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Inwieweit greift REACH bei verzinkten Eisen-, Stahl- und Blechartikeln?
KomNet Dialog 7164
Stand: 14.09.2009
Kategorie: Sichere Chemikalien > Registrierung > Registrierungspflichtige Stoffe
Frage:
Wir importieren diverse Eisen/Stahl/Blechartikel aus nicht-europäischen Ländern. Diese Waren sind galvanisch weiß verzinkt. Ist diese Verzinkung in nicht europäischen Ländern in irgendeiner Weise von REACH betroffen? Die Summe der Teile übersteigt 1t/Jahr, allerdings sind wir nicht sicher, ob die Summe der Teile oder die Summe der Verzinkung gerechnet werden muss. Und wie verhält es sich mit Chrom 6 Legierungen? Auch diverse Edelstähle können wir nicht zuordnen, Z.B. AISI 316. Wo kann man eine Auflistung, von der viele sprechen, bekommen, in dem diese Stoffe/Legierungen kategorisch auffindbar sind und diese Liste auch Auskunft über eine Vor/Registrierungspflicht gibt?
Antwort:
Artikel/Erzeugnisse sind Gegenstände, die bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhalten, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung ihre Funktion bestimmen (vgl. Art. 3 Nr. 3 ReachV). Nach Art. 7 Abs. 1 sind Stoffe in Erzeugnissen nur dann zu registrieren, wenn
a) der Stoff in diesen Erzeugnissen in einer Menge von insgesamt mehr als 1 Tonne pro Jahr und Produzent hergestellt bzw. importiert wird und b) der Stoff unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen freigesetzt werden soll.
Es ist davon auszugehen, dass insbesondere die zweite Randbedingung bei verzinkten Eisen- oder Stahlerzeugnissen nicht zutrifft. Damit bestehen für solche Artikel/Erzeugnisse bzw. den darin enthaltenen Stoffen keine Registrierungspflichten unter Reach.
Unbeschadet davon bleibt aber die Verpflichtung nach Art. 7 Abs. 2 bestehen, die Agentur über besonders gefährliche Inhaltsstoffe in Erzeugnissen zu unterrichten, wenn diese Inhaltsstoffe mit mehr als 1 Tonne pro Jahr und Produzent oder Importeur in den Erzeugnissen enthalten sind und die Konzentration mehr als 0,1% in dem Erzeugnis beträgt. Daher ist auch bei den aus nicht-europäischen importierten Eisen-, Stahl- und Blechartikeln die chemische Zusammensetzung der einzelnen Artikel zu prüfen und sind alle Bestandteile mit einem Massenanteil von mehr als 0,1 % festzustellen. Anschließend sind die gefährlichen Stoffe im Sinne des Art. 57 mit einem Massenanteil von mehr als 0,1 % zu ermitteln und aus dem prozentualen Anteil dieser Stoffe in den verschiedenen Artikeln/Erzeugnissen die jährlich importierten Mengen der einzelnen gefährlichen Stoffe pro Artikel/Erzeugnis zu ermitteln. Weiter ist dann die Summe der Mengen der verschiedenen gefährlichen Stoffe über alle importierten Artikel/Erzeugnisse zu bilden. Überschreitet die Gesamtmenge eines aus den nicht-europäischen Ländern mit bzw. in den Artikeln/Erzeugnissen importierten gefährlichen Stoffs im Sinne des Art. 57 die Menge von 1 Tonne pro Jahr, sind zu diesem Stoff von dem Importeur der ECHA die in Art. 7 Abs. 4 genannten Informationen mitzuteilen.
Zwar mag auf dem ersten Blick die Rückausnahme in Art. 7 Abs. 3 die Mitteilung der in Artikel 7 Abs. 4 genannten Informationen an die ECHA von vornherein entbehrlich erscheinen lassen, die Rückausnahme gilt aber nur dann, wenn der Importeur eine Exposition von Mensch und/oder Umwelt gegenüber den gefährlichen Stoffen in den Artikeln/Erzeugnissen über den gesamten Lebenszyklus - einschließlich der Entsorgungsphase - definitiv ausschließen kann. Da Eisen-, Stahl- und Blechartikel (Metallteile) aber nicht nur in qualifizierten Fachbetrieben entsorgt werden, sondern häufiger als nur gelegentlich "einfach nur so" in der Umwelt verrotten, ist ein Eintrag der gefährlichen Stoffe in den Artikeln/Erzeugnissen in die Umwelt jedenfalls nach deren bestimmungsgemäßem Gebrauch und eine Exposition des Menschen im Regelfall "nicht sicher auszuschließen" und kann die Rückausnahme in Art. 7 Abs. 3 keine Anwendung finden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Hersteller alle importierten Eisen-, Stahl und Blechteile nach deren Gebrauch vollständig und lückenlos von den Abnehmern zurücknehmen und für eine sichere und fachgerechte Entsorgung sorgen würde. Dies ist unrealistisch.
Stähle sind Legierungen, die als solche nicht vor- bzw. registrierungsfähig sind. Vorzuregistrieren waren und zu registrieren sind die einzelnen Stoffe, d. h. die Metalle und die Hilfsstoffe, aus denen sich die Legierung zusammensetzt. Dementsprechend gibt es keine Auflistung von (vor-) registrierten Legierungen. Die ECHA hat aber die vorregistrierten Stoffe auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Darunter finden sich auch alle Metalle.
Es gibt keine Chrom-6-Legierungen. Die Angabe „Chrom 6“, richtig "Chrom-VI", beschreibt die so genannte Oxidationsstufe des Chroms in seinen Verbindungen, z. B. bei Chrom-VI in Salzen wie Chromate oder Dichromate. Metallisches Chrom, welches in Legierungen enthalten ist oder die "Verchromung" darstellt, hat die Oxidationsstufe 0 (Null). Die Verwendung von Chrom-VI-Verbindungen ist durch gesetzliche Vorschriften, z. B. die Chemikalienverbotsverordnung, stark eingeschränkt. Die Verwendungsbeschränkungen und -verbote sind auf die besonders gefährlichen Eigenschaften dieser Verbindungen zurückzuführen. Daher setzen auch große Firmen, wie z. B. die in der Automobilindustrie, solche Stoffe von sich aus auch noch zusätzlich auf ihre internen „Verbotslisten“.
Die Fragestellungen lassen vermuten, dass unter Umständen Stahl- und/oder Eisenwaren importiert wurden und werden, auf die die Erzeugnisdefinition nicht zutrifft. Dies gilt z. B. beim Import von Legierungen in Form von Blöcken oder Barren, die erst in Europa in die notwendige Form gebracht werden, um daraus die gewünschten Erzeugnisse, z. B. Teile für die Automobilindustrie, zu bilden. Die Stoffe in diesen Importen hätten bis zum 1. Dezember 2008 (24.00 Uhr) vom Importeur vorregistriert werden müssen, um sie seit dem 2. Dezember 2008 weiter legal importieren zu können. Es ist dringend zu empfehlen dies zu überprüfen und ggf. fachanwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und/oder mit den zuständigen Behörden den Fall zu diskutieren. Für den Fall des illegalen Imports drohen ggf. Bußgelder bis zu 50.000 Euro (vgl. § 26 Abs. 2 ChemG).