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Welche Pflichten haben wir nach der REACH-Verordnung bei der Herstellung diverser Korrosionsschutz-Produkte?
KomNet Dialog 5340
Stand: 25.09.2009
Kategorie: Sichere Chemikalien > Registrierung > Registranten / Registrierer
Frage:
Wir kaufen Rohpapiere, Polyethylen, Stoffe und Zubereitungen für folgende Produkte: 1) Beschichtungslösungen, die wir nur intern für die Beschichtung von Papieren benutzen 2) Korrosionsschutzmittel(z. B. Öle), die wir weiter verkaufen 3) VCI-Korrosionsschutzpapiere (Papiere mit flüchtigen Korrosionsschutzwirkstoffen), die wir weiter verkaufen 4) VCI-Batch (Polyethylen gemischt mit VCI-Inhibitor).Das Batch wird verkauft an Extrudeure, die für uns VCI-Folie blasen und wir verkaufen die VCI-Folie weiter. Sind die 2, 3 und 4 Zubereitungen oder Erzeugnisse? Welche Pflichten haben wir nach der REACH-Verordnung?
Antwort:
Die Frage ist sehr generell gestellt. Eine umfassende Antwort würde den Rahmen der Beratung, den REACH-Net bieten kann, deutlich überschreiten. Verstehen Sie also bitte diese Antwort nicht als vollständig, sondern als Orientierung. Es gibt zu allen Unterpunkten kleine „wenn und aber“, Ausnahmen etc., die aber zunächst für das Verständnis nicht von Bedeutung sind, sondern eher vom Wesentlichen ablenken. Die rechtlichen Vorgaben unserer Antwort finden Sie in der REACH-Verordnung in den Artikeln 7 (Erzeugnisse), 31 - 36 (Kommunikation in der Wertschöpfungskette) und 37 – 39.
Das Korrosionsschutzmittel sowie der VCI-Batch sind eindeutig Zubereitungen, daher sind Sie hier in der Rolle des Formulierers (DU) unter REACH.
1) Beschichtungslösung: für die Chemikalien, die Sie zur Herstellung der Beschichtungslösung verwenden, werden Sie unter REACH neue Sicherheitsdatenblätter (SDB) erhalten. Für die gefährlichen Inhaltsstoffe kann es sein, dass Sie zusätzlich mit dem SDB Expositionsszenarien (ES) erhalten, in denen verbindlich vorgeschrieben ist, unter welchen Anwendungsbedingungen diese Stoffe zu verwenden sind. Sie haben unter REACH die Verpflichtung zu überprüfen, ob Sie die Vorgaben im Sicherheitsdatenblatt (insbesondere Kapitel 8 sowie ggf. in Kapitel 15 enthaltene rechtliche Vorschriften, wie z.B. Verwendungsbeschränkungen oder Zulassungen (erst ab ca. 2010)) in Ihrem Betrieb umsetzen. Sie müssen weiterhin überprüfen, ob Sie die Vorgaben im ES erfüllen. Diese beziehen sich darauf, in welchen Mengen, mit welcher Dauer und Häufigkeit, in welchen Prozessen und mit welchen Maßnahmen zum Risikomanagement (Emissions- und Expositionsminderung) Sie die Stoffe einsetzen. Sollten Sie die Vorgaben nicht erfüllen, können Sie
a. ihre Prozesse entsprechend umstellen,
b. den jeweiligen Lieferanten mitteilen, dass Ihre Anwendungsbedingungen sich von denen unterscheiden, die Ihnen kommuniziert werden, und ihn bitten, Ihre Verwendung zu bewerten und ein neues ES zu schicken
c. den Einsatzstoff wechseln
d. selber eine Bewertung Ihrer eigenen Anwendung durchführen, diese dokumentieren und entsprechende Maßnahmen zur sicheren Handhabung umsetzen.
