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Gibt es eine Vorschrift zur Höhe des Fenstergriffes in einem Gebäude mit Büronutzung?

KomNet Dialog 42265

Stand: 20.04.2018

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Türen, Tore, Fenster

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Frage:

Gibt es eine Vorschrift zur Höhe des Fenstergriffes in einem Gebäude mit Büronutzung? Muss inbesondere für behinderte Nutzer eine maximale Höhe eingehalten werden? Entfällt eine mögliche Anforderung, wenn die Öffnung des Fensters ausschließlich Komfortzwecken dient?

Antwort:

Grundsätzlich sind hier zwei verschiedene Rechtsbereiche zu betrachten, zum einen das Baurecht der Länder und zum anderen die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht. Zu Fragen des Baurecht bieten wir keine Beratung an. Hierzu wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Baubehörde.


Aus dem Arbeitsschutzrecht gilt folgendes:


Unter der Nummer 1.6 Fenster, Oberlichter des Anhangs der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist folgendes nachzulesen:


"(1) Fenster, Oberlichter und Lüftungsvorrichtungen müssen sich von den Beschäftigten sicher öffnen, schließen, verstellen und arretieren lassen. Sie dürfen nicht so angeordnet sein, dass sie in geöffnetem Zustand eine Gefahr für die Beschäftigten darstellen.

(2) Fenster und Oberlichter müssen so ausgewählt oder ausgerüstet und eingebaut sein, dass sie ohne Gefährdung der Ausführenden und anderer Personen gereinigt werden können."


Konkretisiert werden die Anforderungen der ArbStättV in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), hier insbesondere die ASR A1.6 Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände und die ASR V3a.2 Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten.


Nach Punkt 4 der ASR A1.6 gilt, dass grundsätzlich in Arbeitsstätten nur Fenster, Dachoberlichter und lichtdurchlässige Wände verwendet werden dürfen, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheitsanforderungen den europäischen und nationalen Vorschriften (z. B. Produktrecht) entsprechen, die für die Verwendung in der Arbeitsstätte geeignet sind und sicher betrieben werden können.

Die Einbausituation und das Betreiben von Fenstern, Dachoberlichtern und lichtdurchlässigen Wänden stellen Anforderungen an die Nutzungssicherheit, die auch die Beschaffenheit von Fenstern betreffen kann. Daher ist beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätte über die EG-Konformitätsbewertung hinaus die Eignung und Verwendbarkeit von Fenstern für die vorgesehene Nutzung zu prüfen und ggf. die erforderlichen baulichen Maßnahmen und Veränderungen am Einbauort vorzunehmen (wenn z. B. durch Einrichtungsgegenstände neue Gefahrenstellen entstehen).


Informationen zu Griffen finden sich unter dem Punkt 4.1.1 Absatz 5. Dort ist folgendes nachzulesen:


"(5) Von Griffen, Hebeln und Schlössern dürfen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Gefährdungen für die Beschäftigten ausgehen. Das wird beispielsweise erreicht, wenn:

- Griffe und Hebel gerundet und in jeder Stellung eines Flügels mindestens 25 mm zu feststehenden Teilen des Fensters oder der Fensterlaibung angeordnet sind,

- Hebel für Panikbeschläge seitlich drehbar oder als Wippe ausgebildet sind,

- Hebel für Kippfenster zurückversetzt in der Fensternische angeordnet sind oder

- Griffe und Hebel von einem sicheren Standort betätigt werden können."


In der ASR V3a.2 finden sich noch folgende ergänzende Anforderungen für die Barrierefreie Gestaltung von Griffen an Fenstern in Arbeitsstätten:


"(3) Bedienelemente von Fenstern und Oberlichtern (z. B. Griffe oder Kurbeln bei Handbetätigung und Taster oder Schalter bei Kraftbetätigung), die von Beschäftigten mit Behinderungen benutzt werden müssen, sind je nach Auswirkung der Behinderung gemäß den Absätzen 4 bis 7 wahrnehmbar, erkennbar, erreichbar und nutzbar zu gestalten.


(4) Wahrnehmbarkeit und Erkennbarkeit der Funktion der Bedienelemente sind gegeben, wenn sie für Beschäftigte mit Sehbehinderung visuell kontrastierend und für blinde Beschäftigte taktil erfassbar gestaltet sind.


(5) Erreichbarkeit der Bedienelemente ist gegeben, wenn für kleinwüchsige Beschäftigte, für Beschäftigte, die einen Rollstuhl benutzen und für Beschäftigte deren Hand-/Arm-Motorik eingeschränkt ist, Bedienelemente in einer Höhe von 0,85 bis 1,05 m angeordnet sind. Für Beschäftigte, die einen Rollstuhl benutzen, müssen Bedienelemente so angeordnet sein, dass bei seitlicher Anfahrbarkeit ein Gang mit einer Breite von mindestens 0,90 m vorhanden ist (Abb. 1).

Hinweis:

Die Erreichbarkeit der Bedienelemente darf durch Einbauten (z. B. Heizkörper, Fensterbänke) nicht eingeschränkt werden.


(6) Nutzbarkeit der Bedienelemente für handbetätigte Fenster und Oberlichter:


- Für die Nutzbarkeit von Bedienelementen von handbetätigten Fenstern und Oberlichtern soll für Beschäftigte mit Einschränkungen der Hand-/Arm-Motorik die Kraftübertragung durch Formschluss zwischen Hand und Bedienelement unterstützt werden. Kombinierte Bewegungen, z. B. gleichzeitiges Drehen und Ziehen, sollen vermieden werden bzw. in Einzelbewegungen ausführbar sein.

- Für Beschäftigte mit Einschränkungen der Hand-/Arm-Motorik sowie für Beschäftigte, die eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl benutzen darf der maximale Kraftaufwand für das Öffnen oder Schließen von handbetätigten Fenstern oder Oberlichtern nicht mehr als 30 N betragen. Das maximale Drehmoment für handbetätigte Beschläge darf nicht größer als 5 Nm sein. Können die Maximalwerte für Kraft oder Drehmoment nicht eingehalten werden, sind alternative Maßnahmen, z. B. Griffverlängerungen oder kraftbetätigte Fenster und Oberlichter, vorzusehen.

...

(8) Sofern die Maßnahmen nach den Absätzen 4 bis 7 nicht geeignet sind, die Bedienelemente von Fenstern und Oberlichtern zu benutzen, sollen Fernsteuerungen (z. B. Fernbedienungen) eingesetzt werden.

..."


Angaben zur Höhe von Fenstergriffen werden in den Arbeitsschutzvorschriften nur in der ASR V3a.2 getroffen. Der Arbeitgeber hat die Höhe der Fenstergriffe im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich zu beurteilen. Hierbei kann er sich durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin/ den Betriebsarzt unterstützen lassen. Die in den genannten Vorschriften getroffenen Regelungen sind immer umzusetzen, auch wenn die Öffnung des Fensters nur zu Komfortzwecken dient.