe ich jetzt als e-mailtext erhalten: " (...) gern bestätigen wir Ihnen die Einhaltung der Anforderungen nach ISO 6055: 2004 für den Fahrerstand der Stapler mit folgenden Fabrikationsnr (...) Mit freundlichen Grüßen ........ ........ Die Firmensignatur mit Nennung des Namens und der Oragnisationseinheit wurde genannt. Meine Frage: Ist dieses E-Mail alleine ausreichend, wenn der Hersteller in die Produkthaftung kommen sollte? Ich weis nicht, ob der Mitarbeiter des Herstellers unterschriftsberechtigt ist. Mein Standpunkt: Für mich gehört das als Zusatz in die Konformitätserklärung des herstellers und muss durch eine unterschriftberechtigte Person unterschrieben werden. Das ganze gehört dann auf ein offizielles Firmenbriefpapier. Liege ich da falsch?

Antwort:

Gabelstapler sind Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Mit der Ausstellung der EG-Konformitätserklärung nach Anhang II RL 2006/42/EG bescheinigt der Hersteller, dass er die Anforderungen der grundlegenden Sicherheitsanforderungen des Anhangs I der RL 2006/42/EG einhält.


Hierzu gehört auch, dass der Fahrerstand u. a. den Anforderungen des Anhangs I, Ziff. 3.4.3 (Überrollen und Umkippen ), Ziff. 3.4.4 (Herabfallende Gegenstände), Ziff. 3.4.5 (Zugänge) entspricht.


Die Ergebnisse der z. B. gemäß Ziff. 3.4.3 oder 3.4.4 durchzuführenden Prüfungen sind Bestandteil der vom Hersteller zu erstellenden technischen Unterlagen gemäß Anhang VII RL 2006/42/EG, die aber nicht zum Lieferumfang einer Maschine gehören.


Sie fordern nun, dass der Fahrerstand den Anforderungen der Norm ISO 6055:2004 entspricht. Diese Forderung gehört nicht zu den sich aus der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ergebenden Herstellerpflichten, zumal die Anwendung von technischen Normen immer freiwillig ist und der Hersteller zur Einhaltung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen auch andere Lösungen wählen kann.


Zudem ist die von Ihnen zitierte ISO-Norm 6055:2004 nicht als harmonisierte Norm nach RL 2006/42/EG gelistet und deren Anwendung löst somit keine Konformitätsvermutung aus. Sie kann aber vom Hersteller im Rahmen der Risikobeurteilung nach Anhang I RL 2006/42/EG als Erkenntnisquelle herangezogen werden.


Der Hersteller hat Ihnen bereits mit der EG-Konformitätserklärung nach Anhang II, RL 2006/42/EG, die genauso wie die Betriebsanleitung zum Lieferumfang einer Maschine gehören muss, die Einhaltung der öffentlich rechtlichen Anforderungen der Maschinenrichtlinie bestätigt.


Einer weiteren Bestätigung, dass bestimmte technische Normen eingehalten sind, bedarf es aus öffentlich rechtlicher Sicht nicht.


Sollten Sie Erkenntnisse haben, dass nicht alle Anforderungen der RL 2006/42/EG eingehalten sind oder bei einer bestimmungsgemäßen oder vorhersehbaren Benutzung der Maschine Personen, Haustiere und Sachen gefährdet werden, so können Sie diese direkt der für den Hersteller bzw. Einführer zuständigen Marktaufsichtbehörde über das internetgestützte Meldesystem ICSMS mitteilen.


Die Einhaltung der öffentlich rechtlichen Anforderungen nach der Maschinenrichtlinie entbindet den Hersteller jedoch nicht automatisch von zivilrechtlichen Produkthaftungsansprüchen im Schadensfall. Hier bedarf es immer einer Klärung im Einzelfall. Sollten Sie hierzu Fragen haben, sollten Sie fachanwaltlichen Rat einholen.