Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Muss in einem Umkleidetrakt mit separatem Duschraum, separatem WC-Raum und Umkleideraum ein zweiter Fluchtwege vorhanden sein?

KomNet Dialog 19351

Stand: 07.04.2022

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

Favorit

Frage:

Muss in einem Umkleidetrakt mit speratem Duschraum, separatem WC-Raum und Umkleideraum ein zweiter Fluchtwege vorhanden sein? Der gesamte Bereich ist ca. 80 qm² groß und verfügt über einen zentralen Fluchtweg. Der Bereich ist in massiver Bauweise errichtet. Eine Brandgefährdung liegt nicht vor. Gilt hierfür im Zweifel nun die ASR A2.3 oder die hier gültige Landesbauordnung?

Antwort:

In der Neufassung der ASR A 2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" werden statt der bislang gebräuchlichen Begriffe erster und zweiter Fluchtweg die Bezeichnungen

  1. Hauptfluchtwege (bisher erste Fluchtwege) sind insbesondere die zur Flucht erforderlichen Verkehrswege, die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume für notwendige Treppen sowie die Notausgänge.
  2. Nebenfluchtwege (bisher zweite Fluchtwege) sind zusätzliche Fluchtwege, die ebenfalls ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen.

verwendet.


In der ASR A2.3 unter Abschnitt 4 (2) läßt sich nachlesen, dass

"Beim Einrichten und Betreiben von Fluchtwegen und Notausgängen sowie Sammelstellen sind die beim Errichten von Rettungswegen zu beachtenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder zu berücksichtigen. Über das Bauordnungsrecht hinaus können sich weitergehende Anforderungen an Fluchtwege und Notausgänge aus dieser ASR ergeben; dies gilt z. B. für das Erfordernis zur Einrichtung eines Nebenfluchtweges oder von Sammelstellen."


In der ASR A2.3 wird ein Nebenfluchtweg nicht explizit gefordert. Der Arbeitgeber hat dies im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu prüfen und das Ergebnis zu dokumentieren. Ein Ergebnis kann auch sein, dass ein Nebenfluchtweg nicht erforderlich ist.


Anforderungen an Nebenfluchtwege werden unter Abschnitt 6 der ASR A2.3 konkretisiert:

"(1) Ein Nebenfluchtweg ist erforderlich zur Flucht aus Bereichen, in denen die Gefahr besteht, dass der Hauptfluchtweg nicht mehr sicher begehbar ist, wenn z. B.

(...)

(2) Auf den Nebenfluchtweg kann verzichtet werden, wenn durch zusätzliche Maßnahmen eine sichere Begehbarkeit des Hauptfluchtweges gewährleistet ist. Dieses können z. B. in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung Maßnahmen sein, die eine schnelle Brandausbreitung und Verrauchung vermindern.

(3) Nebenfluchtwege sind so einzurichten, dass deren sichere Benutzung für die darauf angewiesenen Personen gewährleistet ist."


Fazit:

Das Bauordnungsrecht der Länder und die ASR A2.3 stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich. Sie ergeben sich aus verschiedenen Rechtsgebieten, dem Baurecht und dem Arbeitsschutzrecht. Ob ein Nebenfluchtweg erforderlich ist, muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung geprüft und kann nur individuell vor Ort entschieden werden.