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Gilt das Mutterschutzgesetz auch für schwangere Studentinnen im Rahmen von Praktika?

KomNet Dialog 12869

Stand: 31.05.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Sonstige Mutterschutzfragen

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Frage:

Ich bin im Moment in der 16. SSW und befinde mich im 6. Semester des Studiengangs Zahnmedizin. In einem Monat wird der sogenannte "Kons 1 Kurs" beginnen, hierbei muss man als Studentin unter der Aufsicht von Assistenzärzten Patienten eigenständig behandeln. Diese Patienten haben relativ einfach zu versorgende zahnmedizinische Erkrankungen (Karies, ...) und benötigen dementsprechend Füllungen/professionelle Zahnreinigung etc. Die Hygienemassnahmen des regulären Krankenhausbetriebes werden eingehalten. Aus persönlichen Gründen möchte ich diesen Kurs unbedingt absolvieren. Wenn ich richtig recherchiert habe, gilt das Mutterschutzgesetz nur für angestellte Zahnärzte/angestelltes zahnärztliches Personal. Wie sieht es mit Studentinnen aus? Kann ich auf eigenes Risiko an dem Kurs teilnehmen? Gibt es ein Formular, das ich unterschreiben kann, dass ich die Verantwortung hierfür übernehme?

Antwort:

Das Mutterschutzgesetz - MuSchG gilt auch für Studentinnen, soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder sie ein im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten.


Es gilt wie bei Arbeitnehmerinnen, dass bei Bekanntgabe der Schwangerschaft die erforderlichen Schutzmaßnahen zu treffen sind, die die Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ergeben haben. Relevant ist in Ihrem Fall, ob ein betriebliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden müsste, bspw. aufgrund dem Kontakt mit Biostoffen der Risikogruppe 2-4 nach § 3 Abs. 1 Biostoffverordnung.


Eine erhöhte Gefährdung durch Krankheitserreger besteht insbesondere bei direkten, ungeschützten Körperkontakten mit Blut und Körperflüssigkeiten wie Speichel und Aerosolen von Patienten. Eine Infektionsgefahr besteht daher insbesondere bei der Assistenz am Behandlungsstuhl sowie bei der Anfertigung und Bearbeitung von Abdrücken. Infektionsrisiken können durch das Tragen geeigneter persönlicher Schutzausrüstung, wie z. B. flüssigkeitsdichte Handschuhe, Schutzbrille, Kittel, Atemschutz minimiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Schutzwirkung von Schutzmaßnahmen beim Umgang mit stechenden, schneidenden, zerbrechlichen Geräten und Instrumenten aufgehoben werden kann.


Folgende Tätigkeiten dürfen von werdenden und stillenden Müttern nicht durchgeführt

werden:

  • Assistenz bei Operationen wie z. B. Parodontosebehandlung
  •  Entfernung von Zahnstein
  •  Abblasen, Bohren, Fräsen
  •  Aufräumen, Reinigen und Desinfizieren verunreinigter Instrumente
  •  Bearbeitung nicht desinfizierter Abdrücke


Die Gefährdungsbeurteilung wird daher in der Regel ergeben, dass eine Beschäftigung nicht möglich ist. Ein Beschäftigungsverbot ist zwar grundsätzlich das letzte Mittel, jedoch würde eine Umgestaltung oder Versetzung dem Sinn des Praktikums widersprechen.


Studenten und Studentinnen sind Mitglieder der gesetzlichen Unfallversicherung.

Eine Übersicht der für die Unfallversicherung relevanten Regeln und Informationen werden von der DGUV angeboten, beispielsweise:


- DGUV Information 213-039 "Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in Hochschulen"

- DGUV Information 213-026 "Sicherheit im chemischen Hochschulpraktikum"

- DGUV Information 202-008 "Unfallversicherung für Studierende"

- DGUV Information 202-073 "Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz an Hochschulen" .


Hinweise:

1. Sofern Sie sich grundsätzlich über den Mutterschutz näher informieren möchten, weisen wir auf die ausführlichen Informationen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW unter https://www.mags.nrw/mutterschutz hin.


2. Auf die Informationen des Merkblatts der Regierungspräsidien Baden-Württemberg "Werdende Mütter in Zahnarztpraxen" weisen wir ebenfalls hin. Das Merkblatt bezieht sich zwar noch auf das alte Mutterschutzgesetz, es kann aber bis zur Überarbeitung nach wie vor für vergleichbare Sachverhalte herangezogen werden.


3. Hochschulen haben eigene Arbeitsschutzabteilungen mit Arbeitsmedizinern und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Über die Internetseite der Hochschule kann in der Regel Kontakt mit der Arbeitsschutzabteilung aufgenommen werden.


4. Das Arbeitsschutzrecht - und dazu zählt auch das Mutterschutzrecht - ist öffentliches Recht. Ein entsprechendes Formular, dass Beschäftigte die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung übernehmen und den Arbeitgeber von seinen arbeitsschutzrechtlichen Pflichten entbinden, gibt es daher nicht.