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Muss ich vor der Verlängerung meines Arbeitsvertrages meinen Arbeitgeber über meine Schwangerschaft in Kenntnis setzen?
KomNet Dialog 23554
Stand: 05.07.2019
Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Mitteilung der Schwangerschaft
Frage:
Ich bin als Tierärztin in der medizinischen Forschung tätig. Mein Arbeitsvertrag ist bis Ende Juni befristet und soll demnächst verlängert werden. Nun bin ich unerwartet schwanger geworden und bin mir nicht sicher, ob ich den neuen Vertrag unterschreiben darf, ohne meinem Arbeitgeber von der Schwangerschaft zu berichten. Da meine Tätigkeit auch Bürotätigkeiten und Labortätigkeiten beinhaltet, bin ich mir auch nicht sicher, ob ich überhaupt ein Beschäftigungsverbot bekommen würde.
Antwort:
Nach § 15 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) sollen werdende Mütter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den Tag der mutmaßlichen Entbindung mitteilen. Hierbei handelt es sich um eine SOLL-Vorschrift, d. h. für Sie besteht kein gesetzlicher Zwang, die Schwangerschaft dem Arbeitgeber bekanntzugeben. Es ist immer eine freie Entscheidung jeder Schwangeren, ob und wann sie ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitteilt. Wenn Sie das nicht tun, verzichten Sie damit auf alle Vergünstigungen des Mutterschutzgesetzes. Die Schutzvorschriften und der Kündigungsschutz gelten erst nach der Bekanntgabe der Schwangerschaft.
Erfahrungsgemäß wird bei einer werdenden Mutter immer dann eine Ungewissheit über die berufliche Zukunft ausgelöst, wenn eine Schwangerschaft im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Änderung des Arbeitsvertrages besteht. Der Passus des § 15 Abs. 1 MuSchG wird dann mehr als Unsicherheitsfaktor für das Arbeitsverhältnis als für den Schutz des Kindes gesehen.
Tatsächlich können hier je nach Sichtweise mehrere Interessen im Konflikt stehen: Einerseits möchte der Arbeitgeber auch bei der Beschäftigung einer werdenden Mutter Planungssicherheit, andererseits möchte die werdende Mutter, dass das Arbeitsverhältnis so wie vorgesehen (geändert) fortgesetzt wird.
In der Rechtssprechung zu der Thematik haben daher die Arbeitsgerichte entschieden, dass eine Schwangerschaft grundsätzlich nicht zu einer Benachteiligung der werdenden Mutter am Arbeitsplatz, bei der Suche oder Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses führen darf. Die Möglichkeit einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages oder die Änderung einer Teilzeit in eine Vollzeitstelle darf der Arbeitgeber nicht mit Hinweis auf die Schwangerschaft verweigern.
Werden durch eine Schwangerschaft unmittelbar vom Arbeitgeber zu beachtende Beschäftigungverbote ausgelöst, kann sich für die Arbeitnehmerin eine Verpflichtung zur Mitteilung der Schwangerschaft aus ihrer Treuepflicht während des Bestehens des Arbeitverhältnisses ergeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber bei einer verspäteten Mitteilung eine Ersatzkraft nicht oder nur unter für den Arbeitgeber ungünstigeren Bedingungen organisieren kann.
In einem solchen Fall kann die Arbeitnehmerin sogar zu Ersatz des durch die verspätete Mitteilung ausgelösten Schadens verpflichtet werden. Eine Offenbarungspflicht besteht daher auch vor Vertragsabschluss, wenn aufgrund von Beschäftigungsverboten die vereinbarte Tätigkeit nicht ausgeführt werden kann.
Im Zweifelsfall sollten Sie sich in der Angelegenheit fachanwaltlich (Arbeitsrecht) beraten lassen.