Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Ist ein Übergang von einem sicheren schwimmenden Ponton, gehalten zwischen Dalben, über eine an einer Dalbe befestigten Steigleiter auf ein Binnenschiff zulässig?

KomNet Dialog 43335

Stand: 13.03.2021

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplätze auf Fahrzeugen / Transportmitteln

Favorit

Frage:

Ist ein Übergang von einem sicheren schwimmenden Ponton, gehalten zwischen Dalben, über eine an einer Dalbe befestigten Steigleiter auf ein Binnenschiff zulässig? Ist es auch als erster Fluchtweg zulässig?

Antwort:

Die Beantwortung der Anfrage muss auf Grund der Komplexität in mehreren Einzelschritten erfolgen.


Frage 1: Ist ein Übergang von einem sicheren schwimmenden Ponton, gehalten zwischen Dalben, über eine an einer Dalbe befestigten Steigleiter auf ein Binnenschiff zulässig?


Vorab ist zu der o.g. Frage zwischen einem Neubau und einer bestehenden Anlage zu unterscheiden.


Für Neubauten ist eine Treppe bei der Planung zu ermöglichen. (ArbStättV § 3a i.V.m. ASR A1.8 und DGUV Information 208-032, sowie DIN EN 14329 Kapitel 4.1). Dies resultiert aus der höheren Absturzgefahr und der erhöhten körperlichen Anstrengung bei Steigleitern gegenüber einer Treppe. Eine Treppe ist aus diesem Grund immer einer Leiter vorzuziehen.


Für bestehende Anlagen ist vom Arbeitgeber anhand der Gefährdungsbeurteilung laut § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) folgendes zu überprüfen und zu bewerten:

a)     Ist ein nachträglicher Neu-/Anbau einer Treppe betriebstechnisch möglich?

b)     Ist der nachträglicher Neu-/Anbau einer Treppe verhältnismäßig?

c)     Wie häufig wird die Steigleiter als Verkehrsweg genutzt? 

d)     Wer nutzt i.d.R. die Steigleiter, und sind diese Personen unterwiesen?

i)       eine „ungeübte Person“ wie, z.B. eine betriebsfremde Privatperson,

ii)      eine „wenig geübte Person“, wie z.B. ein Binnenschiffer, der etwas Erfahrung mit Steigleitern hat

iii)    eine „geübte Person“, wie z.B. ein Schornsteinbauer oder spezialisierte Monteure.

e)     Ist auf der Steigleiter der Transport und die sichere Übergabe von Proviant/Gepäck/Werkzeug und Material gewährleistet?

f)      Ist der Übergang vom Binnenschiff zur Steigleiter parallel oder im rechten Winkel angeordnet? Bei einem rechten Winkel ist -aufgrund des 90° Positionswechsels und dem Abstand von Schiff zur Steigleiter von max. 30 cm- ein seitlicher Überstieg notwendig, der eine zusätzlich Gefährdung birgt und damit die schlechteste Variante darstellt.

g)     Können Personen über die Steigleiter gerettet und geborgen werden?


Das Ergebnis ist in der Gefährdungsbeurteilung festzuhalten. Die Beschäftigten sind entsprechend der Festlegung des Betriebes regelmäßig zu unterweisen.


Frage 2: Ist die oben beschriebene Steigleiter auch als erster Fluchtweg zulässig?


Laut ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ Kapitel 4 (6) sind Steigleitern im Verlauf eines ersten Fluchtweges nicht zulässig. Im Verlauf eines zweiten Fluchtweges sind sie nur dann zulässig, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lassen.


Es kann von dieser Regel abgewichen werden, solange der Arbeitgeber überzeugend nachweisen kann, dass durch die von ihm alternativ getroffene Maßnahme mindestens das gleiche Schutzziel wie in der o.g. Regel erreicht wird. Der Aufwand einer rechtssicheren abweichenden Regelung ist hoch.


Dies bedeutet, dass die Steigleiter in der Gefährdungsbeurteilung nur als zweiter Fluchtweg bewertet werden kann. I.d.R. ist der erste Fluchtweg anderweitig sicherzustellen. Z.B. durch ein Arbeits-, Bei- und Rettungsboot, das den Vorgaben der DIN EN 1914 zu entsprechen hat. Die Ausrüstungspflicht des Rettungsbootes ist in der Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) und der Binnenschiffsuntersuchungsordnung (BinSchUO) festgelegt.

Für Binnenschiffe mit Gefahrgut sind Steigleitern als Fluchtwege grundsätzlich nicht zugelassen. Es gelten die Vorgaben aus dem ADN 7.1.4.77 und die CIPA Regel Nr. 24.


Im Einzelfall wenden Sie sich bei Fragen auch an die zuständige Arbeitsschutzbehörde.