Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Fällt ein Ölverbrauchsmessgerät an einem Motorenprüfstand unter die Maschinenrichtlinie?

KomNet Dialog 19406

Stand: 19.09.2013

Kategorie: Sichere Produkte > Rechts- und Auslegungsfragen (2.) > Fragen zur Maschinenverordnung und MaschRL

Favorit

Frage:

Wir haben einen Motorenprüfstand (für Kfz- und Nfz-Motoren). Dort werden die Motoren auf bestimmte Parameter geprüft, bevor diese anschließend auf den Markt kommen. Für die Prüfung der Motoren wurde ein Ölverbrauchsmessgerät durch den Bereich selbst gebaut und betrieben. Unstimmigkeiten bestehen nun in der Fragestellung: Was fällt unter den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie? Die Motoren befinden sich in der Entwicklungsphase, diese stellen das Forschungsobjekt dar, und sind aus dem Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie ausgeschlossen (nach Art. 1, Abs. 2, Buchstabe h Maschinenrichtlinie). In diesem Punkt sind wir uns einig. Zum Betrieb des Ölverbrauchsmessgerätes scheiden sich die Geister. Der Bereichsverantwortliche argumentiert wie folgt: - Keines dieser Geräte und Einrichtungen (hier ist die Ölverbrauchseinrichtung gemeint) kann für sich genommen eine Funktion ausüben. - Die Funktionserfüllung kann nur in Zusammenwirken mit dem Versuchsaufbau des Verbrennungsmotors gewährleistet werden. Insofern kann die Begrifflichkeit einer "unvollständigen Maschine" nach Artikel 2, Abschnitt g nicht angewendet werden, weil die mit dem Versuchsaufbau entstehende Funktionseinheit keine Maschine im Sinne der Maschinenrichtlinie darstellt. Da der Versuchsaufbau mit dem Prüfling (Verbrennungsmotor) keine Maschine darstellt, kann die Funktionseinheit mit Prüfling und Einrichtung keine unvollständige Maschine im Sinne der Maschinenrichtlinie ergeben. - Für den Versuchsaufbau des Prüflings muss die Ausnahme gemäß Art. 1, Abs. 2, Buchstabe h angewendet werden, demnach der Versuchsaufbau speziell für den Versuchszweck errichtet wird und diese Verwendung vorübergehend ist. Nach dem Ende einer Versuchsreihe wird die Versuchseinrichtung entrüstet. Nach meiner Ansicht kann die Ausnahmeregelung nach Art. 1, Abs. 2, Buchstabe h nicht angewendet werden, da die Ölverbrauchseinrichtung nicht das Forschungsobjekt darstellt, sondern zweckmäßig verwendet wird. In dem Kommentar zu der Maschinenrichtlinie wird darauf hingewiesen, dass die oben genannte Ausnahmeregelung auf Messeinrichtungen nicht anwendbar ist. Zudem ist der kurzzeitige Einsatz auch nicht gegeben. Nach dem Durchführen einer Versuchsreihe wird der Verbrennungsmotor verschrottet. Die Messeinrichtung kann und wird, nach kleineren Umbaumaßnahmen (Druckdosen etc. anpassen) auch bei anderen Versuchsreihen verwendet. Demnach fällt dieses Messgerät unter den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie und muss entsprechend zertifiziert werden. Wer hat nun Recht mit seiner Aussage bzw. Begründung?

Antwort:

a) Der Motorenprüfstand ist eine Maschine oder unvollständige Maschine im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und unterliegt auch dieser, da der Motorenprüfstand nicht als Maschine für Forschungszwecke angesehen werden kann.

Begründung:

Nach der Maschinenrichtlinie (im weiteren MRL) Art. 1 Abs 2 Buchstabe h) sind ausgenommen;
"Maschinen, die speziell für Forschungszwecke konstruiert und gebaut wurden und zur vorübergehenden Verwendung in Laboratorien bestimmt sind;"

Dieses trifft nicht zu, da die angegebenen Motorenprüfstände zur Überprüfung von Produkteigenschaften betrieben werden. Das ist Qualitätssicherung, aber keine Forschung. Außerdem wurden die Prüfstände nicht speziell für Forschungszwecke konstruiert.

Werden die Prüfstände wie beschrieben für einen längeren Zeitraum betrieben (also nicht nur vorübergehend verwendet), ist ebenfalls die Maschinenrichtlinie anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob geprüft oder geforscht wird.

