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Ist es aus haftungsrechtlicher Sicht sinnvoll, an einer Treppe ein Schild mit der Aufschrift "Bitte Handlauf benutzen" anzubringen?

KomNet Dialog 11214

Stand: 25.04.2017

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verkehrswege

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Frage:

Ist es aus haftungsrechtlicher Sicht sinnvoll, an einer Treppe ein Schild mit der Aufschrift "Bitte Handlauf benutzen" anzubringen ? Es gibt Bedenken, dass sich die Mitarbeiter durch solche Hinweisschilder bevormundet fühlen.

Antwort:

Verkehrswege, einschließlich Treppen, fest angebrachte Steigleitern und Laderampen müssen gem. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) so angelegt und bemessen sein, dass sie je nach ihrem Bestimmungszweck leicht und sicher begangen oder befahren werden können und in der Nähe Beschäftigte nicht gefährdet werden.

Bei der Gestaltung der Verkehrswege / Treppen, die auch gleichzeitig Fluchtwege darstellen, ist die ASR A 2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungspläne" sowie die ASR A1.8 "Verkehrswege" heranzuziehen.

Die sichere Begehbarkeit der Treppe erfordert die Benutzung des Handlaufes. Aus ergonomischen Gründen muss die Oberkante der Absturzsicherung nicht identisch mit der Höhe des Handlaufes sein.
Treppen mit mehr als vier Stufen müssen mit einem griffsicheren Handlauf ausgerüstet sein, soweit dieser nicht bereits auf Grund des Bauordnungsrechts der Länder bei einer geringeren Stufenzahl gefordert wird; der Handlauf sollte, in Abwärtsrichtung gesehen, an der rechten Treppenseite angebracht sein.
Handläufe müssen einen sicheren Halt bieten. Sie müssen so geformt sein, dass sie ein sicheres Umgreifen ermöglichen. Handläufe müssen beim Begehen der Treppe von allen Stufen erreicht werden können.
Auf Treppen dürfen keine Gegenstände abgestellt oder gelagert werden.

Unter Beachtung der o. g. Sicherheitsanforderungen ist eine Treppe nach dem Stand der Technik ausgebildet und für die Nutzer sicher zu begehen.

Eine zusätzliche Kennzeichnung "Bitte Handlauf benutzen" kann den Nutzer dazu anhalten, den Handlauf zu benutzen oder ihn auch daran erinneren, bei dem Transport von Material (z. B. Akten) auf jeden Fall eine Hand auf den Handlauf zu legen; sie kann aber auch zur Abwehrhaltung führen, der Bitte eben nicht zu entsprechen.

Nach einem Merkblatt M44 der BGHW sind 2/3 aller Treppenunfälle verhaltensbedingt. Eile und Hektik begünstigen das Auftreten von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen, wenn beispielsweise Treppenstufen übersprungen werden. Es ist notwendig auf eine Verhaltensänderung der Treppenbenutzer hin zu wirken, denn nur durch Einsicht kann die Zahl der verhaltensbedingten Arbeitsunfälle reduziert werden.

Aus arbeitsschutzrechlicher Sicht ist deshalb die erforderliche Unterweisung der Beschäftigten bei der Nutzung der Treppe besonders hervorzuheben. Hier kann dem Nutzer durch gezielte Beispiele die Sinnhaftigkeit der Handlaufbenutzung vermittelt werden, so dass dies in der Praxis auch genutzt wird. Der Handlauf muss sowohl treppab- und treppaufwärts als auch beim Transport von Gegenständen, wenn möglich, mit einer Hand umfasst werden.

Haftungsrechtliche Fragen des Einzelfalls sind immer schwierig zu beantworten, da vielfach gleichartige Präzedenzfälle nicht vorliegen und Fragen der Haftungsverantwortung letztlich fast immer im Rahmen von Gerichtsververfahren abschließend geklärt werden. Bei der Haftungsfrage sind z. B. die Regelungen des Vierten Kapitels des SGB VII "Haftung von Unternehmern, Unternehmensangehörigen und anderen Personen" und auch zivil- und strafrechtliche Aspekte betroffen. Hierzu kann KomNet keine Auskunft geben.