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Wie ist ein leichtentzündlicher Reiniger nach GefStoffV zu bewerten? Ist eine Ermittlung der Maßnahmenstufe erforderlich?

KomNet Dialog 4486

Stand: 10.01.2019

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Allgemeine Fragen zum Gefahrstoffrecht > Maßnahmenstufen / Handlungshilfen

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Frage:

In einer Kfz-Werkstatt wird ein leichtzündlicher Reiniger (R 11) im offenen Gebrauch zum Entfetten von Kfz-Teilen eingesetzt. Weitere Gefährlichkeitsmerkmale, wie z. B. reizend, die auf toxische Gefährdungen hinweisen, sind nicht angegeben. Wie ist bei einem solchen Gefahrstoff eine Bewertung nach GefStoffV vorzunehmen? Ist eine Zuordnung zu einer Maßnahmenstufe vorzunehmen bezüglich der Brand- und Explosionsgefahr oder gilt das abgestufte Konzept wirklich nur für die toxischen Gefährdungen und wo ist dazu der Hinweis in der GefStoffV, die ja nur in den §§ 10, 11 auf die entsprechenden "toxischen" Gefährlichkeitsmerkmale verweist? Ergänzung: Ist für Tätigkeiten mit entzündlichen Flüssigkeiten, die also physkalisch-chemische Gefährdungen beim Einsatz in sich bergen, die Maßnahmenstufe (und Auswahl der entsprechenden Schutzmaßnahmen) überhaupt zu ermitteln? Oder sind für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die zu physikalisch-chemischen Gefährdungen führen, "nur" die diesbezüglichen Ausführungen der GefStoffV zu beachten?

Antwort:

Grundlage für Arbeitsschutzmaßnahmen bei einer Tätigkeit mit Gefahrstoffen ist die Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung nach § 6 "Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung" der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Die mit dieser Tätigkeit verbundenen inhalativen, dermalen und physikalisch-chemischen Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammen zu führen (§ 6 Absatz 6 der GefStoffV).


Zur Unterstützung des Arbeitgebers enthält die Verordnung in Abschnitt 4 "Schutzmaßnahmen" unterschiedliche gefährdungsspezifische Schutzmaßnahmenpakete. Wichtige Bestandteile sind

1. das gestufte Schutzmaßnahmenkonzept nach den §§ 8 bis 10 der GefStoffV für chemisch-toxische Gefahren,

2. das Maßnahmenpaket gegen physikalisch-chemische Einwirkungen - insbeondere Brand- und Explosionsgefährdungen - nach § 11 in Verbindung mit Anhang 1 Nummer 1 der GefStoffV und nach § 12 sowie

3. das Maßnahmenpaket Betriebsstörungen, Unfälle, Notfälle nach § 13 der GefStoffV.


Die Ausrichtung des abgestuften Schutzmaßnahmenkonzepts auf die Vermeidung chemisch-toxischer Gefährdungen ist beipielsweie für den § 8 den Ausführungen von Absatz 13 des § 6 der GefSoffV zu entnehmen: Kriterien in § 6 Absatz 13, die "lediglich" die allgemeinen Schutzmaßnahmen erfordern, sind demnach:


"(13) Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung für bestimmte Tätigkeiten auf Grund

1. der dem Gefahrstoff zugeordneten Gefährlichkeitsmerkmale,

2. einer geringen verwendeten Stoffmenge,

3. einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition und

4. der Arbeitsbedingungen

insgesamt eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8 zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen keine weiteren Maßnahmen des Abschnitts 4 ergriffen werden."


Zum geschilderten Fall:

Vor der Aufnahme der Tätigkeit mit dem beschriebenen Reiniger ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, welche Gefährdungen von dem eingesetzten Gefahrstoff ausgehen können. Dabei sind sowohl Gesundheitsgefahren als auch physikalisch-chemische Gefährdungen zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Gesundheitsgefahren ist auf Basis der vorliegenden Informationen (es werden nach der Fragestellung keine Tätigkeiten mit als krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen durchgeführt) zunächst zu prüfen, ob die Maßnahmen der Maßnahmenstufen 1 (§ 8) und 2 (§ 9) ausreichen um die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass für die Tätigkeiten mit dem Reiniger die Kriterien des o. g. § 6 Absatz 13 der GefStoffV erfüllt sind, so reichen die allgemeinen Schutzmaßnahmen aus. Die physikalisch-chemischen Gefährdungen (vornehmlich Brand- und Explosionsschutz) sind davon unabhängig zu beurteilen. Die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) bleiben hiervon unberührt.


Hinweis:

Auf die Hilfestellungen des Einfachen Maßnahmenkonzepts Gefahrstoffe (EMKG) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie die interaktiven Informationen des Online-Portals "Gefahrstoffwissen" der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) weisen wir hin.