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Ist aus hygienischer Sicht eine über die tägliche Reinigung der Toilettenanlage in einer Arbeitsstätte hinausgehende Desinfektion der Toilettensitze empfehlenswert?

KomNet Dialog 14876

Stand: 05.04.2017

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Toiletten

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Frage:

Ist aus hygienischer Sicht eine über die tägliche Reinigung der Toilettenanlage in einer Arbeitsstätte (keine Einrichtung des Gesundheitswesens) hinausgehende Desinfektion der Toilettensitze empfehlenswert?

Antwort:

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet den Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Arbeitsstätte (inkl. der Toilette) den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt wird. Verunreinigungen und Ablagerungen, die zu Gefährdungen führen können, sind unverzüglich zu beseitigen (§ 4 Abs. 2 ArbStättV).

Diese Verpflichtung wird im Normalfall durch eine sog. Nassreinigung mit üblichem Sanitärreiniger (Reinigungsmittel) nachgekommen. Eine zusätzliche Desinfektion ist dabei nicht üblich und auch nicht notwendig.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung - BfR bezieht in einem Merkblatt "Verbrauchertipps zu Lebensmittelhygiene,
Reinigung und Desinfektion" [pdf]
 u.a. zu der Frage Stellung:

"Bei der Reinigung von Küche und Bad soll üblicherweise die nutzungsbedingte Verschmutzung beseitigt werden (auf die Ausnahmen wird im Zusammenhang mit der Desinfektion eingegangen). Bei einer gründlichen Säuberung mit Reinigungsmitteln werden Schmutzpartikel (vor allem Fett und Eiweiß) gelöst und mehr als 90 % aller Oberflächenkeime entfernt. ...... Ein Zusatz von Desinfektionsmitteln ist bei der Reinigung von Küche und Bad nicht erforderlich. Sie können allenfalls die Reinigerlösung stabilisieren, auf das Reinigungsergebnis haben sie, bei der üblichen Anwendungskonzentration von etwa 1:1000, keinen positiven Einfluss. Stattdessen belasten sie unnötig das Abwasser."
Hinweis: "Reinigungsmittel sind waschaktive Substanzen, die Fettschmutz „unterkriechen“ und ihn so von der Oberfläche lösen. Sie umhüllen die Schmutzpartikel, die sich nicht wieder festsetzen oder zusammenballen können."
"Anders als die Reinigung dient die Desinfektion der Beseitigung von Krankheitserregern." ..... "Allerdings werden durch eine Desinfektion nicht nur diese krankmachenden, sondern auch gesundheitlich unbedenkliche Keime abgetötet."


"In privaten Haushalten sollten Desinfektionsmittel grundsätzlich nicht verwendet werden. ....... Aber es gibt auch Ausnahmefälle, in denen eine chemische Desinfektion sinnvoll sein kann. Dazu gehören Haushalte, in denen Dauerausscheider von Salmonellen leben oder Menschen mit anderen speziellen körperhygienischen Problemen, denen Desinfektionsmaßnahmen ärztlich verordnet wurden. Sowohl die behandelnden Ärzte als auch das zuständige Gesundheitsamt geben meist sehr präzise Anweisungen für die vernünftige und wirkungsvolle Anwendung der Desinfektionsmittel.
Anders als im Haushalt sieht es im medizinischen bzw. gewerblichen Bereich oder bei der industriellen Herstellung von Lebensmitteln aus. Dort werden, je nach Arbeitsplatz, spezifische Anweisungen zur Reinigung und Desinfektion gegeben. Manche Betriebe nutzen dafür die Dienste externer Firmen, die sich auf diese Verfahren spezialisiert haben."


Zu einer ähnlichen Einschätzung in Bezug auf Toilettendesinfektion kommt die DGUV Regel 107-002 (bisher: BGR 206) "Desinfektionsarbeiten im Gesundheitsdienst" im Kapitel 5.5:
"Eine routinemäßige Scheuer-/Wischdesinfektion ist in der Regel nicht notwendig bei:
– der Fußbodenreinigung,
– der Sanitärreinigung (z.B. Toilettensitze, Duschen, Waschbecken),
außer bei einer Benutzung durch einen Patienten mit einer Infektion oder bei sichtbarer Verunreinigung, ....".


D. h. im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist bei einer normal genutzten und gereinigten Toilettenanlage eine zusätzliche Desinfektion nicht notwendig. Bekannte Infektionskrankheiten bei den Nutzern oder Pandemiefälle können ggf. eine besondere Desinfektion erforderlich machen. Hierbei sind dann auch andere Orte zu betrachten, an denen sich viele Personen aufhalten (z. B. Eingangsbereich, Waschräume, Kantine). Weiter ist auch auf die Händedesinfektion zu achten.

Gemäß Anhang 2 - Hygienplan H6 des "Handbuch Betriebliche Pandemieplanung"* sind im Pandemiefall u. a. Toilettensitze, Deckel, Spülgriffe, Waschbecken und Umgebung (Spritzflächen), Armaturen, Außenflächen der Seifenspender und Abwurfeimer sowie die Türgriffe zweimal täglich zu desinfizieren. Eine Desinfektion der Klosettbecken, Abflussrinnen und Siphons ist nicht nötig. (* Herausgeber: Landesgesundheitsamt Baden Württemberg und Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe)

Hinweis:
Das Regelwerk der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft / Unfallkasse) wird unter http://publikationen.dguv.de/ angeboten.