KomNet-Wissensdatenbank
Müssen die bei einer Viskositätsmessung verwendeten Uhren exgeschützt sein nach ATEX?
KomNet Dialog 6642
Stand: 15.12.2010
Kategorie: Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Explosionsschutz, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen > Sicherheitstechnische Anforderungen, Sicherheitseinrichtungen
Frage:
Bei uns gibt es einen Lackierbereich mit angeschlossenem Lacklager und Bereitstellung der Lacke. Diese sind lösemittelhaltig und werden zur Viskositätsprüfung einer Auslaufprobe unterzogen. Bei dieser Probe läuft eine definierte Menge fertig gemischten Lacks durch einen Prüfbecher. Dabei wird die Zeit gemessen und daraus die Viskosität errechnet. Danach wird eventuell der Lack frisch gemischt und ggf. verdünnt oder verdickt. Hierzu ein Frage: sind die verwendeten Uhren ex-geschützt nach ATEX? Müssen diese nach ATEX sein? Momentan haben wir handgestoppte mechanische Uhren, für die der Lieferant nur einen eingeschränkten Ex-Schutz ausgibt. Die Frage kam auf im Zusammenhang mit Neubeschaffung, wobei wir bislang noch keinen Lieferanten finden konnten, welcher die Forderung nach ATEX garantiert. Im Umkehrschluss müssen dann alle Uhren, egal ob Quarz oder mechanisch, in den ex-gefährdeten Lackbereichen verboten werden?
Antwort:
Bei der Beurteilung der Explosionsgefahr muss zuerst ermittelt werden, ob eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre möglich ist [§ 6 Absatz 4 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und § 3 der Betriebssicherheitsverodnung (BetrSichV)]. Eine explosionsfähige Atmosphäre wird dann gefährlich, wenn die verwendete Menge so groß ist, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer oder Anderer erforderlich werden (= gefahrdrohende Menge). Ein Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphäre nicht in einer solchen Menge (gefahrdrohend) zu erwarten ist, dass besondere Schutzmaßnahmen erforderlich werden, gilt nicht als explosionsgefährdeter Bereich im Sinne des § 2 Absatz 10 der BetrSichV.
Wenn die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären nicht sicher verhindert werden kann, muss der Arbeitgeber bestehende Explosionsgefahren bewerten und Schutzmaßnahmen festlegen (Zoneneinteilung explosionsgefährdeter Bereiche gemäß Anhang 3 der BetrSichV, Maßnahmen gemäß Anhang 4 der BetrSichV). Siehe hierzu auch den Anhang I Nr. 1 der GefStoffV.
Beim offenen Umgang mit lösemittelhaltigen Lacken kann die Menge an explosionsfähiger Atmosphäre im Normalfall immer gefahrdrohend werden. Da 50 g (oder 60 cm³) Lösemittel ausreichen, um in 1 m³ Raumluft eine explosionsfähige Atmosphäre zu erzeugen, wird man um jeden Messplatz, abhängig von der Lüftung, eine Zone ausweisen müssen.
Die DGUV Information 209-014 „Lackieren und Beschichten“ konkretisiert dies in Kapitel 3: "Die sicherheitstechnischen Anforderungen können je nach Aufstellungsort (z. B. gesonderter Farbmischraum, andere Arbeitsräume, Lacklager) recht unterschiedlich sein. Für den Brandschutz gelten die Forderungen des Kapitels 2.29 „Verarbeiten von Beschichtungsstoffen“ der BG-Regel "Betreiben von Arbeitsmitteln (BGR 500). Danach ist der Bereich von fünf Metern um die Verarbeitungsstelle ein „feuergefährdeter Bereich“ und entsprechend zu kennzeichnen. Für die Explosionsschutzmaßnahmen und die Ausdehnung der explosionsgefährdeten Bereiche ist auch hier der Flammpunkt des verwendeten Lackes maßgebend. Für gesonderte Räume zum Mischen, Abfüllen, Pumpen, Bereitstellen und Verdünnen von lösemittelhaltigen Beschichtungsstoffen mit einem Flammpunkt, der ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt, ist mit einer Explosionsgefährdung nicht zu rechnen. (Für Lösemittel eine Temperaturdifferenz von mindestens 5 K und bei Lösemittelgemischen mindestens 15 K).
Für Bereiche, in denen der Flammpunkt der Beschichtungsstoffe, Lösemittel o.ä, nicht ausreichend über der Verarbeitungstemperatur liegt, gilt:
- Bei natürlicher Lüftung: 1 m um die Verarbeitungsstelle Zone 1, weitere 2 m Zone 2
- Bei technischer Lüftung: 1 m um die Verarbeitungsstelle Zone 1, weitere 1 m Zone 2
- Bei Absaugung an der Verarbeitungsstelle: 0,5 m um die Verarbeitungsstelle Zone 2"
Konkrete Vorgaben für Lackierkabinen erhalten Sie u.a. durch die BGR 231 "Schutzmaßnahmenkonzept für Spritzlackierarbeiten - Lackaerosole" und die BGI 740 "Lackierräume und -einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe". Vergleiche auch die aktuellen TRGS 720 bis 722 zum Explosionsschutz.
Grundsätzlich kann jedes Gerät, welches eine eigene Stromquelle besitzt, in einem explosionsgefährdeten Bereich eine Gefahrenquelle darstellen. In einer Untersuchung der BG Chemie zur Zündeignung von elektrischen Geräten (Armbanduhr, Hörgerät, Taschenrechner) ist ein Ergebnis, dass elektrisch digitale und analog anzeigende Armbanduhren ohne zusätzliche Sonderfunktion, wie z. B. Rechner, in explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 1 und 2 gefahrlos verwendet werden dürfen. Dies dürfte für Stoppuhren ähnlich zu sehen sein.
Im Zweifelsfall sollte die Arbeit so durchgeführt werden, dass die Stoppuhr nach Möglichkeit außerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches bedient wird.