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Sind Fenster mit einer Brüstungshöhe größer 1,20 m als Notausstieg zulässig?

KomNet Dialog 13259

Stand: 04.06.2024

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Notausgänge, Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen

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Frage:

Als Hauptfluchtweg für Büroräume unterhalb der Erdgleiche sollen die vorhandenen Verkehrswege und Türen dienen. Der Nebenfluchtweg soll als Notausstieg ausgeführt werden. Als Notausstieg sollen bauseitige Fenster dienen, welche in einen Lichtschacht führen. Dieser Lichtschacht weist eine Tiefe von 2,60 m auf und ist mit Steigeleitern bis zur Erdgleiche ausgerüstet. Der zu öffnende Flügel der jeweiligen Fenster weist in der Lichten eine Breite von 0,95 m und eine Höhe von 1,30 m auf, die Erfordernisse der ASR A2.3 diesbezüglich sind somit erfüllt. Die Brüstungshöhe der als Notausstieg vorgesehenen Fenster beträgt 1,73 m, Aufstiegshilfen sind nicht vorhanden. Die BauO NRW § 40 Abs. 4 Satz 1 gibt vor: "Öffnungen in Fenstern, die als Rettungswege dienen, müssen [...] nicht höher als 1,20 m über der Fußbodenoberkante angeordnet sein.". Sind Fenster mit einer Brüstungshöhe größer 1,20 m als Notausstieg zulässig?

Antwort:

Gemäß der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber u. A. nach § 4 Abs. 4 Vorkehrungen zu treffen, dass Beschäftigte sich bei Gefahr unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern.


Inwieweit ein Nebenfluchtweg erforderlich ist, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV. Bei der Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen sind die im jeweiligen Aufenthaltsort bzw. Arbeitsplatz vorliegenden spezifischen Verhältnisse zu berücksichtigen.


Nähere Angaben über die Anforderungen an Fluchtwege und Notausgänge werden im Anhang der ArbStättV unter der Nummer 2.3 genannt.


Wie dem Sachverhalt zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem Notausstieg um einen Nebenfluchtweg. Somit sind die konkretisierenden Regelungen der ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" Abschnitt 6.2 "Abweichende Anforderungen an Nebenfluchtwege, die nicht über einen Hauptfluchtweg führen" anzuwenden.

Auf den konkreten Sachverhalt finden die Absätze 4-7 Anwendung:


"(4) Nebenfluchtwege führen durch einen Ausgang, der als Tür, Fenstertür (z.B. Terassentür) oder als Schlupftür in Toren ausgebildet ist, oder durch einen Notausstieg.

(5) Ein Notausstieg kann z.B. ausgebildet sein als Fenster in Wandöffnungen oder Luke oder Klappe in Boden- und Deckenöffnungen.

(6) Notausstiege sind so einzurichten, dass diese für die darauf angewiesenen Personen möglichst schnell und ungehindert nutzbar sind. Türen und Notausstiege in Wandöffnungen sollen in Fluchtrichtung aufschlagen. Schiebevarianten (z.B. Schiebetüren oder Schiebeluken) sind zulässig.

(7) Für Notausstiege sind erforderlichenfalls im und außerhalb des Gebäudes fest angebrachte Aufstiegshilfen zur leichten und zügigen Benutzung vorzusehen (z.B. Podest, Treppe oder Haltestangen zum Überwinden von Brüstungen)."


Anforderungen der Bauordnungen der Länder sind gesondert mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde zu klären.