 Der Leitfaden der Kommission zur MRL präzisiert diesen Punkt wie folgt:
"§ 60 Maschinen für Forschungszwecke
Der Ausschluss gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe h wurde aufgenommen, da es nicht als zweckmäßig erachtet wurde, Laborausrüstungen, die eigens für die Erfordernisse bestimmter Forschungsvorhaben konstruiert und gebaut werden, den Anforderungen der Maschinenrichtlinie zu unterwerfen. Der Ausschluss gilt daher nicht für Maschinen, die ständig in Labors installiert sind und für allgemeine Forschungszwecke verwendet werden können, oder für Maschinen, die in Labors für andere Zwecke als für Forschungsaufgaben installiert wurden, beispielsweise für Prüfzwecke.
Dieser Ausschluss gilt nur für Einrichtungen, die für vorübergehende Forschungszwecke konstruiert und gebaut wurden, also für Einrichtungen, die nach Abschluss der Forschungsarbeiten, für die sie konstruiert und gebaut wurden, nicht mehr weiterverwendet werden.
"


b) Die Motoren fallen als Prüflinge nicht unter die MRL, da sie lediglich geprüft, nicht aber in Verkehr gebracht werden.

Begründung:

Die MRL und die Maschinenverordnung (9. ProdSV) gelten für die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme von neuen Produkten. Die Motoren werden auf bestimmte Parameter geprüft und nach Durchführung der Versuchsreihe verschrottet. Die Prüfung der Motoren ist u. E. dem Herstellungsprozess zuzuordnen. Somit liegt kein Inverkehrbringen vor


c) Das Ölverbrauchsmessgerät kann, je nach Bauart, eine unvollständige Maschine im Sinne der MRL sein.

Begründung:

• Wenn das Ölverbrauchsmessgerät bauartbedingt bewegliche Teile enthält, die zusammen mit anderen Teilen wirken und durch eine externe, unmittelbar eingesetzte, nicht menschliche oder tierischen Kraft angetrieben wird, dann ist zunächst die Definition von Maschine im Sinne von Artikel 2 MRL erfüllt und das Ölverbrauchsmessgerät unterliegt der MRL.

• Wenn eine der folgenden Bedingungen nicht zutrifft, ist das Ölverbrauchsmessgerät keine Maschine im Sinne der MRL:
- Mehrere Teile
- Mindestens 1 davon beweglich
- Angetrieben durch eine andere als eine unmittelbar wirkende menschliche oder tierische Kraft

• Wenn das Ölverbrauchsmessgerät bauartbedingt keine beweglichen Teile enthält, ist es eine Komponente (keine vollständige oder unvollständige Maschine!) und es unterliegt nicht den Anforderungen der MRL. Achtung ! Das Ölverbrauchsmessgerät kann bauartbedingt den Anforderungen anderer europäischer Richtlinien unterliegen (z. B. Niederspannungsrichtlinie)


d) Zusammenhang der drei möglichen Komponenten Motorenprüfstand-Prüfling-Messgerät

Folgende praktische Vorgehensweise wird empfohlen, um den technischen und administrativen Aufwand so gering wie möglich zu halten und die gesetzlichen Anforderungen, die sich aus der MRL ergeben, zu erfüllen:
1. Wenn bauartbedingt der Motorenprüfstand über einen eigenen Antrieb verfügt (als Last- oder Bremsantrieb), dann ist der Motorenprüfstand eine vollständige Maschine im Sinne der MRL.
2. Wenn bauartbedingt der Motorenprüfstand nur vom Prüfling angetrieben wird, gilt Artikel 2 a) zweiter Spiegelstrich. Danach ist die Prüfeinrichtung auch eine Maschine, wenn ihr lediglich die Teile fehlen, die sie mit ihrer Antriebsquelle verbinden.
3. Die Kennwerte / Grenzwerte der Motoren, die am Motorenprüfstand geprüft werden, müssen spezifiziert werden.
4. Der Motorenprüfstand muss für die zu prüfende Motoren ausgelegt und gebaut sein im Sinne der Anforderungen des Anhanges I der MRL.
5. Für den Motorenprüfstand (gebaut entsprechend Punkt 4. in Kombination mit den in Punkt 3. spezifizierten Motoren (= Prüflinge = Antriebe) wird einmalig ein Konformitätsbewertungsverfahren im Sinne der MRL durchgeführt (inkl. Risikobeurteilung, technische Dokumentation, Betriebsanleitung, Konformitätserklärung, CE Kennzeichnung).
Dieses Konformitätsbewertungsverfahren (entsprechend die Konformitätserklärung und die CE Kennzeichnung) ist so lange gültig, wie der Motorenprüfstand mit einen spezifizierten Prüfling betrieben wird.
6. Wenn das Ölverbrauchsmessgerät bauartbedingt eine unvollständige Maschine wäre, muss im Punkt 5. sinngemäß das Ölverbrauchsmessgerät eingefügt werden.