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Wann sind Nebenfluchtwege einzurichten?

KomNet Dialog 43682

Stand: 20.07.2022

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

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Frage:

In der alten Fassung der ASR A2.3 ergab sich das Erfordernis eines zweiten Fluchtweges aus der Gefährdungsbeurteilung. In der Neufassung der ASR A2.3 (03/2022) ist im Punkt 6 Nebenfluchtwege hiervon nicht mehr die Rede. Sind nun Nebenfluchtwege auch bei Lagerräumen > 200 m² einzurichten, wenn keine erhöhte Brandgefahr besteht? Kann das Erfordernis eines Nebenfluchtweges nun nicht mehr in der Gefährdungsbeurteilung bewertet werden?

Antwort:

Nach § 4 Absatz 4 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind. Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen so zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können.


Weitere Anforderungen finden sich unter der Nummer 2.3 des Anhangs der ArbStättV. Dort ist Folgendes nachzulesen:

"(1) Fluchtwege und Notausgänge müssen

a) sich in Anzahl, Anordnung und Abmessung nach der Nutzung, der Einrichtung und den Abmessungen der Arbeitsstätte sowie nach der höchstmöglichen Anzahl der dort anwesenden Personen richten,

b) auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder, falls dies nicht möglich ist, in einen gesicherten Bereich führen,

c) in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.

Sie sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszurüsten, wenn das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte für die Beschäftigten, insbesondere bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung, nicht gewährleistet ist.

(2) Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen

a) sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden,

b) in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.

Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen lassen. In Notausgängen, die ausschließlich für den Notfall konzipiert und ausschließlich im Notfall benutzt werden, sind Karussell- und Schiebetüren nicht zulässig."


Konkretisiert werden die Anforderungen der ArbStättV in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), hier insbesondere die ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge".

In Abschnitt 6 finden sich die Anforderungen an die Nebenfluchtwege. Dort ist nachzulesen:

"(1) Ein Nebenfluchtweg ist erforderlich zur Flucht aus Bereichen, in denen die Gefahr besteht, dass der Hauptfluchtweg nicht mehr sicher begehbar ist, wenn z. B.:

1. der Hauptfluchtweg durch Bereiche mit erhöhter Brandgefährdung führt,

2. Gefährdungen durch Lagerung oder Verwendung von Gefahrstoffen in der Nähe der Hauptfluchtwege vorhanden sind,

3. Einwirkungen durch gefährliche Arbeiten vorhanden sind, z. B. in Aufstellräumen für Dampfkesselanlagen,

4. bei einer hohen Anzahl von Personen im Hauptfluchtweg eine geordnete Flucht nicht mehr möglich ist,

5. bei Produktions-, Lagerräumen oder Werkstätten, deren Grundfläche mehr als 200 m² beträgt,

6. bei sonstigen Arbeitsräumen, deren Grundflächen mehr als 400 m2 beträgt, z. B. Großraumbüros bzw. Kombibüros (z. B. Open-Space-Büros, Coworking Spaces),

7. andere Rechtsvorschriften entsprechende Anforderungen stellen, z. B. in Versammlungsstätten, Schulen, Kindertageseinrichtungen oder

8. andere betriebsspezifische Bedingungen vorliegen.

(2) Auf den Nebenfluchtweg kann verzichtet werden, wenn durch zusätzliche Maßnahmen eine sichere Begehbarkeit des Hauptfluchtweges gewährleistet ist. Dieses können z. B. in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung Maßnahmen sein, die eine schnelle Brandausbreitung und Verrauchung vermindern.

(3) Nebenfluchtwege sind so einzurichten, dass deren sichere Benutzung für die darauf angewiesenen Personen gewährleistet ist."


Ob ein Nebenfluchtweg erforderlich ist, hat der Arbeitgeber - unter Berücksichtigung der o. g. Bedingungen - im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu betrachten und eigenverantwortlich die entsprechenden Maßnahmen festzulegen. Hierbei kann er sich durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin/den Betriebsarzt unterstützen lassen.