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Darf ein Kollege, der sich gerade in einer Geschlechtsumwandlung befindet, die Damensanitärräume benutzen oder muss er die Männersanitärräume benutzen?

KomNet Dialog 43482

Stand: 02.03.2021

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Vielfältige Belegschaften / Diversity

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Frage:

In unserem Unternehmen arbeitet ein Kollege, der sich gerade in einer Geschlechtsumwandlung befindet. Insgesamt hat er ein frauliches Aussehen, Allerdings hat die OP zur vollständigen Umwandlung vom Mann zur Frau noch nicht stattgefunden. Er/sie benutzt die Damenumkleide und natürlich auch die Damentoilette und die Dusche. davon sind meine Kolleginnen etwas irritiert und fragen mich nun, ob das so richtig ist. Meine Frage an Sie ist nun genauso. Darf er die Damensanitärräume benutzen oder muss er die Männersanitärräume benutzen. Leider habe ich im Internet nichts dazu gefunden und hoffe, dass Sie die Frage beantworten können oder Hinweise geben, wo ich Aussagen dazu finden könnte. Vielen Dank im voraus.

Antwort:

Der*die Kolleg*in sollte die Sanitärräume benutzen dürfen, die seiner*ihrer Identität entsprechen.

Es ist nicht selten, dass eine Person, die bisher geschlechtsspezifische Sanitärräume genutzt hat, „plötzlich“ andere nutzt. Das kann damit zusammenhängen, dass es sich für sie*ihn aufgrund der Geschlechtsidentität mittlerweile stimmiger anfühlt, diese Toilette zu benutzen oder dass sich eine Person nach ihrem Coming-out als trans* nun traut, auf die für sie passende Toilette zu gehen.


Diese Entscheidung sollte von den Vorgesetzten unterstützt werden und dies auch klar an die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommuniziert werden.

Die betreffende Person sollte selbstverständlich und ohne Diskriminierungserfahrungen die für sie passenden Sanitärräume nutzen können. Diese Wahl sollte nicht in Frage gestellt werden und diesbezüglichen Diskriminierungen klar entgegengetreten werden.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll vor Diskriminierung, insbesondere am Arbeitsplatz schützen. Transspezifische Diskriminierungen fallen unter „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts“ und sind laut AGG verboten. Dazu zählt unter anderem auch die Verweigerung des Zugangs zu der Geschlechtsidentität angemessenen Toiletten.


Es kann auch eine gute Option sein, gerade für größere Betriebe, die dies einfach umsetzen können, eine „Toilette für alle“ einzurichten ohne geschlechterspezifische Beschilderung.


Generell ist es immer ratsam, das Gespräch zu suchen und in den Dialog zu treten, um Unsicherheiten und Barrieren abzubauen. Viele Menschen haben sich noch nicht mit dem Thema Trans* beschäftigt und es kann diesbezüglich Verunsicherung und Unverständnis geben.

Hier kann es ratsam sein, Schulungen zum Thema geschlechtliche Vielfalt anzubieten. Falls Sie von Mitarbeiter*innen wissen, dass sie trans* sind, sollten solche Vorhaben stets vorab mit diesen Mitarbeiter*innen besprochen werden.


Empfehlenswert ist die Broschüre „TRANS* AM ARBEITSPLATZ Anregungen für ein respektvolles Miteinander“ der Landeskoordination Trans* NRW , die Sie hier finden: https://ngvt.nrw/website/wp-content/uploads/2020/05/Trans_am_Arbeitsplatz_2020.pdf


Hier ein Ihre Anfrage betreffender Auszug:


„GESCHLECHTERINKLUSIVE TOILETTEN

Trans* Menschen müssen oft abwägen, welche Toilette sie benutzen, aus Sorge, sie könnten wegen falscher Geschlechtszuschreibung angegriffen und gegebenenfalls von der Toilette verwiesen werden. Als Führungskraft können Sie dazu beitragen, dass der Toilettengang für trans* Mitarbeiter*innen so selbstverständlich wird wie für cis Beschäftigte auch. Bei manchen Menschen stößt die Toilettenfrage auf Abwehr. Hören Sie ihren Mitarbeiter*innen zu, versuchen Sie die Diskussion jedoch sachlich zu halten. Letztendlich geht es um ein alltägliches Bedürfnis aller Menschen, das z. B. in der Deutschen Bahn auch von allen am gleichen Ort verrichtet wird. Machen Sie Ihren Mitarbeiter*innen klar, dass diskriminierende Äußerungen jeglicher Art nicht geduldet werden und dass es in der alleinigen Entscheidung der trans* Person liegt, welche Toilette sie nutzt.

Zusätzlich ist es sehr wünschenswert, dass es auch eine Toilette für Menschen gibt, die sich außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit verorten. Stehen ausschließlich zweigeschlechtlich organisierte Toiletten zur Verfügung, müssen nicht-binäre Menschen sich bei jedem Toilettengang geschlechtlich falsch zuordnen und bekommen dadurch signalisiert, dass sie in ihrer Geschlechtlichkeit nicht erwünscht sind. Eine Lösung besteht darin, mindestens einen gut erreichbaren und zugänglichen Toilettenraum beispielsweise als „WC für alle“ oder „All-Gender-Toilette“ zu beschriften und damit für Menschen aller Geschlechter zu öffnen. Diese Toilette sollte zusätzlich rollstuhlgerecht sein, um für alle Menschen nutzbar zu sein. Besonders geeignet sind abschließbare Einzeltoiletten, die mit einer Sitztoilette, einem Urinal und einem Waschbecken ausgestattet sind.“