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Sind Drehknäufe an Notausgangstüren zulässig?

KomNet Dialog 3302

Stand: 05.09.2024

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Notausgänge, Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen

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Frage:

Sind Drehknäufe an Notausgangstüren zulässig?

Antwort:

Grundsätzlich sind hier zwei verschiedene Rechtsbereiche zu betrachten, zum einen das Baurecht der Länder (z. B. für die Besucher, Kunden, Patienten) und zum anderen die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht (für die Beschäftigten). Zu Fragen des Baurechts können und dürfen wir keine Aussage treffen. Hierzu wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Baubehörde.

Aus dem Arbeitsschutzrecht gilt Folgendes:

Nach § 4 Absatz 4 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind. Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen so zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend diesem Plan zu üben.

Nach Nummer 2.3 des Anhangs der ArbStättV müssen Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden.

Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A 2.3 konkretisiert dies in Abschnitt 7 Absatz 1. wie folgt:

"Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen sowie Notausstiege müssen sich leicht und ohne besondere Hilfsmittel öffnen lassen, solange Personen auf die Nutzung der Fluchtwege angewiesen sind. Leicht zu öffnen bedeutet, dass die Öffnungselemente ergonomisch gestaltet, gut erkennbar und an zugänglicher Stelle angebracht (insbesondere Entriegelungshebel bzw. -knöpfe zur Handbetätigung von automatischen Türen und Toren) sind sowie dass die Betätigungsart leicht verständlich ist und das Öffnen ohne größeren Kraftaufwand möglich ist. Ohne besondere Hilfsmittel bedeutet, dass die Tür oder das Tor im Gefahrenfall unmittelbar von jeder Person und ohne z. B. Schlüssel, Transponderkarte oder Codeeingabe geöffnet werden kann."


Explizit verboten werden Drehknöpfe im staatlichen Arb.eitsschutzrecht nicht. Jedoch sollte die Auswahl des Betätigungselementes vor Aufnahme der Beschäftigung durch den Arbeitgeber in der Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden, weil sich hierdurch eine Gefährdung für die Beschäftigten ergeben könnte. Die Hinzuziehung einer fachkundigen Fachkraft für Arbeitssicherheit und ggf. der Betriebsärztin/ des Betriebsarztes ist hier unbedingt angezeigt.

Die Erfahrung zeigt, dass ein Drehknopf zahlreiche Nachteile mit sich bringt, so ist dieser z. B. oftmals relativ schwer zu bedienen, wenn die Nussfeder im Schloss für einen normalen Türdrücker ausgelegt ist oder z. B. eine Person in Panik nicht den Drehknopf als Türöffner wahrnimmt (Drehknäufe sind in Deutschland eher unüblich), weshalb in den meisten Fällen ein konventioneller Türdrücker zum Einsatz kommt.

Auch ist das Drehen eines Türknaufs mit fettigen oder nassen Händen erschwert. Menschen mit Behinderungen, z. B. bei fehlenden Finger oder Fehlen der ganzen Hand können einen Drehknauf (ggf. trotz Prothese) in der Regel nicht bedienen. In solchen Fällen verbietet sich die Verwendung eines Drehknaufs auf Grund der faktischen Gegebenheiten.

Dabei ist ebenfalls zu beachten, dass sich möglicherweise auch Dritte (z. B. Besucher, Kunden, Patienten) im Gebäude aufhalten, für die ein Drehknauf an einer im Fluchtweg befindlichen Tür ein unüberwindbares Hindernis darstellt. Gerade in diesen Gebäuden (z. B. Krankenhaus, Kaufhaus, Messehalle) sehen wir den Einsatz eines Drehknauf sehr kritisch und es ist zwingend zu prüfen, ob sich weitergehende Vorgaben aus dem Baurecht ergeben.

Sollte, trotz aller aufgezeigten negativen Eigenschaften, ein Drehknauf zum Einsatz kommen, sollten die Beschäftigten im Rahmen ihrer jährlichen Unterweisung mit dem Umgang eines Drehknaufes geschult werden. Die Unterweisung ist im Anschluss zu dokumentieren und nach den vorgegebenen Fristen aufzubewahren.


Auf die DGUV Information 208-010 "Verschlüsse für Türen von Notausgängen" weisen wir hin.