Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Dürfen die Beschäftigten wissen, was in der Gefährdungsbeurteilung für ihre Arbeitsplätze steht?

KomNet Dialog 11226

Stand: 01.03.2024

Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Arbeitnehmerbeteiligung > Rechte von Beschäftigten, Handlungsmöglichkeiten

Favorit

Frage:

Darf ein Mitarbeiter wissen, was in der Gefährdungsbeurteilung für seinen Arbeitsplatz drin steht? Besteht ein Recht auf Einsichtnahme?

Antwort:

Grundsätzlich obliegt die Pflicht und die Verantwortung für die Gefährdungsbeurteilung gemäß den §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und den dazu erlassen Rechtsverordnungen dem Arbeitgeber. Dieser kann sich beim Erstellen der Gefährdungsbeurteilung von der Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztin/ dem Betriebsarzt beraten und unterstützen lassen. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Beschäftigten, deren Tätigkeiten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung beurteilt werden sollen, in die Erstellung mit einzubeziehen. Aber: das Recht zur Einsichtnahme in die Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz ist im Arbeitsschutzrecht nicht geregelt.


Die betriebliche Interessenvertretung hat gemäß § 80 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und den Personalvertretungsgesetzen der Länder (z.B. § 64 des LPVG NRW) Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu fördern. 

Unter § 89 BetrVG Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz ist zudem Folgendes geregelt:

"(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.

(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.

(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.

(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen."


Da die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung mitbestimmungspflichtig nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist, steht so zumindest den Arbeitnehmervertretern das Recht zu, in die Gefährdungsbeurteilung Einsicht zu nehmen.

In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Beschäftigten zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können (siehe § 81 Abs. 3 BetrVG).

Weitere Informationen bietet die Broschüre "Der Beitrag des Betriebsrats zur Arbeitssicherheit" der BG ETEM.


Auf die Rechte der Beschäftigten gemäß § 17 ArbSchG weisen wir hin.


Somit ergibt sich aus dem Arbeitsschutzrecht für die Beschäftigten kein grundsätzliches Recht auf Einsicht in die Gefährdungsbeurteilung. Ein solches Recht zur Einsichtnahme könnte sich allerdings aus dem Arbeitsvertragsrecht oder dem Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB- herleiten. Zu arbeits- oder zivilrechtlichen Sachverhalten können wir aber keine Auskunft geben. Arbeits- oder zivilrechtliche Fragen sollten direkt an einen Fachanwalt für Arbeit bzw. entsprechend autorisierte Stellen (z. B. Gewerkschaften, Verbände, Kammern, etc.) gerichtet werden. Auf das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales weisen wir hin.