Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Sind bei der Beschäftigung von gehörlosen Beschäftigten die Toiletten mit speziellen optischen Alarmgebern auszustatten?

KomNet Dialog 16137

Stand: 16.11.2019

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Leistungsgewandelte Arbeitnehmer/innen, (Schwer-) Behinderung

Favorit

Frage:

In einem in der Entstehung befindlichen Gebäude für die Entwicklung (ca. 900 Arbeitsplätze) wurden gemäß ArbStättV die geforderte Anzahl von Behindertentoiletten mit vorgesehen. Da auch gehörlose Kollegen darin beschäftigt sind, werden diese Toiletten mit einer optischen Lichtsignalanlage im Falle einer Notfallalamierung (gedanklich für gehörlose Kollegen) installiert. Nun hat sich der Vorgesetzte der gehörlosen Kollegen mit folgender Bitte zur Abklärung an mich gewendet: Ich gehe davon aus, dass es nicht ausreicht, nur die Behinderten-WCs mit Lichtsignalen auszustatten. Unsere beiden gehörlosen MA sind außer Ihrer Gehörlosigkeit doch nicht körperlich behindert! Das kann als Diskriminierung empfunden werden. Gibt es diesbezüglich Forderungen oder Regelungen?

Antwort:

Beschäftigt ein Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen, hat er Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden. Dieses gilt insbesondere für die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie von zugehörigen Waschgelegenheiten und Toiletten (§ 3a Abs. 2 Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV). Eine weitere Konkretisierung dieser Forderung erfolgt in der ArbStättV nicht.


Nach den Bestimmungen des § 10 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes - ArbSchG hat der Arbeitgeber entsprechend der Art der Arbeitsstätte und der Tätigkeiten sowie der Zahl der Beschäftigten die Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten erforderlich sind. Dabei hat er der Anwesenheit anderer Personen Rechnung zu tragen.


Zur Ersten Hilfe sind Erläuterungen in der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" - Dritter Abschnitt "Erste Hilfe" und der zugehörigen DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention" aufgeführt.  


Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber die Besonderheiten seiner Arbeitsstätte und der Beschäftigten im Betrieb bewerten und entsprechende Maßnahmen festlegen. Dabei soll er sich von seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztin/ dem Betriebsarzt beraten lassen. Der Betriebsrat sollte dabei beteiligt werden.


In der BGHW-Wissen W 46-5 "Der Betriebsrat im Arbeitsschutz Rechte und Pflichten, Teil 3: Mitbestimmung und Mitwirkung – Gefährdungsbeurteilung" ist u. a. nachzulesen:

"Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung. Dies gilt für alle Vorschriften, die eine Gefährdungsbeurteilung fordern (zum Beispiel nach § 5 ArbSchG) und wenn diese Vorschriften keine zwingenden Vorgaben enthalten, wie die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist (Bundesarbeitsgericht, 08.06.2004, 1 ABR 13/03).


Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bezieht sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschäden. Es setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und mangels einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe betriebliche Regelungen zu ergreifen sind, um das durch Rahmenvorschriften vorgegebene Ziel im Arbeitsschutz zu erreichen.


Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13.08.2019, 1 ABR 6/18 und mit Beschluss vom 19.11.2019, 1 ABR 22/18 klargestellt, in welchen Fällen eine Mitbestimmung bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung und deren Umsetzung erforderlich ist."


In welcher Form gehörlose Beschäftigte im Falle einer Alarmierung zu informieren sind, ist eine Thematik, für die uns keine verbindlichen Vorschriften bekannt sind. Diese Frage kann unserer Einschätzung nach nur auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung und unter Beteiligung der betrieblichen Arbeitsschutzakteure geklärt werden. 


Zu Klären wäre z. B. die Möglichkeit, die gehörlosen Beschäftigten mit Handys und Vibrationsalarm auszustatten. Dieses hätte den Vorteil, dass Alarmierungen mittels SMS möglich wären.


Es empfiehlt sich, die Thematik im Arbeitsschutzausschuss zu erörtern und zu klären. Ggf. sollte externer Sachverstand, z.B. des zuständigen Integrationsamtes hinzugezogen werden.


Hinweis:

Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.