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Muss man zur Bedienung von Freischneidern in der Grünpflege einen Lehrgang besuchen?

KomNet Dialog 21409

Stand: 13.06.2022

Kategorie: Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Benutzung von Arbeitsmitteln und Einrichtungen > Sichere Benutzung der Arbeitsmittel

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Frage:

Muss man zur Bedienung von Freischneidern in der Grünpflege einen Lehrgang besuchen, wenn man eine Ausbildung als Landwirt oder Gärtner hat?

Antwort:

Bei dem Freischneider handelt es sich um ein Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Somit sind die dort genannten Regelungen einzuhalten.


Nach §12 "Unterweisung und besondere Beauftragung von Beschäftigten" gilt:

"(1) Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über

1.vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung,

2.erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregelungen und

3.Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.

Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten vor Aufnahme der Verwendung von Arbeitsmitteln tätigkeitsbezogen anhand der Informationen nach Satz 1 zu unterweisen. Danach hat er in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, weitere Unterweisungen durchzuführen. Das Datum einer jeden Unterweisung und die Namen der Unterwiesenen hat er schriftlich festzuhalten.

(2) Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen eine schriftliche Betriebsanweisung für die Verwendung des Arbeitsmittels in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache an geeigneter Stelle zur Verfügung zu stellen. Satz 1 gilt nicht für Arbeitsmittel, für die keine Gebrauchsanleitung nach § 3 Absatz 4 des Produktsicherheitsgesetzes mitgeliefert werden muss. Anstelle einer Betriebsanweisung kann der Arbeitgeber auch eine bei der Bereitstellung des Arbeitsmittels auf dem Markt mitgelieferte Gebrauchsanleitung oder Betriebsanleitung zur Verfügung stellen, wenn diese Informationen enthalten, die einer Betriebsanweisung entsprechen. Die Betriebsanweisung ist bei sicherheitsrelevanten Änderungen der Arbeitsbedingungen zu aktualisieren und bei der regelmäßig wiederkehrenden Unterweisung nach § 12 des Arbeitsschutzgesetzes in Bezug zu nehmen.

(3) Ist die Verwendung von Arbeitsmitteln mit besonderen Gefährdungen verbunden, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass diese nur von hierzu beauftragten Beschäftigten verwendet werden."


Konkretisiert werden die Anforderungen der BetrSichV in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), hier insbesondere die TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung" und die TRBS 2111 "Mechanische Gefährdungen - Allgemeine Anforderungen –".

Unter der Nummer 4.6.3 der TRBS 2111 finden sich Informationen zum Festlegen des Benutzerkreises. Folgende Absätze möchten wir besonders hervorheben:

"(2) Der Arbeitgeber trägt dafür Sorge, dass Arbeitsmittel nur von Beschäftigten benutzt werden, die aufgrund ihrer Qualifikation und Eignung für die ihnen übertragenen Aufgaben befähigt sind. Beim Festlegen des Benutzerkreises sind Verantwortung und Kompetenzen der Beteiligten eindeutig zu definieren und schriftlich festzuhalten, z. B. die Erlaubnis, genau bestimmte Tätigkeiten durchzuführen, wie

– Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte mechanische Gefährdung besteht (z. B. Lasten anschlagen),

– besondere Betriebsarten wählen (z. B. Einrichtbetrieb),

– Maschinen einrichten, Störungen beseitigen, Alarm quittieren oder

– Freigeben eines Arbeitsmittels nach Einstell- oder Reinigungsarbeiten.

(3) Maßnahmen zur Qualifizierung von Beschäftigten sind geeignet, um mechanische Gefährdungen zu vermeiden. Sie können bei der Festlegung des Benutzerkreises verbindlich gestaltet werden. Dabei sind die theoretischen und fachlichen Inhalte der Schulungs- und Qualifikationsmaßnahmen so detailliert wie erforderlich festzulegen."


Unter der Nummer 5.3.1 wird näher auf die Qualifikation für Tätigkeiten mit einem Arbeitsmittel eingegangen:

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wird festgelegt, welche Qualifikation für Tätigkeiten mit einem Arbeitsmittel erforderlich ist, um mechanische Gefährdungen zu vermeiden, wie einschlägige Ausbildung, Erfahrungswissen, zusätzliche Qualifikation, Schulung oder Fortbildung ggf. mit Befähigungsnachweis, systematische Einarbeitung.

…"


Unter der Nummer 5.3.2 wird näher auf die Berechtigungen und Beauftragung zur Durchführung von sicherheitsrelevanten Tätigkeiten eingegangen:

"Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden Tätigkeiten identifiziert, bei deren Durchführung eine besondere mechanische Gefährdung für die handelnden Beschäftigten oder für Dritte entstehen kann. Die Gefährdung bei der Durchführung solcher Tätigkeiten wird reduziert durch die Vergabe von Berechtigungen oder die besondere schriftliche Beauftragung ausgewählter Mitarbeiter. Bei der Vergabe von Berechtigungen muss die Qualifikation und die Eignung berücksichtigt werden."


Weiterhin ist das berufsgenossenschaftliche Regelwerk zu beachten.

In der VSG 4.3 "Forsten" der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ist in § 1 Absatz 1 nachzulesen, dass der Unternehmer Versicherte mit gefährlichen Forstarbeiten nur beschäftigen darf, wenn festgestellt ist, dass keine körperlichen oder geistigen Mängel vorliegen, durch die sie sich selbst oder andere Versicherte besonderen Gefahren aussetzen.

 

In der Durchführungsanweisung zu § 1 kann nachgelesen werden, dass gefährliche Forstarbeiten insbesondere u. a. Arbeiten mit Motorsägen oder Freischneidegeräten sind.


Nach § 2 Absatz 1 gilt, dass Versicherte unter 18 Jahren nicht mit dem Bedienen von Motorsägen, Freischneidegeräten sowie mit Seilarbeiten beschäftigt werden dürfen.

 

In der DGUV Regel 114-610 "Branche Grün- und Landschaftspflege" findet sich unter der Nummer 3.7.5 noch Folgendes zu Freischneidearbeiten:

„Freischneider sind aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten aus der Grün- und Landschaftspflege nicht mehr wegzudenken. Insbesondere für kleine, schwer zugängliche Flächen werden Freischneider eingesetzt. Die mit hoher Geschwindigkeit rotierenden Werkzeuge stellen jedoch eine immer wieder unterschätzte Gefahr dar. Verletzungen an Augen und Beinen durch hochgeschleuderte Fremdkörper, insbesondere bei Nichtbeachtung der Gefahrenbereiche und Sicherheitsabstände sind regelmäßig die Folge.“


Der Arbeitgeber hat die Qualifikation der Beschäftigten, die mit Freischneidern arbeiten sollen, eigenverantwortlich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Hierbei kann er sich durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin/ den Betriebsarzt unterstützen lassen.

Ein Lehrgang wird in den v. g. Vorschriften nicht genannt. Die Beschäftigten sind jedoch entsprechend zu qualifizieren. Sollte der Arbeitgeber nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, muss er sicherstellen, dass diese den Beschäftigten fachkundig vermittelt werden. Dies kann beispielsweise über einen Lehrgang erfolgen.