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Wie ist es zu bewerten, wenn Türen sich nur mit einem Schlüssel oder per Fluchttürsteuerung öffnen lassen?

KomNet Dialog 42190

Stand: 05.02.2018

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Notausgänge, Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen

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Frage:

In einem Objekt gibt es verschlossene und gekennzeichnete Fluchtwege. Im Brandschutzkonzept steht dazu, dass eine Ausgangskontrolle zur Gewährleistung der Aufsicht über die Bewohner (Altenheim) vorgesehen ist. Hierzu sind die Türen aus dem Pflegebereich in die Treppenhäuser verschlossen und können per Schlüssel durch das Personal geöffnet werden. Den übrigen Bewohnern bleibt der Zugang verwehrt. Die Türen sind mit einer Fluchttürsteuerung ausgestattet, die über die flächendeckende Brandmeldeanlage freigeschaltet werden. Somit ist eine Flucht im Brandfall möglich. Wie ist dies zu werten, da diese nicht jederzeit von jedem geöffnet werden kann und auch die Problematik besteht, dass es neben Bränden auch andere Notfälle geben könnte.?

Antwort:

Grundsätzlich sind hier zwei verschiedene Rechtsbereiche zu betrachten, zum einen das Baurecht der Länder und zum anderen die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht. Zu Fragen des Baurechts können und dürfen wir keine Aussage treffen. Hierzu wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Baubehörde. Aus der Sicht des Arbeitsschutzes beantworten wir Ihre Anfrage wie folgt:


Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) beschreibt zu den Eigenschaften und Anforderungen von Fluchtwegen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind. Dabei hat der Arbeitgeber Vorkehrungen so zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können (§ 4 Abs. 4 ArbStättV).


Weiter heißt es im Anhang 1 Punkt 2.3 Abs. 2 der ArbStättV, dass Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen sich jederzeit von innen ohne besondere Hilfsmittel leicht öffnen lassen müssen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden. D. h., dass ein Schlüssel ein besonderes Hilfsmittel im Sinne der Verordnung darstellt, und dass das Verschließen mittels eines Schlüssel von Türen im Verlaufe eines Fluchtweges nicht zulässig ist. Auch die Aufbewahrung des Schlüssels in einem Schlüsselkasten neben den Türrahmen von Notausgängen wird nach einem Urteil des VG Düsseldorf von 1978 nicht als ausreichende Maßnahme zum leichten Öffnen einer Notausgangstür anerkannt.


Im Falle einer eintretenden Gefahrensituation ist eine zügige Evakuierung der Arbeitsstätte zu gewährleisten. Gerade in Arbeitsstätten, die dem Aufenthalt von zu pflegenden Personen dienen, und bei denen zum Tätigkeitsbild des Personals auch die Rettung bzw. Evakuierung dieser Personen im Gefahrenfall gehört, sind hohe Maßstäbe an die Anforderungen an Flucht- und Rettungswege anzulegen.


Nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A 2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan" Punkt 6 Abs. 4, ist das Öffnen ohne besondere Hilfsmittel gewährleistet, wenn die Tür mit besonderen mechanischen Entriegelungseinrichtungen ausgestattet ist, die mittels Betätigungselementen wie z.B. Türdrücker, Panikstange, Paniktreibriegel oder Stoßplatte, ein leichtes Öffnen in Fluchtrichtung jederzeit ermöglichen, oder mit bauordnungsrechtlich zugelassenen elektrischen Verriegelungssystemen ausgestattet sind. Bei elektrischen Verriegelungssystemen übernimmt die Not-Auf-Taste die Funktion der o. g. mechanischen Entriegelungseinrichtung. Bei Stromausfall müssen elektrische Verriegelungssysteme von Türen im Verlauf von Fluchtwegen selbstständig entriegeln.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das in der Anfrage beschriebene System die genannten Anforderungen nach dem Arbeitsstättenrecht nicht erfüllt und somit unzulässig ist.