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KomNet-Wissensdatenbank

Schimmelpilzbelastung: arbeitsmedizinische Untersuchungen, Grenzwerte, Beschäftigungsbeschränkungen

KomNet Dialog 1516

Stand: 14.12.2018

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Raumklima, Lüftung > Schimmelpilze

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Frage:

Mit großem Interesse habe ich Ihre bisherigen Antworten zur Problematik von Schimmelpilzen am Arbeitsplatz gelesen. Als Betriebsarzt interessiert mich nun weitergehend folgendes: In einem von mir betreutem Unternehmen gibt es einige Kellerräume mit erheblichem Schimmelpilzbefall. Derzeit sind noch einige Arbeitnehmer ganztags in diesen Räumen beschäftigt. Ein Gutachten erbrachte nun den Nachweis von zum Teil mehr als 700 KBE/Kubikmeter Luft von Penicillium spp. sowie mehr als 300 KBE aus der Aspergillus-Gruppe(versicolor und restrictus). Derzeit gibt es keine alternativen Räumlichkeiten für die betreffenden Arbeitnehmer. Frage 1: Inwieweit muß ich die Arbeitnehmer nun betriebsärztlcih regelmäßig untersuchen? Frage 2:Inwieweit gibt es Grenzwerte von KBE einer bestimmten Schimmelpilzart,bei deren Überschreiten sich eine Nutzung der Räumlichkeiten verbietet, bzw. nur zeitlich begrenzt zu erlauben ist. Inwieweit muß dann evtl.auch persönliche Schutzausrüstung getragen werden( z.B. Atemschutz). Frage 3: Gibt es zeitliche Vorgaben, innerhalb derer eine Sanierung der Räumlichkeiten zu erfolgen hat?

Antwort:

zu Frage 1:

Inwieweit muss ich die Arbeitnehmer nun betriebsärztlich untersuchen?

Bei einer Belastung der Raumluft mit Schimmelpilzsporen handelt es sich nicht um einen ungezielten Umgang im Sinne der Biostoffverordnung. Das bloße Vorhandensein eines Stoffes in der Raumluft, also ein passives Ausgesetztsein, fällt nicht unter den Begriff „Umgang“. Eine Untersuchungspflicht besteht daher nicht.


zu Frage 2:

Inwieweit gibt es Grenzwerte von KBE einer bestimmten Schimmelpilzart, bei deren Überschreiten sich eine Nutzung der Räumlichkeiten verbietet?

In Deutschland gibt es bis heute keine einheitlichen Beurteilungsmaßstäbe für Schimmelpilzkonzentrationen in der Raumluft, weder hinsichtlich der Gesamtzahl der Pilze, noch für einzelne Pilzkeimspezies.

Sie geben Messwerte für Penicillium und Aspergillus in KBE/m3 Luft an, von denen ich annehme, dass es sich um Messwerte der Raumluft handelt. Schimmelpilze, die in der Innenraumluft nachgewiesen werden, können zwei Quellen haben. Sie können entweder bei Lüftungsvorgängen aus der Außenluft in den Raum gelangt sein oder aus Quellen im Raum selbst stammen. Es ist daher erforderlich, bei Untersuchungen der Innenraumluft immer parallel vergleichende Messungen der Außenluft durchzuführen, zumal die erfassbare Schimmelpilzkonzentration starken Schwankungen unterworfen ist. Eine Bewertung der Messergebnisse ohne Kenntnis der Pilzkonzentration in der Außenluft ist leider nicht möglich.

Es gibt derzeit keine Grenzwerte von KBE einer bestimmten Schimmelpilzart, bei deren Überschreiten gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Es gibt zwar schon epidemiologische Studien über einen Zusammenhang zwischen Schimmelpilzexposition und Atemwegsbeschwerden, diese Daten wurden aber an stark belasteten Arbeitsplätzen (z.B. Kompostieranlagen) erhoben, derartig hohe Konzentrationen treten aber außerhalb dieser Arbeitsplätze nicht auf. Wissenschaftlich abgesicherte Aussagen über eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der Schimmelpilzexposition in Innenräumen und gesundheitlichen Beschwerden sind nicht möglich. Daher kann aus gemessenen Schimmelpilzkonzentrationen nicht unmittelbar auf gesundheitliche Wirkungen geschlossen werden. Eine unmittelbare Gefährdung gesunder Normalpersonen in belasteten Räumen ist nicht zu erwarten, anders ist das Risiko für Schimmelpilzallergiker, Immungeschwächte und Atopiker zu bewerten. Insofern ist jedes Mal eine Beurteilung des individuellen Risikos erforderlich.

Umfassende Informationen finden Sie im „Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen“, herausgegeben von der Innenraumlufthygienekommission des Umweltbundesamtes.


zu Frage 3:

Gibt es zeitliche Vorgaben, innerhalb derer eine Sanierung der Räumlichkeiten zu erfolgen hat?

Nein.

Grundsätzlich kann jedoch auf der Basis des Arbeitsstättenrechts mit dem Begriff „gesundheitlich zuträgliche Atemluft“ ein Sanierungserfordernis abgeleitet werden. Als Grundsatz kann gelten, dass die gesundheitlich zuträgliche Atemluft am Arbeitsplatz sich von der Belastung der Gesamtbevölkerung nicht unterscheiden sollte.