2) Für die Korrosionsschutzmittel und den VCI-Batch haben Sie die gleichen Pflichten wie unter 1) erläutert. Zusätzlich müssen Sie, wenn Ihre Produkte als gefährlich eingestuft sind, ein Sicherheitsdatenblatt erstellen und weitergeben (wie auch schon heute). Wenn Sie für die Stoffe, die Sie in den Korrosionsschutzmitteln einsetzen, von Ihren Lieferanten mit einem Expositionsszenario beliefert werden, müssen Sie
a. Überprüfen, ob diese Stoffe oberhalb der Berücksichtigungsgrenzen nach Zubereitungsrichtlinie enthalten sind. Wenn nein, läuft alles wie bisher. Wenn ja, dann
b. Haben Sie die Pflicht, das/die entsprechenden Expositionsszenarien an Ihre Kunden weiterzuleiten. Wenn es sich um mehrere Stoffe mit eigenen Expositionsszenarien handelt, empfiehlt es sich, die Szenarien zu konsolidieren. Hierfür wird derzeit in der EU ein Leitfaden entwickelt (RIP 3.2-2)
Für beide Fälle haben Sie zusätzlich die Pflicht, Ihre Lieferanten zu informieren, wenn Sie Informationen über Stoffeigenschaften haben, die von denen im Sicherheitsdatenblatt abweichen oder wenn Sie Informationen haben, die die Vorgaben im Sicherheitsdatenblatt oder im ES in Frage stellen (sprich: die Vorgaben zum Risikomanagement sind zu strikt oder gewährleisten keine sichere Handhabung).
3) Korrosionsschutzpapier: Papier ist grundsätzlich als Erzeugnis anzusehen (siehe Definition in Artikel 3: Gegenstand, der während der Produktion eine spezifische Form (...), die seine Funktion bestimmt). Unter REACH gelten für Stoffe in Erzeugnissen spezifische Anforderungen:
a. Wenn die Freisetzung des Korrosionsschutzmittels beabsichtigt ist (wovon hier auszugehen ist), so haben Sie die Pflicht, die Stoffe, die beabsichtigt freigesetzt werden, zu REGISTRIEREN, wenn insgesamt mehr als 1 t/a des Stoffes in der freizusetzenden Beschichtung enthalten ist (Artikel 7(1)) und der Stoff noch nicht vom Hersteller oder Importeur registriert worden ist. Achtung, wenn Sie registrierungspflichtig sind, müssen Sie unbedingt die Vorregistrierung einhalten!!!).
b. In jedem Fall (egal ob Freisetzung beabsichtigt oder nicht) müssen Sie überprüfen, ob die Korrosionsschutzmittel Stoffe enthalten, die auf der Kandidatenliste für die Zulassung stehen (Artikel 59). Wenn dies der Fall ist, ist weiterhin zu überprüfen, ob
i. Diese(r) Stoff(e) in Konzentrationen > 0,1% w/w im Produkt enthalten ist, Sie insgesamt über 1 t/a von diesem Stoff verwenden und ob er bisher noch nicht für die Verwendung registriert wurde. Wenn alle drei Punkte zutreffen, so müssen Sie eine Meldung an die Agentur machen, dass Sie diese(n) Stoff(e) in dieser Anwendung verwenden.
ii. Unabhängig von i), müssen Sie, wenn der Stoff in Konzentrationen > 0,1 % w/w im Erzeugnis enthalten ist, Ihre Kunden darüber informieren, um welchen Stoff es sich handelt (Name, Registrierungsnummer) und ggf. Hinweise zum sicheren Umgang mit dem Papier geben.
Nachgeschaltete Anwender haben unabhängig von der produzierten Menge eine Informationspflicht gegenüber den nachgeschalteten Akteuren der Lieferkette. Dies ist im wesentlichen das Liefern eines Sicherheitsdatenblattes (geregelt in Artikel 31 der REACH-Verordnung), oder, wenn das nicht erforderlich ist, das Liefern von Informationen entsprechend des Artikels 32.
Weitere Informationen zu nachgeschalteten Anwendern finden Sie in Titel V der REACH-Verordnung. Daraus geht hervor, dass Sie mit dem Hersteller zusammenarbeiten können und ihm Ihre Verwendungen mitteilen, damit er entsprechende Expositionsszenarien erstellen kann. Dies ist die eine wichtige Aufgabe, die mengenunabhängig ist.
Die zweite wichtige Aufgabe ist die Erstellung eines Stoffsicherheitsberichtes für die Verwendung der Stoffe und Zubereitungen, die nicht vom Hersteller abgedeckt sind. Diese Pflicht ist an bestimmte Bedingungen, u.a. die Menge, gebunden und ihr muss nur dann nachgekommen werden, wenn mehr als 1 Tonne pro Jahr/nachgeschalteter Anwender (Dreijahresdurchschnitt, vgl.: Artikel 3 (30) der REACH-Verordnung) verwendet wird. Weitere Kriterien, wann die Erstellung nicht erforderlich ist, sind in Artikel 37 Abs. 4 geregelt.