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Kann eine am digitalen Fahrtenschreiber dokumentierte Bereitschaftszeit bei Einmannbesatzung als gültige Fahrtunterbrechung nach VO (EG) Nr. 561/2006 gewertet werden?

KomNet Dialog 44094

Stand: 07.04.2025

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Sozialvorschriften im Straßenverkehr > Sonstige Fragen (8.6.7)

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Frage:

Kann eine am digitalen Fahrtenschreiber dokumentierte Bereitschaftszeit von 15, 30 oder 45 Minuten bei der Einmannbesatzung als gültige Fahrtunterbrechung nach VO (EG) Nr. 561/2006 gewertet werden?

Antwort:

Bereitschaftszeiten von 15, 30 oder 45 Minuten sind als Fahrtunterbrechung zu bewerten, auch dann, wenn das Fahrzeug nur mit einem Fahrer besetzt ist.

Artikel 4 Buchstabe d) der VO (EG) Nr. 561/2006

"Fahrtunterbrechung": jeder Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeiten ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird.

Die Bereitschaftszeiten werden definiert in Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 2002/15/EG:

  • andere Zeiten als Ruhepausen und Ruhezeiten, in denen das Fahrpersonal nicht verpflichtet ist, an seinem Arbeitsplatz zu bleiben, in denen es sich jedoch in Bereitschaft halten muss, um etwaigen Anweisungen zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der Fahrtätigkeit oder zur Ausführung anderer Arbeiten Folge zu leisten. Als Bereitschaftszeit gelten insbesondere die Zeiten, in denen das Fahrpersonal ein Fahrzeug während der Beförderung auf einer Fähre oder mit einem Zug begleitet sowie Wartezeiten an den Grenzen und infolge von Fahrverboten. Diese Zeiten und ihre voraussichtliche Dauer müssen dem Fahrpersonal im Voraus bekannt sein, d. h. entweder vor der Abfahrt bzw. unmittelbar vor dem tatsächlichen Beginn des betreffenden Zeitraums oder gemäß den allgemeinen zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten und/oder durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen;
  • für Fahrpersonal, das sich beim Fahren abwechselt, die Zeit, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbracht wird;

(Im Fall einer Mehrfahrerbesatzung ist die voraussichtliche Dauer ja bekannt, daher erfolgt auch eine automatische Aufzeichnung als Bereitschaftszeit auf der im Fahrtenschreiber befindlichen Fahrerkarte des Beifahrers)

Die voraussichtliche Dauer der Wartezeit muss dem Fahrer also spätestens unmittelbar vor Beginn des Zeitraums bekannt sein, andernfalls wäre es keine rechtskonforme Bereitschaftszeit und der betreffende Zeitraum wäre als Arbeitszeit anzusehen!


Vor dem Hintergrund erfüllt eine qualifizierte Bereitschaftszeit die rechtlichen Bedingungen einer Fahrtunterbrechung für das Fahrpersonal gemäß Artikel 4 Buchstabe d) der VO (EG) Nr. 561/2006:

  • keine Arbeitszeit
  • keine Lenkzeit
  • Zeitraum dient der Erholung, da ja die voraussichtliche Dauer der Wartezeit dem Fahrer bekannt ist.

Mit Anpassung der VO (EG) Nr. 561/2006 vom 15. Juli 2020 wurde der Artikel 7 um einen weiteren Satz erweitert bzw. ergänzt.

"Ein im Mehrfahrerbetrieb eingesetzter Fahrer kann eine Fahrtunterbrechung von 45 Minuten in einem Fahrzeug einlegen, das von einem anderen Fahrer gelenkt wird, sofern der Fahrer, der die Fahrtunterbrechung einlegt, den das Fahrzeug lenkenden Fahrer dabei nicht unterstützt"

(Damit wurde nun klargestellt, dass die im Mehrfahrerbetrieb einzulegende Fahrtunterbrechung für den Beifahrer auch in einem fahrenden Fahrzeug eingelegt werden kann)

Unter Einhaltung der o. g. Bedingungen gilt die Bereitschaftszeit auch für Fahrer, welche sich nicht in einem Mehrfahrerbetrieb befindlichen Fahrzeug befinden, als gültige rechtskonforme Fahrtunterbrechung. Die in Artikel 7 Satz 1 und 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 genannten Zeiten von 15, 30 oder 45 Minuten sind einzuhalten. Bereitschaftszeiten von weniger als 15 Minuten werden nicht auf die tägliche Arbeitszeit gemäß Arbeitszeitgesetz angerechnet.