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Wann ist elektrisch betriebenen Rettungswegzeichen der Vorzug vor langnachleuchtenden Piktogrammen zu geben? Ist ein Rettungswegeplan für öffentliche Gebäude sinnvoll?

KomNet Dialog 2212

Stand: 12.07.2018

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Beleuchtung und Kennzeichnung von Fluchtwegen

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Frage:

Ich beziehe mich mit meiner Anfrage auf zwei Problemstellungen, die mir in meiner Tätigkeit als Ersteller von Brandschutzkonzepten häufig und mitunter in Kombination die Arbeit erschweren. 1. Wann ist elektrisch betriebenen Rettungswegzeichen der Vorzug vor langnachleuchtenden Piktogrammen der Vorzug zu geben. Mein aktueller Fall: Verwaltungsgebäude, 6.000m² Grundfläche pro Geschoss, 6 Etagen, 7 Innenhöfe, 4 km Gesamtflurlänge, lediglich Sicherheitsbeleuchtung, keine/unzureichende Wegeleitsysteme bis dato. 2. Macht es Sinn, in Gebäuden dieser Bauart einen Rettungswegplan zu erstellen, M.E. ist bei diesen Gebäuden ein Plan zu erstellen, den letztendlich nur noch ein kleiner Teil der Bevölkerung `lesen` kann, selbst wenn man diesen stark stilisiert und alle Randbedingungen einhält (lagerichtigkeit, Größe der Hinweise innerhalb des Planes, Plangröße A1/A2, etc.) Sollte man hier anstelle dessen nicht eher mit Hinweisschildern auf Notausgänge, Löscheinrichtungen, Erste Hilfe, etc. arbeiten?

Antwort:

Elektrisch betriebene Rettungswegkennzeichen (beleuchtet oder hinterleuchtet) sind immer dann zwingend erforderlich, wenn eine Sicherheitsbeleuchtung vorgeschrieben ist. Die Forderung nach einer Sicherheitsbeleuchtung kann sich zum Beispiel aus der Technischen Regel für Arbeitsstätten - ASR A3.4/3 "Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme" i.V.m. ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan", einer Sonderbauverordnung (z. B. für Krankenhäuser, Verkaufsstätten, Versammlungsstätte) oder einer Auflage in der Baugenehmigung ergeben. 


Die ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan" regelt unter Punkt 7 in welchen Fällen ein optisches Sicherheitsleitsystem für Fluchtwege und unter Punkt 8 wann eine Sicherheitsbeleuchtung erforderlich ist.


Hinsichtlich der im Einzelfall zu treffenden Maßnahmen müssen also mehrere Regelwerke gleichzeitig, aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht insbesondere die ASR A2.3 und die ASR A3.4/3, berücksichtigt werden:


7 Kennzeichnung, ASR 2.3 


"(1) Die Kennzeichnung der Fluchtwege, Notausgänge, Notausstiege und Türen im Verlauf von Fluchtwegen muss entsprechend der ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ erfolgen.

(2) Erforderlichenfalls ist ein Sicherheitsleitsystem einzurichten, wenn aufgrund der örtlichen oder betrieblichen Bedingungen eine erhöhte Gefährdung vorliegt. Eine erhöhte Gefährdung kann z. B. in großen zusammenhängenden oder mehrgeschossigen Gebäudekomplexen, bei einem hohen Anteil ortsunkundiger Personen oder einem hohen Anteil an Personen mit eingeschränkter Mobilität vorliegen. Dabei kann ein Sicherheitsleitsystem notwendig sein, das auf eine Gefährdung reagiert und die günstigste Fluchtrichtung anzeigt.

(3) Notausgänge und Notausstiege sind, sofern diese von der Außenseite zugänglich sind, auf der Außenseite mit dem Verbotszeichen „P023 Abstellen oder Lagern verboten“ zu kennzeichnen und ggf. gemäß Punkt 4 (3) zu sichern."


8 Sicherheitsbeleuchtung, ASR A2.3


"Fluchtwege sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszurüsten, wenn bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte nicht gewährleistet ist.


Eine Sicherheitsbeleuchtung kann z.B. in Arbeitsstätten erforderlich sein


• mit großer Personenbelegung, hoher Geschosszahl, Bereichen erhöhter Gefährdung oder unübersichtlicher Fluchtwegführung,

• die durch ortsunkundige Personen genutzt werden,

• in denen große Räume durchquert werden müssen (z. B. Hallen, Großraumbüros oder Verkaufsgeschäfte),

• ohne Tageslichtbeleuchtung, wie z.B. bei Räumen unter Erdgleiche."


Mittels Gefährdungsbeurteilung ist zu klären, welche der in den vorgenannten technischen Regeln aufgeführten Anforderungen auf das Verwaltungsgebäude anzuwenden und welche Maßnahmen zu treffen sind. 


Ein Flucht- und Rettungsplan ist dann zu erstellen, wenn die Voraussetzungen des Punkt 9 der ASR A2.3 vorliegen:


9 Flucht- und Rettungsplan


"(1) Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan für die Bereiche in Arbeitsstätten zu erstellen, in denen die Lage, die Ausdehnung oder die Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordert.


Flucht- und Rettungspläne können z. B. erforderlich sein:


- bei unübersichtlicher Fluchtwegführung (z. B. über Zwischengeschosse, durch größere Räume, gewinkelte oder von den normalen Verkehrswegen abweichende Wegführung),

- bei einem hohen Anteil an ortsunkundigen Personen (z. B. Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr) oder

- in Bereichen mit einer erhöhten Gefährdung (z. B. Räume nach Punkt 5 (2) c) bis f)), wenn sich aus benachbarten Arbeitsstätten Gefährdungsmöglichkeiten ergeben (z. B. durch explosions- bzw. brandgefährdete Anlagen oder Stofffreisetzung)."



Weitere Informationen:

Lasi - Handlungshilfe zur Beleuchtung von Arbeitsstätten (LASI-LV 41)