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Wer beurteilt die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, wenn ein Arbeitnehmer länger als 6 Wochen erkrankt ist?

KomNet Dialog 5172

Stand: 04.01.2017

Kategorie: Gesundheitsschutz > Berufskrankheit, Berufsunfähigkeit > Allgemeine Fragen / Verfahrensfragen

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Frage:

Wer beurteilt die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, wenn ein Arbeitnehmer länger als 6 Wochen erkrankt ist? Kann das nur der Betriebsarzt oder ist jemand anderes auch dazu berechtigt?

Antwort:

Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist ausdrücklich nicht Aufgabe des Betriebsarztes. Im § 3 Abs.3 Arbeitssicherheitsgesetz ist sogar geregelt, dass es nicht zu den Aufgaben des Betriebsarztes gehört, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt auf dem dafür vorgesehenen Vordruck durch den Vertragsarzt (früher Kassenarzt genannt). Nach § 275 Sozialgesetzbuch V kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Krankenkasse eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt.

Nach § 84 (2) SGB IX "klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung ... mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen."

Adressat der Norm ist also der Arbeitgeber, der den Betriebsarzt einschalten kann.

Weiter heißt es dann im § 84 (2) SGB IX: "Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen ... hinzugezogen."

Der folgende Link führt zu Erläuterungen zu den Servicestellen: https://www.reha-servicestellen.de

Daraus ergibt sich zunächst eindeutig, dass bei primärer Zuständigkeit des Arbeitgebers der Betriebsarzt nur soweit erforderlich hinzugezogen wird; bei letzterem liegt also nicht die Gesamtverantwortung. Auf die gemeinsamen Servicestellen mit ihren vielfältigen Angeboten wird im Gesetz hingewiesen. Insbesondere, sofern der innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte Leistungen eines Sozialversicherungsträgers bezieht, kommt auch die Einschaltung des jeweiligen Ärztlichen Dienstes durch den jeweiligen Träger in Betracht (z. B. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung).