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Darf eine schwangere Sozialarbeiterin bis zur Mitteilung des betriebsärztlichen Ergebnisses zum Immunstatus weiter beschäftigt werden?

KomNet Dialog 17944

Stand: 24.05.2018

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Eine Mitarbeiterin teilte heute mit, dass sie schwanger sei. Sie ist als Sozialarbeiterin tätig. Ihre Tätigkeit beinhaltet sowohl den Innendienst, bei dem u.a. auch Besuche von zu betreuenden Familien und u.a. auch verhaltensauffälligen Kindern vorkommen, als auch den Außendienst, der u.a. die Übergabe von Baby-Begrüßungspaketen bei sozial auffälligen Familien und somit den Kontakt mit verhaltensauffälligen Kindern verschiedener Altersklassen beinhaltet. Auch kann es zur Inobhutnahme von Kindern kommen, wie auch zu Terminen beim Familiengericht etc. Für kommenden Montag steht ein Termin beim Betriebsarzt zur Überprüfung des Immunstatus der Mitarbeiterin an. Allerdings wird dieses Ergebnis möglicherweise erst in ein bis zwei Wochen vorliegen. Vor diesem Hintergrund wende ich mich mit der dringenden Bitte an Sie, eine Handlungsempfehlung abzugeben, wie wir uns bzgl. des Einsatzes der Mitarbeiterin bis zur Mitteilung des betriebsärztlichen Ergebnisses zu verhalten haben - sprich, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen die Mitarbeiterin bis dahin überhaupt einzusetzen ist.

Antwort:

Allgemein:


Bei der Beschäftigung einer werdenden oder stillenden Mutter muss der Arbeitgeber von sich aus die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) einhalten und entsprechend erforderliche Schutzmaßnahmen treffen. Insbesondere ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit von Mutter und Kind durch die berufliche Tätigkeit nicht gefährdet werden.


Der Arbeitgeber hat - unabhängig davon, ob eine Frau am Arbeitsplatz beschäftigt wird - bereits im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) für jede Tätigkeit jene Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer zu ermitteln, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt sein kann (anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG). Auf Grundlage dieser Beurteilung ist anschließend festzustellen, inwieweit Schutzmaßnahmen erforderlich werden. Mit Bekanntgabe der Schwangerschaft bzw. Stillbereitschaft hat der Arbeitgeber seine Beurteilung auf Aktualität zu überprüfen, die Schutzmaßnahmen festzulegen und der anzeigenden Arbeitnehmerin ein Gespräch zu weiteren Anpassungen anzubieten (§ 10 Abs. 2 MuSchG). Hat der Arbeitgeber keine erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen, hat er die Arbeitnehmerin freizustellen (Beschäftigungsverbot nach § 10 Abs. 3 MuSchG).


Ergibt die Beurteilung, dass eine unverantwortbare Gefährdung bezüglich der Sicherheit oder Gesundheit von Mutter und/oder Kind vorliegt, ist der Arbeitgeber dazu angehalten, der Frau die Fortführung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen und in diesem Sinne geeignete Schutzmaßnahmen in Rangfolge des § 13 MuSchG zu treffen, die sich wie folgt gliedern:

1. Umgestaltung der Arbeitsbedingungen

2. Arbeitsplatzwechsel (Arbeitgeber hat hierbei erweitertes Direktionsrecht, § 315 BGB)

3. Freistellung im Rahmen eines Beschäftigungsverbots unter Zahlung des Mutterschutzlohns gem. § 18 MuSchG (als Ultima Ratio)


Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die werdende Mutter über das Ergebnis der o. g. Gefährdungsbeurteilung und zu ergreifende Schutzmaßnahmen zu unterrichten.


Konkret:


Solange in dem von Ihnen beschriebenen Fall der Immunstatus nicht bekannt ist, besteht eine unverantwortbare Gefährdung, konkret eine schwangerschaftsrelevante Infektionsgefahr mit den in der Broschüre "Mutterschutz beim beruflichen Umgang mit Kindern" aufgeführten Infektionskrankheiten (§ 11 Abs.2 MuSchG) und somit ein entsprechendes Beschäftigungsverbot in Bezug auf die Tätigkeit mit Kindern.


Hinweis:

Nach den einschlägigen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts genügt für ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot, mit dem der Gefahr einer Infektion u. a. mit Hepatitis- oder Mumpsviren vorgebeugt werden soll, bereits eine sehr geringe Infektionswahrscheinlichkeit (BVerwG Urteil v. 27.05.1993 - Az.:5 C 42/89 und v. 26.04.05 Az.: 5 C 11/04).


Auf die Informationen im Arbeitgeberleitfaden zum Mutterschutz weisen wir hin.