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Welche Höchstgewichte dürfen von Frauen bzw. von Männern wie häufig gehoben werden?

KomNet Dialog 10980

Stand: 23.10.2019

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Ergonomie > Heben, Tragen, Schieben, Ziehen, Stehen

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Frage:

Welche Höchstgewichte dürfen von Frauen bzw. von Männern wie häufig gehoben werden?

Antwort:

In der Lastenhandhabungsverordnung werden zu Merkmalen, aus denen sich eine Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit ergeben können, Festlegungen getroffen und es werden vom Arbeitgeber Maßnahmen gefordert, um die manuelle Handhabung von Lasten zu vermeiden, die für die Beschäftigten eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit (insbesondere bzgl. der Lendenwirbelsäule) mit sich bringen.


Konkrete Grenzwerte sind in der Lastenhandhabungsverordnung allerdings nicht festgelegt. Dazu hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) eine Leitmerkmalmethode entwickelt, die mit der "Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen beim Heben und Tragen von Lasten" (LV 9) veröffentlicht worden ist.


Bei der Leitmerkmalmethode Heben, Tragen und Halten von Lasten werden

- Zeitanteil,

- Lastgewicht,

- Körperhaltung und

- Ausführungsbedingungen

gewichtet und anschließend bewertet.


Nur bei einem Punktwert von unter 10 geht man von einer geringen Belastung aus bzw. ist eine Gesundheitsgefährdung durch körperliche Überbeanspruchung unwahrscheinlich. Je nach Punktwert liegen erhöhte, wesentlich erhöhte oder hohe Belastungen vor, die Gestaltungsmaßnahmen sinnvoll, angezeigt oder erforderlich machen. Der Arbeitsplatz ist daher vom Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung unter Beteiligung der Fachkraft für Arbeitssicherheit, des Betriebsarztes und ggf. des Betriebsrates anhand der Leitmerkmalmethode zu beurteilen.


Zur Abschätzung der Gefährdung kann auch die sogenannte "Hettinger"-Tabelle von Prof. Hettinger von 1981 herangezogen werden.  Nach der Hettinger - Tabelle sollen folgende Richtwerte ohne Schutzmaßnahmen nicht überschritten werden (Quelle: Kompendium "Arbeitsschutzrecht" - 2007; Taeger / Rose; Verlag Hüthig Jehle Rehm GmbH) :


1. Grenzhublast in kg bei gelegentlichem Heben und Tragen

(weniger als zweimal je Stunde; bis zu 3-4 Schritten)

Lebensalter                                           Frauen                                          Männer

15-18 J.                                                   15 kg                                             35 kg

19-45 J.                                                   15 kg                                             55 kg

> 45 J.                                                    15 kg                                              45 kg

 

2. Grenzhublast in kg bei häufigem Heben und Tragen

Lebensalter                                         Frauen                                            Männer

15-18 J.                                                10 kg                                               20 kg

19-45 J.                                                10 kg                                               30 kg

> 45 J.                                                10 kg                                               25 kg



Werden die Richtwerte überschritten, ist von einem Handlungsbedarf auszugehen. Für eine methodische Beurteilung sollte aber die o.g. Leitmerkmalmethode entsprechend der Lastenhandhabungsverordnung angewandt werden. In der Leitmerkmalmethode werden auch andere Parameter wie Körperhaltung, Ausführungsbedingungen, Lastbedingungen und Zeitdauer (Häufigkeit, Dauer, Länge) im Gesamten betrachtet.


Als Entscheidungsgrundlage ist stets eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.


Aktueller Gesamthinweis:

Die BAuA hat im Oktober 2019 neue Leitmerkmalmethoden (LMM) für die sechs Belastungsarten manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten, manuelles Ziehen und Schieben von Lasten, manuelle Arbeitsprozesse, Ausübung von Ganzkörperkräften, Körperfortbewegung und Körperzwangshaltungen herausgegeben, die in deutscher und englischer Sprachversion mit Kurzanleitung den Betrieben zur Anwendung zur Verfügung stehen. Dazu wurde von der BAuA auch der entsprechende Forschungsbericht F 2333 herausgegeben (Band 1 zum MEGAPHYS-Gemeinschaftsprojekt).

Wie seit dem LMM-Entwicklungsbeginn im Jahr 1994 bisher systematisch vorgegangen wurde, werden auf der Basis des Forschungsberichts F 2333 wohl zukünftig auch wieder weitere Einzelformate zur LMM-Methodenfamilie von der BAuA den Betrieben zur Verfügung gestellt. Die entsprechenden LASI-Veröffentlichungen zu den Leitmerkmalmethoden sind bisher noch nicht an den neuen Stand der Leitmerkmalmethoden angepasst worden, was wohl - wie bisher auch üblich - zukünftig systematisch noch geschehen wird.