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Wie ist die Schriftart "Candara" aus ergonomischer Sicht zu bewerten?

KomNet Dialog 13840

Stand: 01.03.2017

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Bildschirmarbeit > Softwareergonomie

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Frage:

Als Standardschriftart soll in einem von mir betreuten Unternehmen "Candara" Schriftgröße 11 eingeführt werden? Wie wird diese Schriftart (einschließlich der Ziffern) aus ergonomischer Sicht bewertet?

Antwort:

Nach dem Anhang der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) müssen die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen scharf, deutlich und ausreichend groß sein sowie einen angemessenen Zeichen- und Zeilenabstand haben.

Bei der Darstellung alphanumerischer Zeichen müssen Größe und Gestalt sowie die Abstände von Zeichen und Zeilen eine gute Lesbarkeit ermöglichen. Weitere Erläuterungen dazu und insbesondere zu Zeichengröße, Zeichengestalt und Abstände finden sich im Kapitel 7.2.1 "Bildschirm" der DGUV Information 215-410 (bisher: BGI 650) "Bildschirm- und Büroarbeitsplätze - Leitfaden für die Gestaltung" und im Kapitel 8.6 der DGUV Information 215-450 "Software-Ergonomie".

Bei Schrifttypen (Fonts) zählt im Grunde nur die relative Lesbarkeit, d.h. die relative Häufigkeit, mit der Buchstaben und Wörter in einem Font korrekt erkannt werden. Lesbarkeit kann eigentlich nur empirisch bewertet werde.

Gut für eine Bildschirmschrift ist, wenn sie wie Candara keine Serifen (Füßchen) bei den Buchstaben wie i oder l hat. Diese Details gehen nämlich bei kleineren Fonts im Pixelraster der Bildschirme verloren.

Bzgl. der Fontgröße ist darauf zu verweisen, dass diese immer unter der Mindestanforderung der Schriftgröße aus der Norm DIN EN ISO 9241-303 "Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Teil 303: Anforderungen an elektronische optische Anzeigen" betrachet werden sollte. Die erforderliche Fontgröße ist vom Betrachtungsabstand abhängig und dieser wiederum von der Bildschirmgröße bzw. von der Anordnung des Bildschirms auf dem Schreibtisch; siehe dazu die o.g. DGUV Information 215-410 (Kapitel 7.2.1).

Die technische Anforderung aus der DIN EN ISO 9241-303 lautet "20 bis 22 Bogenminuten Sehwinkel". Die Faustformel dafür ist "Betrachtungsabstand (mm) / 172" ergibt erforderliche Fontgröße für 20 Bogenminuten, "Betrachtungsabstand (mm) / 155" ergibt erforderliche Fontgröße für 22 Bogenminuten. Bei der Berechnung mit 500 mm Betrachtungsabstand ergeben sich erforderliche Fontgrößen von 2,94 bzw. 3,23 mm. In der Praxis sitzen die Benutzer aber oft bis zu 1000 mm weit weg, so dass eine etwas größere Zeichenhöhe erreicht werden sollte. 
Wobei die BGI 650 durchaus größere Zeichenhöhen in Abhängigkeit des Sehabstandes empfiehlt: "Gute Lesbarkeit ist gegeben, wenn ...... die Höhe der Großbuchstaben ohne Oberlänge (Zeichenhöhe) unter einem Sehwinkel zwischen 22 Bogenminuten und 31 Bogenminuten erscheint, d.h. auch bei einem Mindestsehabstand von 500 mm eine Höhe von 3,2 mm nicht unterschreitet," ..... "Ein Sehwinkel von 31 Bogenminuten (entsprechend einer Zeichenhöhe von 4,5 mm bei 500 mm Sehabstand) sollte nicht überschritten werden, weil sonst ein flüssiges Lesen sehr erschwert wird."

Die Messung der vorfindlichen Schriftgröße sollte über Auszählen der wirksamen Pixel auf dem Bildschirm, z.B. mit einem Pixeleditor geschehen. Betrachtet wird immer der Referenzbuchstabe "E". Die tatsächliche Fontgröße erhält man dann, indem man die Pixelanzahl mit der Größe eines Pixels (technische Daten des Monitors) multipliziert. Das Verfahren ist in der DIN EN ISO 9241-306 beschrieben.

Ggf. würde ein neuer Bildschirm damit u.U. auch eine andere Fontgröße erfordern. Auf keinen Fall sollte man sich auf die "Punkt"-Angaben verlassen, da diese nicht verlässlich angeben, wieviele optisch wirksame Pixel für die Darstellung des Buchstabenbildes verwendet werden.

Hinweis:
Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.

Normen können kostenpflichtig über den BEUTH Verlag bezogen werden.