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Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich nach einem Vorstellungsgespräch eine Absage aufgrund meiner Behinderung erhalte?
KomNet Dialog 3822
Stand: 07.02.2006
Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Leistungsgewandelte Arbeitnehmer/innen, (Schwer-) Behinderung
Frage:
Seit fast 16 Jahren bin ich Mitglied bei einer Freiwilligen Feuerwehr, weiterhin bin ich seit ca. einem Jahr auch noch ehrenamtlich beim Rettungsdienst tätig. Mein Alter ist 23 Jahre. Leider habe ich eine kleine angeborene Behinderung, die sich durch ein fehlen des ersten bis vierten Fingers der linken Hand äußert, der Daumen ist vollständig vorhanden, eine G26/3Untersuchung sowie eine G25 konnten erfolgreich absolviert werden. Ich habe zahlreiche Aus- und Fortbildungen besucht, habe Sonderlehrgänge und in mehreren Hundert Einsätzen Erfahrung sammeln können. Vor kurzem habe ich mich bei einer Feuerwehr in meiner Wohnortnähe beworben, wo ich mit 6 anderen Mitstreitern auch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, dieses meisterte ich laut `Hörensagen` auch ganz gut. Vor einigen Tagen bekam ich telefonisch die Absage. Grund solle meine Behinderung sein. Die entsprechende Stadt habe sich wohl mit den zuständigen Amts-, und den Kreisärzten unterhalten, diese sagten jedoch, eine Tätigkeit bei der Feuerwehr wäre mit der Behinderung nicht zu vereinbaren. Dazu habe ich einige Fragen: Ist dieses nicht eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte Behinderter? Ist es möglich, dass zwischen freiwilligem und hauptamtlichem Personal der Feuerwehr unterschieden werden darf, obwohl wir dasselbe Tätigkeitsfeld haben? Können diese Ärzte das überhaupt beurteilen, ohne mich gesehen zu haben? Kann ich in irgendeiner Form gegen diesen Beschluss der Ärzte vorgehen? Sollte es nicht eigentlich so sein, dass Behinderte im öffentliche Dienst bevorzugt eingestellt werden?
Antwort:
Zu den Fragen im einzelnen:
Ist dieses nicht eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte Behinderter?
Ob die Beurteilung der Ärzte eine solche Verletzung darstellt, hängt vom Einzelfall ab. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 2. Satz SGB IX, der eine Teilkonkretisierung des Persönlichkeitsrechts Behinderter darstellt, ist eine unterschiedliche Behandlung wegen einer Behinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zulässig, wenn „eine bestimmte körperliche Funktion .....wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit ist“.
Ob dies bei Ihnen zutrifft, haben Ärzte zu entscheiden. Ob deren Entscheidung richtig ist, können wir von hier aus nicht abschließend beurteilen. Da Sie erfolgreich seit Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr tätig sind, sollte die Entscheidung hinterfragt werden.
Ist es möglich, dass zwischen freiwilligem und hauptamtlichem Personal der Feuerwehr unterschieden werden darf, obwohl wir dasselbe Tätigkeitsfeld haben?
Schon rein rechtlich ist das möglich, weil bei hauptamtlichen Mitarbeitern generell ein engeres Rechtsverhältnis mit ausgeprägteren gegenseitigen Rechten und Pflichten – in der Regel z.B. auch höherem Arbeitspensum – begründet werden.
Auch tatsächlich können (!) sich durch unterschiedliche Arbeitsbedingungen im Vergleich zwischen ehren- und hauptamtlicher Tätigkeit auch so erhebliche Veränderungen im Anforderungsprofil der Tätigkeit ergeben, dass eine Überforderung im Hauptamt möglich (!) ist, auch wenn dies im Ehrenamt nicht der Fall ist.
Können diese Ärzte das überhaupt beurteilen ohne mich gesehen zu haben?
Grundsätzlich ist eine gutachterliche Beurteilung auch nach Aktenlage zulässig, allerdings nicht wenn Anhaltspunkte vorliegen, die dafür sprechen, dass der zu begutachtende „Fall“ atypisch ist. Auch hier können wir keine endgültige Antwort geben, meinen aber, dass Ihre erfolgreiche Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr ein solcher Anhaltspunkt sein kann.
Kann ich in irgendeiner Form gegen diesen Beschluss der Ärzte vorgehen?
Gegen die gutachterliche Entscheidung (Es wird seitens der Ärzte „Beschluss“ gefasst) selbst vorzugehen ist schwierig. Gegen die ablehnende Entscheidung der Gemeinde, die Trägerin der Berufsfeuerwehr, bei der Sie sich beworben haben, ist, können sie allerdings vorgehen. Je nachdem, ob es dort um eine Beamten-, oder eine Angestelltenstelle handelte haben sie verschiedene Möglichkeiten, die auszuführen den hiesigen Rahmen sprengt. Auch die Erfolgsaussichten können wir natürlich nicht beurteilen.
Gemeinsam ist den Möglichkeiten, dass Sie eine Verletzung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 geltend machen und Schadensersatz nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 3 verlangen können. Wenn Sie Tatsachen glaubhaft machen, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, muss die Gemeinde beweisen, dass eine solche Benachteiligung nicht gegeben war. Ihre erfolgreiche Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr ist ein Ansatz, vgl. aber obige Ausführungen zu den Unterschieden zwischen Ehren- und Hauptamt. Sie müssen evtl. auch Informationen über Ihre Mitbewerber vorlegen, die Ihre zumindest gleichwertige fachliche Qualifikation erkennen lassen. Wenn das Gericht dies zur Voraussetzung macht, wird die Gemeinde ihnen die Informationen zur Verfügung stellen müssen.
Sollte es nicht eigentlich so sein, dass Behinderte im öffentliche Dienst bevorzugt eingestellt werden?
In der Regel ist das so, aber nur bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung. Auch hier ist wieder die Qualifikation Ihrer Mitbewerber entscheidend.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich nach einem Vorstellungsgespräch eine Absage aufgrund meiner Behinderung erhalte? Vgl. oben
Da die Fragestellung zum Teil Randbereiche des Arbeitsschutzes betrifft, empfehlen wir, insbesondere wenn Sie weitere Schritte erwägen, fundierte anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein Forum kann diese Beratung nicht ersetzen.
Stand: Januar 2006