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Wer muss die Konsequenzen tragen, wenn in einem Krankenhaus die Krankenschwestern gezwungenermaßen in Eigenregie eine Doppelschicht leisten müssen?

KomNet Dialog 12656

Stand: 11.01.2019

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > Schichtarbeit

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Frage:

Wer muss die Konsequenzen tragen, wenn in einem Krankenhaus die Krankenschwestern gezwungenermaßen in Eigenregie eine Doppelschicht leisten müssen, da bei Krankheit oder Ausfall einer Kollegin zu wenig Personal zur Verfügung steht? Zum einen geht es um die Gesundheit der Patienten (Entbindungsstation und Neugeborene), zum anderen um die Gesundheit und die Doppelbelastung der Krankenschwestern. Wie sind hier das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsschutzgesetz anzuwenden?

Antwort:

Arbeitsschutzrechtlich sind Regelungen zur Arbeitszeit, zu Ruhepausen und Ruhezeiten im Arbeitszeitgesetz - ArbZG getroffen. Nach dem ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG). 


Bei Bereitschaftsdiensten ist eine Verlängerung der Arbeitszeit über 8 bzw. 10 Stunden hinaus dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 7 ArbZG vorliegen und in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung entsprechende Regelungen für Bereitschaftsdienste getroffen sind. 


Wenn Mitarbeiter erkranken und deshalb ihren Dienst nicht antreten können, kann es sich um einen "außergewöhnlichen Fall" im Sinne von § 14 ArbZG handeln. In diesem Fall darf u. a. von den Bestimmungen zu Arbeits- und Ruhezeiten abgewichen werden, wenn

  • der Fall unanhängig vom Willen der Betroffenen eintritt (also nicht geplant wurde) und
  • die Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind.

Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber von dieser Regelung Gebrauch machen darf, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig.


Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber bei der Personalplanung bekannte oder erfahrungsgemäß auftretende Ausfalltage wie Urlaub oder auch Krankheitstage mit berücksichtigen muss (z.B. Einsatz von sogenannten Springern, die bei Bedarf auf mehreren Stationen tätig werden können).


Wenn im Einzelfall unvorhergesehen mehrere Beschäftigte ausfallen (z.B. weil mehrere gleichzeitig erkranken), dann kann ein "außergewöhnlicher Fall" im Sinne des § 14 ArbZG vorliegen. Der Arbeitgeber muss dann unverzüglich Maßnahmen treffen, um die Folgen des außergewöhnlichen Falls abzuwenden.


Zu empfehlen ist, dass die arbeitsschutzrechtlichen Folgen von Personalausfall im Arbeitsschutzausschuss erörtert und bereits dort festgelegt wird, wie auf personelle Engpässe umgehend reagiert wird. 

Ziel der Maßnahmen muss dabei sein, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung entsprechend § 1 ArbZG gewährleistet ist und auch die Patienten vor den Folgen von Arbeitsüberlastung  geschützt sind. 


Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung im Betrieb. Die Frage der Verantwortlichkeit für andere Folgen von Arbeitsüberlastung können wir von hier aus nicht bewerten. Die Klärung dieser Frage ist im Einzelfall entsprechenden Rechtsverfahren vorbehalten.