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Wie sollten sich Beschäftigte verhalten, wenn Sie mit Radladern arbeiten sollen, an denen sie nicht eingewiesen sind?

KomNet Dialog 16471

Stand: 25.04.2019

Kategorie: Sicherer Transport > Innerbetrieblicher Transport > Flurförderzeuge, Gabelstapler

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Frage:

Wir müssen mit einem Radlader unsere Fahrzeuge selbst beladen. Wir haben keinen Berechtigungsschein und sind auf dem Radlader nicht eingewiesen worden. Am Arbeitsplatz gibt es Wandhöhen von ca. 30 m, die herunterstürzen und die Maschine verschütten können, was schon fast passiert ist. Wie müssen wir uns hier verhalten bzw. wie muss die Auftragsfirma handeln?

Antwort:

1. Grundsätzliches

Die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften wie Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), Betriebssicherheitverordnung (BetrSichV) aber auch das berufsgenossenschaftliche Regelwerk verpflichten den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.


Bei den Maßnahmen des Arbeitsschutzes hat der Arbeitgeber dabei von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:

1.Die Arbeit ist so zu gestalten, daß eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;

2.Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen;

3.bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen;

4.Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen;

5.individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen;

6.spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen;

7.den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen;

8.mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist.


In der DGUV Vorschrift 29 "Steinbrüche, Gräbereien und Halden" ist unter § 9 gefordert, dass Wände so anzulegen und zu unterhalten sind, dass Versicherte/Beschäftigte durch Abrutschen von Massen nicht gefährdet werden können. Dabei sind alle Einflüsse, welche die Standfestigkeit des Materials beeinträchtigen können, zu berücksichtigen.

Näheres dazu ist der Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 29 zu entnehmen.


2. Zusammenarbeit

Das ArbSchG verpflichtet den Arbeitgeber auf der Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung (§§ 5,6 Arbeitsschutzgesetz) Gefährdungen zu ermitteln und Maßnahmen festzulegen.

Ihr Arbeitgeber trägt also grundsätzlich für die bereitgestellten Arbeitsmittel gemäß Betriebssicherheitsverordnung und für erforderliche Maßnahmen bei Nutzung von Radladern durch Beschäftigte die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung. Werden Beschäftigte in fremden Betrieben tätig, muss auch für diese Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Die Gefährdungsbeurteilung muss sich in diesem Fall auch auf die Tätigkeit des Mitarbeiters bei der Arbeit in dem fremden Betrieb beziehen, wobei wechselnde Einsatzorte und die möglichen Gefährdungen mit betrachtet werden müssen.


Beim Einsatz von Fremdfirmen obliegen Arbeitsschutzpflichten neben dem v. g. Auftragnehmer aber auch dem Auftraggeber. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet unter § 8 die Arbeitgeber zur Zusammenarbeit. Dabei haben die Arbeitgeber sich je nach Art der Tätigkeiten insbesondere gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen. (§ 8 Abs. 1 ArbSchG).


Nach § 5 Absatz 3 der Unfallverhütungsvorschrift der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" wird bestimmt, dass "bei der Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen der den Auftrag erteilende Unternehmer den Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen hat. Der Unternehmer hat ferner sicherzustellen, dass Tätigkeiten mit besonderen Gefahren durch Aufsichtführende überwacht werden, die die Durchführung der festgelegten Schutzmaßnahmen sicherstellen. Der Unternehmer hat ferner mit dem Fremdunternehmen Einvernehmen herzustellen, wer den Aufsichtführenden zu stellen hat."


Primär ist also der Arbeitgeber/Unternehmer für die Sicherheit seiner Beschäftigten verantwortlich. Er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten. Ein Arbeitgeber ist auch dann weiterhin für die Durchführung der Arbeitsschutzbestimmungen und BG-Vorschriften verantwortlich, wenn seine Beschäftigten außerhalb seines Betriebes, z. B. in Fremdbetrieben, tätig sind. Die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten zur Zusammenarbeit bleiben davon unberührt.


Wenn also nötige Sicherheitsmaßnahmen nicht getroffen werden und der Auftraggeber bzw. der Aufsichtsführende Unterstützung verweigert, sollten Sie sich an Ihren Arbeitgeber als vorrangige Ansprechperson wenden und Abhilfe einfordern.

 

3. Unterweisungspflichten

Die Unterweisungspflicht des § 12 Arbeitsschutzgesetz wird unter § 12 Betriebssicherheitsverordnung in Verbindung mit der TRBS 1151 "Gefährdung an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsmittel - Ergonomische und menschliche Faktoren, Arbeitssystem -." konkretisiert.

Eine mindestens einmal jährliche Unterweisung ergibt sich aus § 12 BetrSichV und dem § 4 der DGUV Vorschrift 1. Näheres ist auch der DGUV Regel 100-001 Ziffer 2.3 Unterweisung der Versicherten zu entnehmen. 


Gemäß Ziffer 3.1 der DGUV Regel 100-500 Kap. 2.12.- Betreiben von Erdbaumaschinen dürfen Erdbaumaschinen "nur bestimmungsgemäß unter Berücksichtigung der Betriebsanleitung des Herstellers betrieben werden. Die Betriebsanleitung muss an der Einsatzstelle vorhanden sein." :


In Ziffer 3.2 der DGUV Regel 100-500 Kap. 2.12 werden die Anforderungen an den Maschinenführer formuliert.


"Mit dem selbstständigen Führen oder Warten von Erdbaumaschinen dürfen nur Personen beschäftigt werden, die

1. das 18. Lebensjahr vollendet haben,

2. körperlich und geistig geeignet sind,

3. im Führen oder Warten der Erdbaumaschine unterwiesen sind und ihre Befähigung hierzu gegenüber dem Unternehmer nachgewiesen haben, und von denen

4. zu erwarten ist, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllen.

Sie müssen vom Unternehmer zum Führen oder Warten der Erdbaumaschine bestimmt sein."



4. Rechte der Beschäftigten

Die Rechte der Beschäftigten sind dem § 17 ArbSchG zu entnehmen. Danach sind die Beschäftigten berechtigt dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen.

Sind Beschäftigte auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Arbeitsschutzbehörde (in Nordrhein-Westfalen sind dies die Arbeitsschutzdzernate der Bezirksregierungen und in Hamburg das Amt für Arbeitsschutz) wenden. Hierdurch dürfen dem Beschäftigten keine Nachteile entstehen.