Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Darf mich der Arbeitgeber bei einer Schwangerschaft weiter beschäftigen, bis die Ergebnisse bezüglich Immunität vorliegen?

KomNet Dialog 15479

Stand: 14.08.2018

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

Favorit

Frage:

Ich bin in der 11. Woche schwanger und ich arbeite in einem Mutter-Kind-Wohnheim mit Kindern unter 3 Jahren. In meiner vorherigen Schwangerschaft bestand keine Immunität gegen Cytomegalie. Nun war ich erst wegen Blutungen krank geschrieben und dann war der Betriebsarzt lange in Urlaub, so dass lange keine Blutuntersuchung stattfinden konnte. Diese hat jetzt stattgefunden, allerdings wird weiter von mit erwartet, dass ich mich von meinem Gynäkologen krank schreiben lasse, oder das ich arbeiten gehe bis die Ergebnisse da sind. Ist das so rechtens? Darf bzw. muss ich arbeiten gehen bis mein Immunstatus geklärt ist? Und wenn nicht, muss ich mich weiter krank schreiben lassen oder muss ich von der Arbeit freigestellt werden bis die Ergebnisse vorliegen.

Antwort:

Das Zytomegalievirus ist ein DNA-Virus, das zur Gruppe der Herpesviren gehört. Es gelangt über Schleimhautkontakte mit Körperflüssigkeiten wie Urin, Speichel und Blut in den Körper.


Weil das Virus sehr zellgebunden ist, muss es im Allgemeinen für eine Übertragung zu einer massiven Exposition kommen. Da eine Schutzimpfung zurzeit nicht möglich ist, müssen alle werdenden Mütter besonders intensiv zu den Übertragungswegen und den sich daraus ergebenden Hygienemaßnahmen beraten werden.


Für schwangere Erzieherinnen ohne CMV-Immunität ist nicht jeglicher Kontakt zu Kindern unter 3 Jahren verboten. Eine Infektionsgefährdung besteht bei Tätigkeiten mit regelmäßigem (täglich mehrere Stunden) Kontakt zu kindlichen Körperflüssigkeiten wie Tränen, Urin und Speichel. So bergen z. B. das Streichen über die Haare, Vorlesen, in den Arm nehmen oder Spielen keine über das normale Lebensrisiko hinausgehende Infektionsgefahr.


Demzufolge dürfen Schwangere ohne CMV-Immunität unter Ausschluss der Tätigkeiten Wickeln, Waschen, Hilfestellung beim Toilettengang und Füttern in altersgemischten Kita-Gruppen eingesetzt werden.


Die Tätigkeiten wären zulässig, wenn alle im Gesundheitswesen üblichen effektiven Schutzmaßnahmen konsequent eingehalten würden. Das heißt, dass Schwangere bei allen Tätigkeiten, bei denen sie einen regelmäßigen Kontakt zu kindlichen Körperflüssigkeiten haben, konsequent Handschuhe, Schutzkittel u. Ä. tragen müssten (z. B. beim Wickeln, Hilfestellungen beim Toilettengang, Füttern etc.).


Solange eine Immunität gegen Zytomegalie nicht nachgewiesen ist, sind die v. g. Beschäftigungsverbote einzuhalten bzw. die entsprechenden (wenn möglich) Schutzmaßnahmen seitens des Arbeitgebers zu treffen.


Grundsätzliches:


Treffen auf ein Arbeitsverhältnis generelle Beschäftigungsverbote gemäß Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu, muss der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen in folgender Rangfolge veranlassen:

1. Umgestaltung des Arbeitsplatzes

2. Arbeitsplatzwechsel

3. Freistellung wegen eines Beschäftigungsverbotes unter Fortzahlung des Entgeltes.


Der Arbeitgeber ist darüber hinaus verpflichtet, die werdende oder stillende Mutter sowie die übrigen bei ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen samt Personal-/Betriebsrat (falls vorhanden) über das Ergebnis der o. g. Arbeitsplatzbeurteilung und die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen zu unterrichten (Unterrichtungspflicht).


Zur Unterscheidung zwischen Beschäftigungsverbot und Arbeitsunfähigkeit:


Treten bei einer Schwangerschaft gesundheitliche Beschwerden auf oder besteht eine gesundheitliche Gefährdung während der Schwangerschaft, muss grundsätzlich unterschieden werden, ob

- eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt (vom Arzt zu bescheinigen)

- ein generelles mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot einzuhalten ist (muss der Arbeitgeber stets von sich aus einhalten)

- ein individuelles ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 16 MuSchG) auszusprechen ist (vom Arzt zu bescheinigen).


Die Arbeitsunfähigkeit geht dabei dem Beschäftigungsverbot vor.


Bei einer Schwangerschaft können dabei immer Grenzfälle auftreten, in denen zu entscheiden ist, ob es sich um eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit handelt (die ein Beschäftigungsverbot ausschließt) oder ausschließlich die Voraussetzungen für ein individuelles Beschäftigungsverbot vorliegen. Die Ärztin/der Arzt muss hierbei eigenverantwortlich und sorgfältig entscheiden.


In Zweifelsfällen sollte die zuständige Aufsichtsbehörde/Arbeitsschutzbehörde zur Entscheidungsfindung hinzugezogen werden.


Auf die Informationen der Broschüre "Mutterschutz beim beruflichen Umgang mit Kindern" weisen wir abschließend hin.