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Wird ein Gerät ohne jegliche Antriebe, jedoch mit beweglichen Achsen, die mit menschlicher Kraft frei verschoben werden können, auch als Maschine gemäß Maschinenrichtlinie 2006/42/EG eingestuft?

KomNet Dialog 43953

Stand: 22.05.2024

Kategorie: Sichere Produkte > Rechts- und Auslegungsfragen (2.) > Fragen zur Maschinenverordnung und MaschRL

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Frage:

Wird ein Gerät ohne jegliche Antriebe, jedoch mit beweglichen Achsen, die mit menschlicher Kraft frei verschoben werden können, auch als Maschine gemäß Maschinenrichtlinie 2006/42/EG eingestuft? Das betreffende Gerät hat 2 horizontale und eine vertikal bewegliche Achse. Die vertikale Achse wird durch ein Gegengewicht (ca. 5 kg) über eine Umlenkrolle mittels Drahtseil im Schwebezustand gehalten. Alle drei Achsen können mittels elektropneumatischer Ventile und damit verbundenen Luftlagern geklemmt werden. Die Luftlager dienen als Klemmbacken, der Hub beträgt dann wenige Mikrometer.

Antwort:

Die Definition einer Maschine ist insbesondere die nach § 2 Nr. 2 a) der 9. ProdSV (bzw. Art. 2 a) der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG):

  • eine Gesamtheit aus mehreren Teilen,
  • davon mind. eine beweglich und
  • es hat eine bestimmte Anwendung
  • Antriebssystem, ein anderes Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft

Im Kern geht es bei vielen Diskussionen zur Frage, ob ein Produkt eine Maschine darstellt, häufig um die Interpretation des Antriebssystems. Hier kann z. B. alleine das Freisetzen der Energie einer Feder als Antriebssystem definiert werden. Aus der Fragestellung ist jedoch zu entnehmen, dass dieses nicht vorhanden ist. Es wird anscheinend keine gespeicherte Energie freigegeben. Ein horizontales Weiterrollen wird hier nicht als freigegebene und gespeicherte Energie verstanden. Deswegen ist ein Pedelec beispielsweise als Maschine anzusehen – und ein Fahrrad ohne Motor nicht.

In der Fragestellung ist jedoch auch von einer vertikalen Achse und Beweglichkeit gesprochen. Daher ist hier noch § 2 Nr. 2 e) der 9. ProdSV (bzw. Art. 2 a) der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG) zu berücksichtigen:

„eine Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines beziehungsweise eine beweglich ist und die für Hebevorgänge zusammengefügt sind und deren einzige Antriebsquelle die unmittelbar eingesetzte menschliche Kraft ist.“

Bei Hebevorgängen reicht somit auch eine unmittelbare menschliche Kraft aus. Sollte bei dem dargestellten Produkt somit (auch) Hebevorgänge möglich sein, würde dies zu einer Einstufung als Maschine führen.