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Sind Arbeitszeiten von regelmäßig neun Stunden zulässig?

KomNet Dialog 14839

Stand: 09.01.2019

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > zulässige Arbeitszeitdauer

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Frage:

Ich bin Fillialassistentin im Einzelhandel, arbeite regelmäßig täglich 9,5 Stunden (9 Stunden Arbeit und 0,5 Stunden Pause), bei Inventurarbeiten oder Urlaubsvertretungen auch mehr. Meine wöchentliche Arbeitszeit beträgt laut Vertrag 37,5 Stunden pro Woche. Sind solche Stundenleistungen erlaubt?

Antwort:

Arbeitsschutzrechtlich begrenzt das Arbeitszeitgesetz – ArbZG die maximal zulässige werktägliche Höchstarbeitszeit der Beschäftigten, wobei Werktage die Wochentage Montag bis Samstag sind.

§ 3 ArbZG:

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Das bedeutet, dass der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, die vorgenannten Höchstarbeitszeiten einzuhalten. Das bedeutet aber auch, dass Arbeitszeiten bis zu 10 Stunden möglich sind, wenn im v.g. Ausgleichszeitraum der Durchschnitt von acht Stunden werktäglich nicht überschritten wird.

Da in vielen Branchen der Samstag kein regulärer Arbeitstag ist, kann dieser als Ausgleichstag für Mehrarbeit an den anderen Arbeitstagen herangezogen werden.

Es wäre dann an den anderen fünf Arbeitstagen täglich 96 Minuten Mehrarbeit zulässig, ohne dass der Arbeitgeber gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen würde.


Ruhepausen von mindestens 15 Minuten Dauer zählen nicht zur Arbeitszeit. Entsprechend Ihren Angaben beträgt Ihre tatsächliche Arbeitszeit 9 Stunden.

Bei einem entsprechenden Ausgleich auf durchschnittlich 8 Stunden wäre die Arbeitszeit nicht zu beanstanden.


Hinsichtlich der Ruhepausen ist anzumerken, dass das ArbZG bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten fordert.

Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden ist die Arbeitszeit durch eine mindestens 45 -minütige Pause zu unterbrechen.


Auf der Grundlage der v.g. Ausführungen sollten Sie die geleisteten Arbeitszeiten nochmals überprüfen.


Wenn tatsächlich ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz vorliegt, sollten Sie den Arbeitgeber, ggf. mit Unterstützung des Betriebsrates, auf die Thematik ansprechen und die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiten und Ruhepausen einfordern.

Wenn der Arbeitgeber Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz trotz Beschwerden der Beschäftigten nicht abstellt, können sich diese an die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden. Das Arbeitsschutzgesetz führt dazu unter § 17 "Rechte der Beschäftigten" aus:


(1) Die Beschäftigten sind berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. .. .. .

(2) Sind Beschäftigte auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Behörde wenden. Hierdurch dürfen dem Beschäftigten keine Nachteile entstehen. ... .. .

Ob Ihre Arbeitszeit der arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten Zeit entspricht, ist ein Sachverhalt, der  arbeitsrechtlich zu klären ist. Entsprechende Anfragen sollten direkt an Angehörige der rechtsberatenden Berufe (Fachanwalt für Arbeitsrecht) bzw. entsprechend autorisierte Stellen (z.B. Gewerkschaften, Verbände, etc.) gerichtet werden.


Mitglieder einer DGB-Gewerkschaft können die Beratungsleistungen der DGB Rechtsschutz GmbH in Anspruch nehmen. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie bei Ihrer Gewerkschaft.


Darüber hinaus weisen wir auf das ServiceCenter der Landesregierung Nordrhein-Westfalen sowie das Tarifregister NRW und auf das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hin.