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Müssen die täglichen Anwesenheitszeiten der Beschäftigten erfasst werden?
KomNet Dialog 5271
Stand: 22.03.2023
Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > Rechts- und Auslegungsfragen, Sonstiges (8.1.8)
Frage:
In unserer Firma gibt es für gewerbliche Mitarbeiter eine feste Arbeitszeit. Die Erfassung der täglichen Anwesenheitszeiten erfolgt nicht. Laut § 17 (4) ArbZG kann die Aufsichtsbehörde vom Arbeitgeber verlangen, die Arbeitszeitnachweise vorzulegen. Heißt das, dass Anwesenheitszeiten erfasst werden müssen? Wie muss die Erfassung erfolgen? manuell, maschinell??
Antwort:
In den "Fragen und Antworten zur Arbeitszeiterfassung" auf der Seite des BMAS heißt es u.a. wie folgt:
"Was hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 13. September 2022 (BAG-1 ABR 22/21) beschlossen?
Das Bundesarbeitsgericht hat am 13. September 2022 verbindlich entschieden, dass auch in Deutschland die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist. Der Arbeitgeber ist nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) - unter Vornahme einer unionsrechtskonformen Auslegung - verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann (BAG - 1 ABR 22/21).
Dabei bezieht sich das BAG auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019, welches die Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie betraf. Nach der BAG-Entscheidung ist das Urteil des EuGH aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes bereits heute von den Arbeitgebern in Deutschland zu beachten.
Die Pflicht zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung beschränkt sich nicht darauf, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein solches System zur freigestellten Nutzung zur Verfügung stellt. Vielmehr ist der Arbeitgeber verpflichtet, von dem System tatsächlich Gebrauch zu machen.
Was genau muss ein Arbeitgeber erfassen?
Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation sind noch nicht getroffen worden. Aber: Um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten wirksam gewährleisten zu können, muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerin bzw. jedes Arbeitnehmers aufzeichnen.
Wie und wann muss die Arbeitszeit erfasst werden?
Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation sind noch nicht getroffen worden. Für die Aufzeichnung besteht derzeit keine Formvorschrift; sie kann auch handschriftlich erfolgen.
Wer kontrolliert die Arbeitszeiterfassung?
In erster Linie ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden; er ist verpflichtet, seinen Betrieb entsprechend zu organisieren.
Arbeitszeitgesetz und Arbeitsschutzgesetz sind zwar Bundesgesetze, die Überwachung der Bestimmungen der Gesetze ist jedoch Aufgabe der Bundesländer. Die Länder und die nach Landesrecht bestimmten Arbeitsschutzbehörden (z.B. die Gewerbeaufsichtsämter) sind auch für die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zuständig. Nur sie - und im Streitfall die Gerichte - können deshalb verbindliche Entscheidungen im Einzelfall treffen. Bei Verstößen können z.B. Nachbesserungen verlangt oder gegebenenfalls auch Bußgelder verhängt werden, deren Höhe im Einzelfall der Schwere des jeweiligen Rechtsverstoßes angepasst wird.
Die Art und Weise der Zeiterfassung wird in einem Unternehmen entweder individuell oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geregelt.