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Gibt es eine Rechtsgrundlage für harmlose Stoffe oder Gemische, in welcher vorgegeben wird, dass der Lieferant notwendigen Daten in Bezug zur Staubexplosion ermitteln und zur Verfügung stellen muss?

KomNet Dialog 43971

Stand: 10.07.2024

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Allgemeine Fragen zum Gefahrstoffrecht > Rechts- und Auslegungsfragen (5.)

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Frage:

Die GefStoffV gibt in § 6 vor, dass die Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber (bei der Verarbeitung eines Stoffes) zu erfolgen hat, der Lieferant jedoch, auf Anfrage, die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen muss (Gefahrstoff mittels SDB, sofern harmlos angefragte Informationen). Die GefStoffV regelt jedoch im Wesentlichen den Umgang mit Gefahrstoffen. Gibt es eine Rechtsgrundlage für harmlose Stoffe oder Gemische, in welcher vorgegeben wird, dass der Lieferant notwendigen Daten in Bezug zur Staubexplosion (z.B. Partikeldurchmesser, Mindestzündenergie, Staubexplosionsklasse, Zündtemperatur, UEG) ermitteln und zur Verfügung stellen muss? Grundsätzlich, unabhängig ob Gefahrstoff oder harmlos - sofern keine Daten in der Literatur zu den o.g. Parametern vorhanden sind - müssen diese von dem Lieferanten/Inverkehrbringer verpflichtend für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung beim weiterverarbeitenden Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden? Oder ist der Arbeitgeber welcher die Stoffe verarbeitet selbst für die Ermittlung der Daten zur Verwendung in seiner Gefährdungsbeurteilung verpflichtet?

Antwort:

„Sicherheitstechnische Kenngrößen für Stäube bzw. explosionsfähige Staub-Luft-Gemische sind quantitative Aussagen über Stoffeigenschaften, die für die Beurteilung von Explosionsgefahren maßgebend sind. Sicherheitstechnische Kenngrössen sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine physikalischen Konstanten. Sie hängen vom Bestimmungsverfahren ab und gelten meist nur für atmosphärische Umgebungsbedingungen.

Explosionskenngrößen von Stäuben hängen von der Beschaffenheit der jeweiligen Staubprobe ab. Wichtige, das Brenn- und Explosionsverhalten beeinflussende Parameter sind Korngröße, Reinheit und Feuchte“.

Die BG RCI zählt die für einen Staubexplosionsschutz relevanten sicherheitstechnischen Kenngrößen hier auf. 

Brennbare Stäube, die explosionsfähige Staub-Luft-Gemische bilden können, sind Gefahrstoffe nach § 2 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).


Im § 6 (Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung) der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) steht in den Absätzen 2 und 3:


(2) Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen beim Lieferanten oder aus anderen, ihm mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Quellen zu beschaffen. Insbesondere hat der Arbeitgeber die Informationen zu beachten, die ihm nach Titel IV der Verordnung (EG)Nr. 1907/2006 (Reach-Verordnung) zur Verfügung gestellt werden; dazu gehören Sicherheitsdatenblätter und die Informationen zu Stoffen oder Gemischen, für die kein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen ist. Sofern die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 keine Informationspflicht vorsieht, hat der Lieferant dem Arbeitgeber auf Anfrage die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen über die Gefahrstoffe zur Verfügung zu stellen.

(3) Stoffe und Gemische, die nicht von einem Lieferanten nach § 4 Absatz 1 eingestuft und gekennzeichnet worden sind, beispielsweise innerbetrieblich hergestellte Stoffe oder Gemische, hat der Arbeitgeber selbst einzustufen. Zumindest aber hat er die von den Stoffen oder Gemischen ausgehenden Gefährdungen der Beschäftigten zu ermitteln; dies gilt auch für Gefahrstoffe nach § 2 Absatz 1 Nummer 4.


In der TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung wird der Begriff -Gefahrstoffe- (Abschnitt 5.2) und die Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Informationsgewinnung ausführlicher erläutert. Im dortigen Abschnitt 6.5.1 Physikalische Gefährdungen, Explosionsfähige Gemische steht:


(3) Sicherheitstechnische Kenngrößen, die für die Bewertung explosionsfähiger Gemische gemäß Absatz 2 benötigt werden, wie z. B. Explosionsgrenzen, Sauerstoffgrenz­konzentration, Zündenergien, Zündtemperaturen und Explosionsdrücke hängen von der Zusammensetzung und den Betriebsbedingungen (insbesondere von Temperatur und Druck) ab und müssen daher individuell beschafft und bewertet werden, um die Schutzmaßnahmen entsprechend festzulegen.


Laut der Verordnung (EU) 2020/878 vom 18. Juni 2020 zur Änderung des Anhangs II der REACH-Verordnung (VO (EG) Nr. 1907/2006) muss im Sicherheitsdatenblatt auf die Staubexplosionsgefahr hingewiesen werden, siehe Anhang II Kapitel 2.3 der Reach-Verordnung.

Dort steht u.a.:


„Im Fall von Staubexplosionsgefahr ist der Hinweis „Kann bei Dispersion ein explosionsfähiges Staub-Luft-Gemisch bilden“ angebracht.“

 

In Anhang II der REACH-VO

Für die Reach-Registrierung ab 1 Tonne pro Jahr (t/y) sind folgende Informationen (Anhang VII der REACH-Verordnung) erforderlich:

Flammpunkt

Entzündlichkeit

Explosionsfähigkeit

Selbstentzündungstemperatur

Oxidierende Eigenschaften

Granulometrie (falls zutreffend)


Ab 10 t/y muss der Lieferant/Hersteller eine Risikobetrachtung der Tätigkeiten im Stoffsicherheitsbericht durchführen. Dazu gehört auch die Risikobetrachtung "Staubexplosivität beim Zerkleinern oder Zermahlen", wenn diese Tätigkeit dem Lieferant/Hersteller vorher auch mitgeteilt wurde. Wenn ihm diese nicht mitgeteilt wurde, muss der Marktakteur eine eigene Bewertung der Tätigkeit „Zerkleinern/Zermahlen“ durchführen.


Hinweis:

Der Stoff oder das Gemisch wird in der physikalischen Form geprüft, in der er/es vorliegt. Wenn z. B. zu Lieferungs- oder Transportzwecken eine Chemikalie in einer anderen physikalischen Form vorliegt als in der geprüften und in einem solchen Fall davon auszugehen ist, dass bei einer Einstufungsprüfung die Ergebnisse wahrscheinlich wesentlich abweichen werden, muss der Stoff auch in der neuen Form geprüft werden.

 

Siehe auch:

IFA - Gefahrstoffdatenbanken: GESTIS-STAUB-EX (dguv.de)

Explosionsschutz - BG RCI