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Muss bei einem Chlorgasflaschenwechsel eine zweite Person als Sicherung vorhanden sein?

KomNet Dialog 12747

Stand: 05.11.2015

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Gestaltung von Arbeitsplätzen > Einzelarbeitsplätze, Alleinarbeit

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Frage:

Die BGV D5 schreibt in § 12 (4) vor, dass das Auswechseln von Chlorbehältern nur unter Verwendung von Atemschutzgeräten erfolgen darf. Ein Mitarbeiter wies darauf hin, dass immer ein zweiter Mitarbeiter zur Überwachung der Arbeiten (Beobachter) außerhalb des Gefahrenbereichs erforderlich sei. Diese Forderung kann ich nicht nachvollziehen. Bitte teilen Sie mir mit, ob eine Gesetzesgrundlage dafür existiert, alternativ wäre auch die Information hilfreich, ob sich eine BG bereits Gedanken zur Gefährdungsbeurteilung gemacht hat. Allerding: gäbe es ein Risiko, dass außerhalb des "normalen" Lebensrisikos läge, hätte der Verordnungsgeber dieses bereits in der BGV D5 hinreichend abgesichert.

Antwort:

Ihre Frage betrifft im Kern das Thema Alleinarbeit, zumal Chlorgasräume sich erfahrungsgemäß zumeist abseits von anderen Arbeitsplätzen befinden.

In der Gefahrstoffverordnung - GefStoffV ist unter § 9 Abs. 7 eine Regelung für Tätigkeiten in Alleinarbeit getroffen:
Wenn Tätigkeiten mit Gefahrstoffen von einer oder einem Beschäftigten allein ausgeübt werden, hat der Arbeitgeber zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder eine angemessene Aufsicht zu gewährleisten. Dies kann auch durch den Einsatz technischer Mittel sichergestellt werden.

Alleinarbeit liegt nach den Unfallverhütungsvorschriften vor, wenn eine Person allein, außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen, Arbeiten ausführt.
Die DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" trifft dazu unter § 8 Abs. 2 folgende Regelung:

Wird eine gefährliche Arbeit von einer Person allein ausgeführt, so hat der Unternehmer über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu sorgen.

Gefährliche Arbeiten sind gemäß DGUV Regel 112-139 (bisher: BGR/GUV-R 139) "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen" solche, bei denen eine erhöhte oder kritische Gefährdung aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen sowie aus der Umgebung gegeben sein kann. Die Ermittlung der Gefährdung wird im Abschnitt 3.2.1 "Gefährdungsermittlung und Beurteilung der Arbeitsbedingungen" der DGUV Regel 112-139 näher beschrieben.

Eine abschließende Bewertung der Gefährdung beim Austausch der Chlorbehälter können wir von hier aus nicht vornehmen. Dieses hängt auch immer von den Begebenheiten vor Ort ab und muss im jeweiligen Einzelfall vor Ort mittels Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitgeber unter Beteiligung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes vorgenommen werden.

Das berufsgenossenschaftliche Vorschriften- und Regelwerk finden Sie über die Seiten der DGUV unter: www.dguv.de/publikationen .

Unabhängig vom abschließenden Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu empfehlen, zumindest organisatorische Maßnahmen zu treffen wie z. B. Kontrollgänge einer zweiten Person.
Dabei muss im Vorfeld auch geklärt werden, welche Möglichkeiten eine Kontrollperson hat und wie sie reagieren soll, wenn sie eine Gefahrensituation antrifft.
Sowohl die Person, die mit dem Behälterwechsel beauftragt ist wie auch die Kontrollperson müssen anhand der Betriebsanweisungen diesbezüglich unterwiesen werden.