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Muss der Stoff in das CMR-Verzeichnis entsprechend der TRGS 410 aufgenommen werden?

KomNet Dialog 44205

Stand: 12.12.2025

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Allgemeine Fragen zum Gefahrstoffrecht > Anzeigen, Dokumentationen

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Frage:

Inwieweit muss bei der Gefährdungsbeurteilung die inhalative Exposition von einem reproduktionstoxischen Stoff beachtet werden, wenn dieser nur aufgrund einer Studie, bei der die Versuche durch orale Aufnahme bei Tieren, als reproduktionstoxisch H360F eingestuft wurde. Primär geht es darum, dass wenn bei diesem Stoff (ohne AGW) eine inhalative Exposition vorliegt, ob er dann in das CMR-Verzeichnis entsprechend der TRGS 410 aufgenommen werden muss?

Antwort:

Entsprechend § 6 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) hat der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

1. gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,

2. Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt, einschließlich der Angaben zu Zulassungspflicht und zu Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen,

2a. Informationen des Veranlassers nach § 5a Absatz 1 und 2,

3. Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen,

4. Möglichkeiten einer Substitution,

5. Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,

6. Grenzwerte und Konzentrationen nach § 2 Absatz 8 bis 9,

7. Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,

8. tätigkeitsbezogene Erkenntnisse

a) über Belastungs- und Expositionssituationen, einschließlich psychischer Belastungen,

b) aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, einschließlich Erkenntnissen aus dem Biomonitoring, soweit solche Erkenntnisse vorliegen.


Die Gefährdungsbeurteilung ist u. a. entsprechend § 6 Abs. 8 zu dokumentieren.


Weiterhin darf die Gefährdungsbeurteilung nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein. (§ 6 Abs. 11 Gefahrstoffverordnung)

 

Besondere Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B sind u. a. in § 10 der Gefahrstoffverordnung zu finden.

 

Um im Falle einer späteren Erkrankung die Höhe und die Dauer einer Exposition nachvollziehen zu können, hat der Arbeitgeber ein Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die solche Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B ausüben, bei denen die Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung ihrer Gesundheit ergibt. In dem Verzeichnis sind die Tätigkeit sowie die Höhe und die Dauer der Exposition der Beschäftigten anzugeben. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

Das Verzeichnis ist während der Dauer der Exposition stets aktuell zu halten und für mindestens folgende Zeiträume nach Ende der Exposition aufzubewahren:

1. bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B 40 Jahre oder

2. bei Tätigkeiten mit reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B fünf Jahre.


Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitgeber den Beschäftigten einen Auszug aus dem Verzeichnis auszuhändigen, der die sie betreffenden Angaben enthält. Der Arbeitgeber hat einen Nachweis über die Aushändigung wie Personalunterlagen aufzubewahren.


Der Arbeitgeber kann seinen Pflichten nach Absatz 2 auch dadurch nachkommen, dass er die in Absatz 1 Satz 2 genannten Daten an den für den Beschäftigten zuständigen Unfallversicherungsträger oder einen Verband der Unfallversicherungsträger übermittelt.

Der Arbeitgeber hat den Zugang zu den Daten des Verzeichnisses nach Absatz 1 zu ermöglichen

1. der Ärztin oder dem Arzt nach § 7 Absatz 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge zur Erfüllung der Pflichten nach § 6 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie der zuständigen Behörde zum Zweck der Überwachung,

2. den betroffenen Beschäftigten, soweit die Daten sie betreffen,

3. der Vertretung der Beschäftigten, soweit es sich um nicht personenbezogene Daten handelt.

[…]


Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B sicherzustellen, dass

1. die Beschäftigten und ihre Vertretung nachprüfen können, ob die Bestimmungen dieser Verordnung eingehalten werden, insbesondere in Bezug auf

a) durchzuführende Maßnahmen nach § 10 Absatz 4,

b) die Auswahl und Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung und die damit verbundenen Belastungen der Beschäftigten,

2. die Beschäftigten und ihre Vertretung bei einer unvorhergesehenen Exposition oder bei einem Unfall unverzüglich unterrichtet und über die Ursachen sowie über die bereits ergriffenen oder noch zu ergreifenden Maßnahmen informiert werden.“ (§ 10a Gefahrstoffverordnung)

 

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Darin sind alle relevanten Expositionswege zu berücksichtigen.


Ein Stoff mit dem H-Satz H360F wirkt reproduktionstoxisch, was in der Regel eine systemische Wirkung bedeutet, d. h., er wird vom Körper aufgenommen und verteilt sich. Die Art der Aufnahme (oral, inhalativ, dermal) bestimmt primär die Aufnahmegeschwindigkeit und -menge, nicht zwingend die Art der resultierenden Toxizität.


Da kein Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) für den Stoff existiert, kann die Einhaltung eines sicheren Konzentrationsbereichs in der Luft nicht einfach durch Messung nachgewiesen werden. Dies erfordert eine detailliertere Betrachtung der Expositionssituation.


Entsprechend § 10a Gefahrstoffverordnung hat der Arbeitgeber ein Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die solche Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen [H360F] Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B ausüben, bei denen die Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung ihrer Gesundheit ergibt.