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Muss ein Erste Hilfe Raum unbedingt ebenerdig sein und muss er mit einem Waschbecken ausgestattet sein? Kann er mit einem Kopierraum kombiniert werden?

KomNet Dialog 22745

Stand: 20.10.2023

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Gestaltung von Arbeitsplätzen > Schulen, Kindergärten

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Frage:

Wir planen Umbau-Arbeiten in einer Grundschule. Der Erste Hilfe Raum ist aktuell im 1. Obergeschoss untergebracht. Da die räumlichen Möglichkeiten begrenzt sind, soll dies auch so bleiben. Der Nutzer wünscht den Erste Hilfe Raum mit dem Kopierraum für das Kollegium zu kombinieren. Für uns ergeben sich folgende Fragen: Lt. DGUV Information 202-059 sollte der Erste-Hilfe Raum ebenerdig angeordnet sein. Gibt es hier weitere Vorschriften oder zählt diese "Ermessensregelung"? Lt. DGUV Information 202-059 sollte ferner ein Waschbecken in dem Erste Hilfe Raum angeordnet sein. Gibt es hier weitere Vorschriften oder zählt auch hier die "Ermessensregelung"? Ist die Kombination eines Erste Hilfe Raumes mit einem Kopierraum zulässig?

Antwort:

Die Anforderungen an einen Erste-Hilfe-Raum ergeben sich nicht nur aus der DGUV Information 202-059 "Erste Hilfe in Schulen", sondern auch aus Abschnitt 6 der ASR A4.3 "Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe".

Folgende baulichen Anforderungen ergeben sich aus Abschnitt 6.1 der ASR A4.3:

"(1) Erste-Hilfe-Räume und vergleichbare Einrichtungen sollen im Erdgeschoss liegen und müssen mit einer Krankentrage leicht zu erreichen sein. Erste-Hilfe-Container sind ebenerdig aufzustellen.

(2) Die Lage von Erste-Hilfe-Räumen bzw. des Aufstellungsortes vergleichbarer Einrichtungen sind so zu wählen, dass Gefährdungen oder Beeinträchtigungen, z. B. durch Lärm, Vibrationen, Stäube, Gase, Dämpfe, soweit wie möglich ausgeschlossen sind.

(3) In unmittelbarer Nähe von Erste-Hilfe-Räumen bzw. vergleichbaren Einrichtungen muss sich eine Toilette befinden.

(4) Erste-Hilfe-Räume und vergleichbare Einrichtungen müssen zur Aufnahme der erforderlichen Einrichtungen und Ausstattungen eine ausreichende Größe aufweisen:

-Erste-Hilfe-Räume mit mindestens 20 m² Grundfläche

-Erste-Hilfe-Container mit mindestens 12,5 m² Grundfläche

Zur Raumhöhe siehe ASR A1.2 „Raumabmessungen und Bewegungsflächen“.

(5) Im Zugangsbereich von Erste-Hilfe-Räumen und vergleichbaren Einrichtungen sind Stufen zu vermeiden. Höhenunterschiede sollen durch eine Rampe ausgeglichen werden. Der Zugang zu Erste-Hilfe-Räumen muss eine lichte Breite gemäß Punkt 5 der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht-und Rettungsplan“ aufweisen. Es muss sichergestellt sein, dass ein Zugang mit Krankentragen ungehindert möglich ist.

(6) Fußböden und Wände müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein (hinsichtlich Fußböden siehe ASR A1.5/1,2 „Fußböden“).

(7) Erste-Hilfe-Räume und vergleichbare Einrichtungen müssen ausreichend beleuchtet (siehe ASR A3.4 „Beleuchtung“) und ausreichend belüftet sein (siehe ASR A3.6 „Lüftung“).

(8) Die Raumtemperatur muss den Anforderungen der ASR A3.5 „Raumtemperatur“ entsprechen. Erste-Hilfe-Container müssen ausreichend isoliert sein und über einen Vorraum -mindestens aber über einen Windfang- verfügen.

(9) Erste-Hilfe-Räume und vergleichbare Einrichtungen sind mindestens mit einem Waschbecken mit fließend Kalt-und Warmwasser sowie mit Telefon oder einem vergleichbaren Kommunikationsmittel fest auszustatten.

(10) Der Sichtschutz gegen Einblick von außen ist zu gewährleisten."


Bezüglich Ihrer Anmerkung zu den "Ermessensregelungen" sei darauf hingewiesen, dass der in beiden Rechtsvorschriften verwendete Begriff "sollen" nicht bedeutet, dass man völlig frei im eigenen Ermessen eine andere Lösung wählen kann. Das in solchem Kontext verwendete "sollen" ist eher als "muss" zu verstehen, sofern nicht zwingende Gründe gegen die vorschriftenkonforme Umsetzung sprechen.


Vor dem Hintergrund, dass hilfebedürftige Personen ggf. mit einer Trage abtransportiert werden müssen und jeder Höhenunterschied den Transport erschwert bzw. im Vergleich mit dem ebenerdigen Transport mit vermeidbaren Risiken verbunden ist, müssen die Gründe für eine Anordnung des Erste-Hilfe-Raums im 1. OG sowohl schwerwiegend als auch nachvollziehbar sein. Die Anordnung sollte deshalb ggf. mit der zuständigen Aufsichtsbehörde und Unfallkasse NRW abgestimmt werden.


Hinsichtlich der Ausstattung des Erste-Hilfe-Raums mit einem Waschbecken lässt die die ASR A4.3 keinen Ermessensspielraum zu. Gemäß Abschnitt 6.1 Absatz 9 sind Erste-Hilfe-Räume mindestens mit einem Waschbecken mit fließend Kalt- und Warmwasser sowie mit Telefon oder einem vergleichbaren Kommunikationsmittel fest auszustatten.

Da Fotokopierräume in der Regel nicht mit fließendem Wasser ausgestattet sind und hier auch entgegen den Anforderungen von Absatz 2 in der Regel sowohl (Toner-)Stäube als auch Lärm auftreten, sind solche Räume als Erste-Hilfe-Räume eher ungeeignet.

Gegen die Zweitnutzung von Fotokopierräumen für Zwecke der Ersten-Hilfe sprechen weiterhin:

- schwer einzuhaltende Anforderungen hinsichtlich der Hygiene

- Störungen der ruhe- und hilfebedürftigen Person durch die Nutzer der Fotokopierer

- Einhaltung der Mindestgrundfläche nach Absatz 4 (zumal Fotokopierräume oft vollgestellt sind und somit der Transport mit einer Trage behindert wird)

Die Lage zur Toilette sowie die Anforderungen hinsichtlich Belüftung, Beleuchtung, Temperatur und Einsehbarkeit sind bei der Auswahl ebenfalls zu beachten.