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KomNet-Wissensdatenbank

Fragen zur Auswirkung der Erweiterung der Kandidatenliste

KomNet Dialog 11974

Stand: 17.09.2010

Kategorie: Sichere Chemikalien > Datenteilung > Nachgeschaltete Anwender

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Frage:

Guten Tag, ich habe eine Frage bezüglich Artikel 33 (1): Situation: Eine Firma kauft Erzeugnisse von Zulieferern ein und setzt diese zu neuen Erzeugnissen zusammen. Es werden keine Stoffe aus den Erzeugnissen bestimmungsgemäß freigesetzt. Beim Einkauf der Erzeugnisse wurde in 2009 auf die Informationspflicht hingewiesen und der Lieferant hat geantwortet, dass keine Stoffe der Kandidatenliste (von 28.101.2010) enthalten sind. Die Firma verarbeitet diese Erzeugnisse aber erst in 2011 weiter und verkauft diese dann Mitte 2011. In der Zwischenzeit sind 2 - 3 Erweiterungen der Kandidatenliste erfolgt. Frage: Darf die Firma das Endprodukt weiterverkaufen in Bezug auf die erste veröffentlichte Kandidatenliste? Welche Pflichten entstehen der Firma bei dem Weiterverkauf in 2011?Welche Übergangsfristen gibt es? Gibt es Bestrebungen innerhalb von Deutschland auf eine Nachfragepflicht zu verweisen?

Antwort:

Ein Verkauf der Erzeugnisse Mitte 2011 oder später aufgrund der ersten veröffentlichten Kandidatenlisten ist nicht statthaft. Jeder Hersteller von Erzeugnissen hat zu gewährleisten, dass seine Produkte (Erzeugnisse) den jeweils zum Zeitpunkt der Weitergabe an Dritte durch ihn geltenden rechtlichen Bestimmungen bzw. dem dann bekannten Wissen über notwendige Sicherheitsvorkehrungen entsprechen. Dies ist sowohl aus der REACH-Verordnung bzw. dem deutschen Chemikalienrecht geboten als auch aufgrund der zivilrechtlichen Produktverantwortung, da man sich (sehr wahrscheinlich) schadensersatzpflichtig macht, wenn man seinem Kunden Waren liefert, die dieser nicht bestimmungsgemäß und möglicherweise nicht ohne Gefährdung von Leib und Leben verwenden kann, weil die Waren nicht den rechtlichen Regularien entsprechen und ggf. überhaupt nicht verkehrsfähig sind, bzw. die gegebenen Sicherheitshinweise nicht ausreichend sind.

Dementsprechend ist zum Zeitpunkt des beabsichtigten Verkaufs der Erzeugnisse in 2011 die dann aktuelle Kandidatenliste zur Anwendung zu bringen und erneut festzustellen, dass keine gefährlichen Stoffe in relevanten Konzentrationen in den Erzeugnissen enthalten sind bzw. keine Stoffe enthalten sind, für die in der Zwischenzeit bereits Verbote oder Beschränkungen in Kraft getreten sind (vgl. z. B. die Regelung in Artikel 56 Abs. 1 zum relevanten Zeitpunkt: Es wird nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung abgestellt, sondern auf den Zeitpunkt der Abgabe an Dritte bzw. den Zeitpunkt der eigenen Verwendung). Die Vorlieferanten müssen, soweit die stofflichen Zusammensetzungen der Vor-Erzeugnisse nicht gänzlich bekannt sind, noch einmal befragt werden, ob in den Vorprodukten Stoffe enthalten sind, die zum Zeitpunkt 2011 bzw. dem jeweiligen Zeitpunkt einer späteren Abgabe an Dritte relevant, d. h. in der jeweils dann aktuellen Kandidatenliste aufgeführt sind. REACH ist kein statischer, sondern ein dynamischer Prozess, der ständige Aktivität erfordert, siehe auch die Verpflichtungen aus z. B. Artikel 34 oder Artikel 31 Abs. 9: Auch früheren Abnehmern sind aktualisierte Sicherheitsdatenblätter noch im Nachhinein zur Verfügung zu stellen, auch wenn die Geschäftsbeziehung möglicherweise längst beendet ist, weil es sich z. B. um eine einmalige Bestellung und Lieferung gehandelt hat.

Im Übrigen gilt ein Verwendungsverbot oder eine Verwendungsbeschränkung für einen Stoff ab einem bestimmten Zeitpunkt und es kommt nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Stoff hergestellt wurde. Man kann entsprechende Beschränkungen oder Verbote nicht einfach dadurch unterlaufen, indem man vor dem Inkrafttreten der Beschränkung oder des Verbots noch einmal sämtliche Läger auffüllt (vgl. z. B. noch einmal Artikel 56 Abs. 1)

Da es sich um eine permanente Verpflichtung der Hersteller und Importeure von Stoffen und Zubereitungen aber auch der Hersteller und Importeure von Erzeugnissen handelt, die Sicherheit ihrer Produkte anhand des aktuellen zur Verfügung stehenden Wissens zu gewährleisten (vgl. auch Artikel 1 Abs. 3), bestehen keine Übergangsfristen, die es ermöglichen würden, sich auf einen früheren Stand des Wissens („Damals, als wir den Stoff hergestellt haben, war er noch nicht verboten, deshalb dürfen wir ihn auch jetzt, nach Inkrafttreten des Herstellungs- und/oder Verwendungsverbots, noch verkaufen.“ oder „Damals, als wir das (Vor-)Erzeugnis in die EU eingeführt haben, stand der darin in einer relevanten Konzentration enthaltene gefährliche Stoff XY noch nicht auf einer Kandidatenliste, deshalb können wir das in der Zwischenzeit als gefährlich erkannte Erzeugnis auch jetzt noch bedenkenlos und ohne jeden Hinweis weiter verkaufen.“) zurück zu ziehen. Von daher bestehen auch keine Bestrebungen auf eine Nachfragepflicht gegenüber Lieferanten von Vor-Erzeugnissen gesondert hinzuweisen.