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Fallen Schmierstoffe unter die REACH-Verordnung?
KomNet Dialog 7394
Stand: 14.09.2009
Kategorie: Sichere Chemikalien > Registrierung > Artikel, Produkte, Erzeugnisse
Frage:
Wir sind ein Tochterunternehmen eines japanischen Werkzeugmaschinenherstellers. Unsere Maschinen werden teils in Japan sowie in England gefertigt. Bestandteil einer jeden Werkzeugmaschine sind Schmierstoffe in flüssiger oder festen Konsistenz (Fette Shell Avania Graese RL2). Dabei wird z.B. für die Kühlung der Spindeleinheit Mobil Velocite Oil Nr.3 eingesetzt. Weitere Schmierstoffe sind Mobil Vactra Oil Nr.2 u. Shell Tonna Oil S68. Fallen diese Stoffe ebenfalls unter die REACH-Verordnung?
Antwort:
Jeder Hersteller oder Importeur von Stoffen als solche oder von Stoffen in Zubereitungen ist nach REACH Artikel 6 Absatz 1 verpflichtet, diese Stoffe zu registrieren, wenn mindestens je eine Tonne/Jahr pro Hersteller oder Importeur erreicht wird. Keiner Registrierungspflicht dagegen unterliegen Hersteller oder Importeure von Erzeugnissen. Nach Artikel 3 Absatz 3 sind Erzeugnisse dadurch charakterisiert, dass deren Funktion mehr durch die Form, die Oberfläche und die Gestalt bestimmt wird als durch deren stoffliche Eigenschaften. Die in der Frage genannten Werkzeugmaschinen sind typische Beispiele für Produkte, die selbst keiner Registrierungspflicht nach REACH unterliegen. In zwei Fällen sind jedoch auch bei Erzeugnissen REACH Verpflichtungen zu erfüllen.
Nach Artikel 7 Absatz 1 muss jeder Hersteller oder Importeur von Erzeugnissen, die Stoffe enthalten, die freigesetzt werden sollen, um eine Funktion des Erzeugnisses zu erfüllen, diese Stoffe registrieren, wenn mindestens je eine Tonne/Jahr pro Hersteller oder Importeur vorliegen. Weiterhin muss nach Artikel 7 Absatz 2 muss jeder Hersteller oder Importeur von Erzeugnissen, die Stoffe enthalten, welche die Kriterien – Stoffe mit CMR, PBT und vPvB-Eigenschaften - nach Artikel 57 erfüllen, nach Artikel 59 ermittelt und nach Artikel 58 in die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe (SVHC) nach Anhang XIV aufgenommen sind, die Identität dieser Stoffe der Europäischen Chemikalien Agentur (EChA) mitteilen, wenn mehr als je 1 Tonne/Jahr und mehr als je 0,1 Massen% enthalten ist. Im letzteren Fall besteht auch die Verpflichtung nach Artikel 33 Absatz 1, die Abnehmer der Erzeugnisse über die Anwesenheit dieser zulassungspflichtigen Stoffe (SVHC) in den Erzeugnissen zu informieren. Diese Informationen sind nach Artikel 33 Absatz 2 auch den privaten Endverbraucher auf Verlangen innerhalb von 45 Tagen zur Verfügung zu stellen. Eine erste Liste von SVHC Kandidatenstoffen (pdf-Datei - 121 kB) wurde von der EChA veröffentlicht.
Bei den genannten Werkzeugmaschinen sind die darin enthaltenen Schmierstoffe die zur Funktion der Produkte notwendigen Bestandteile, von flüssiger bis halbfester Konsistenz und meist sehr komplex zusammengesetzte Zubereitungen. Schmierstoffe können aus mineralischen, synthetischen oder biologischen Grundölen, Konsistenzgebern und Stabilisatoren sowie weiteren Additiven bestehen. Nach REACH sind nicht die Zubereitungen, sondern die einzelnen stofflichen Bestandteile zu registrieren. Diese Registrierungsverpflichtung ist durch die Hersteller oder Importeure der einzelnen stofflichen Bestandteile, nicht jedoch durch den Hersteller oder Importeur der Werkzeugmaschinen zu erfüllen. Eine Registrierungsverpflichtung nach Artikel 7 Absatz 1 entsteht ebenfalls nicht, weil die Schmierstoffe funktionsgemäß nicht freigesetzt werden sollen.
Allerdings sind die in den Werkzeugmaschinen enthaltenen Schmierstoffe sorgfältig darauf zu prüfen, ob Bestandteile mit sehr bedenklichen Eigenschaften (SVHC) – Stoffe mit CMR, PBT und vPvB-Eigenschaften nach Artikel 57, vorliegen. Falls derartige Stoffe vorhanden sind, können nach Aufnahme dieser Stoffe in die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe nach Anhang XIV Verpflichtungen zur Meldung dieser Stoffe nach Artikel 7 Absatz 2 an die EChA und zur Information der Abnehmer und private Endverbraucher nach Art. 33 ausgelöst werden.
Krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorien 1 und 2 (CMR-Stoffe), die in Anhang XVII aufgeführt sind, unterliegen nach Artikel 67 dem Verbot des Inverkehrbringens in Produkten, die für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind. Die Prüfung der Sicherheitsdatenblätter der Schmierstoffe, die in der Frage genannt wurden, lieferte keine Hinweise auf Vorkommen von CMR Stoffen. Allerdings müssen die als Grundöle verwendeten Mineralölfraktionen, wie z.B. die in Shell Tonna Oil S68 enthaltenen Erdölfraktionen „Destillate (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte schwere paraffinhaltige“ / CAS-Nr. 64742-54-7 / EG-Nr. 85-95 und „Rückstandsöle (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte” / CAS-Nr. 64742-57-0 / EG-Nr. 265-160-8 nach Anmerkung L im Anhang I der EG Stoff-Richtlinie 67/548/EWG daraufhin geprüft sein, ob weniger als 3 % DMSO-Extrakt, gemessen nach dem Verfahren IP 346, enthalten ist. Da nur in diesem Fall auf eine Einstufung dieser Erdölfraktionen als „Krebserzeugend“ mit R45 verzichtet werden kann, ist im Zweifelsfall der Hersteller der Schmierstoffe nach diesem Freistellungskriterium zu befragen, um die von REACH auch den Herstellern von Erzeugnissen auferlegten Verpflichtungen erfüllen zu können.